Das Store-Konzept von Cyberport ist noch lange nicht ausgereizt.

von Matthias Hell am 12.Februar 2014 in Trends & Analysen

Mit einem Netz von 12 stationären Geschäften verfügt Cyberport unter den deutschen Online-Händlern über die wohl stärkste lokale Präsenz. Doch wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, drücken die Stores zunehmend auf die Profitabilität des Elektronikversenders und der Unternehmenseigner Burda Digital scheint von einer weiteren Expansion Abstand zu nehmen. Doch könnte gerade die Krise für Cyberport eine gute Chance darstellen, um das Store-Konzept weiterzuentwickeln.

Die Cyberport-Stores sind edel aufgemacht, bieten aber wenig Neues

Die Cyberport-Stores sind edel aufgemacht, bieten aber inhaltlich wenig Neues

Zwar betreiben heute von MyMuesli über Fashion For Home bis Zalando viele deutsche Online-Händler stationäre Outlets. Dennoch geht das Beispiel Cyberport – nicht nur mit der Menge der Ladengeschäfte, sondern auch im Hinblick auf deren Ausgestaltung – über das gewohnte Level hinaus: Die Cyberport-Stores umfassen in der Regel eine Fläche zwischen 400 und 500qm, setzen auf ein hochwertiges, an Apple orientiertes Ladendesign und sind meilenweit davon entfernt, einfache Online-Abholshops zu sein. Stattdessen sind die Cyberport-Stores eher mit einem in der Größe zurechtgestutzten, aber dafür optisch aufgewerteten Saturn-Markt zu vergleichen.

2012 eröffnete Cyberport vier neue Stores (und verdoppelte die Fläche eines bestehenden Ladengeschäfts), was dazu beitrug, dass die Personalkosten des Elektronikversenders um 35 Prozent auf 8,5 Millionen Euro sowie die weiteren betrieblichen Aufwendungen um 28 Prozent auf 22 Millionen Euro anstiegen. Der Gewinn des Unternehmens ging in dem Jahr von 2,4 Millionen Euro auf lediglich 206.000 Euro zurück. 2013 setzte Cyberport den Ausbau seines Store-Netzes mit drei weiteren Standorten fort, 2014 folgen die bislang größten Filialen in München und Berlin. Angesichts einer schwachen Umsatzentwicklung würde es nicht überraschen, wenn der seit dem Jahr 2000 zu Burda gehörende Online-Händler zwischenzeitlich in die Verlustzone gerutscht ist. Was soll Cyberport nun machen: Die stationäre Expansion stoppen? Unprofitable Stores wieder schließen?

Stores können nicht isoliert betrachtet werden

Ganz so einfach ist es nicht: Wie Cyberport-Gründer Olaf Siegel vor einem Jahr im Interview mit ChannelPartner ausführte, gehen von den Stores auch positive Effekte auf das Online-Geschäft aus:

„Klar ist, dass die Läden an sich ein Umsatztreiber sind. Genaue Zahlen haben wir dazu keine, weil das im Rahmen unseres Multichannel-Konzepts schwer messbar ist: Die Kunden holen zum Beispiel im Store online bestellte Waren ab oder bestellen im Laden Artikel aus unserem Online-Shop. Wir merken aber, dass dort, wo wir Läden eröffnen, der Umsatz deutlich steigt – und zwar in einem Maße, das über den reinen Laden-Umsatz hinausgeht.“

Über ähnliche Wirkungszusammenhänge berichtet auch der Cyberport-Wettbewerber Notebooksbilliger.de, dessen Geschäftsführer Arnd von Wedemeyer zudem davon spricht, dass sich „Trust- und Branding-Effekte aus dem stationären Handel positiv auf das Online-Geschäft auswirken“. Online-Händler, die sich zum Rückzug aus dem Filialgeschäft entscheiden, würden also nicht nur die stationären Kosten und Umsätze verlieren, sondern aller Voraussicht nach auch darüber hinausgehende Einbußen im Kerngeschäft hinzunehmen haben.

Die Cyberport-Stores müssen innovativer werden

Für die meisten Online-Händler, die sich zu einem Engagement im lokalen Handel entschlossen haben, bringt das stationäre Geschäft also durchaus Vorteile. Doch ist stationärer Handel nicht gleich stationärer Handel. Man ist verblüffend, wie unkreativ viele im Internet mit innovativen Konzepten erfolgreiche Online-Anbieter werden, sobald sie sich im Einzelhandelsumfeld bewegen: so unterscheiden sich die Cyberport-Stores von gewöhnlichen Elektronikfachgeschäften im Prinzip nur durch die Abholtheke sowie die in den Läden aufgestellten Kundenterminals für Online-Bestellungen.

Moderner Showroom, der Kunden Orientierung bietet - auch das Beispiel EdelOptics könnte ein Vorbild für Cyberport sein

Moderner Showroom, der Kunden Orientierung bietet – das Beispiel Edel Optics könnte ein Vorbild für Cyberport sein

Cyberport wäre daher gut beraten, wenn es sich mit den originelleren und stärker vorwärtsdenkenden Stationärkonzepten auseinandersetzt, die es im Online-Umfeld bereits gibt, wie zum Beispiel dem extrem schlanken Handelsmodell von Notebooksbilliger.de oder Edel Optics, den partnerschaftliche ausgerichteten On-/Offline-Konzepten von NeueTischkultur oder MyMuesli sowie den servicezentrierten Ansätzen, wie es sie im Buch- oder Modehandel gibt. Cyberport-Stores als Showrooms mit angeschlossenem, dezentralem Lager? Warum nicht! Cyberport als Shop-in-Shop bei passenden verwandten Händlern? Auch gut vorstellbar. Genauso wie Cyberport-Stores als Anlaufstellen für Kunden, die angesichts der immer erklärungsbedürftigeren technischen Produkte ein Bedürfnis nach hochindividueller Beratung bzw. kuratierter Vorauswahl haben.

Gerade jetzt, wo die Euphorie für das stationäre Geschäft nachzulassen scheint, gäbe es für Cyberport viele Möglichkeiten, das Einzelhandelsgeschäft fortzuentwickeln. Es bleibt zu hoffen, dass das auch die Verantwortlichen so sehen und es im Hinblick auf die Zukunft der Stores nicht zu einer simplen Alles-oder-nichts-Entscheidung kommt.


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