Einkaufsplattform Atalanda: So veränderte der „Wuppertal-Effekt“ das Geschäftsmodell.

von Matthias Hell am 13.Januar 2015 in Local Heroes

Ursprünglich wollte Atalanda mit seiner in Hamburg und Salzburg gelaunchten Einkaufsplattform einfach auf die größten Städte expandieren. Doch dass Mitte 2014 die lokale Handelsinitiative Online City Wuppertal an Atalanda herantrat, veränderte die Denkweise des Unternehmens. Nun verfolgt die Einkaufsplattform einen stärker auf Impulse „von unten“ gerichteten Ansatz, der sich inzwischen auch auf das Endkundenangebot und die Unternehmensfinanzierung erstreckt.

Atalanda-Co-Gründer Roman Heimbold

Atalanda-Co-Gründer Roman Heimbold

Als Location Insider Anfang 2014 mit Atalanda-Co-Gründer René Baisch sprach, stand für das Startup noch die Expansion von Hamburg und Salzburg in weitere deutsche und österreichische Großstädte zuoberst auf der Tagesordnung. Wie sein Geschäftspartner Roman Heimbold nun erklärt, bereitet Atalanda derzeit tatsächlich den Start weiterer lokaler Online-Marktplätze vor – allerdings anders als ursprünglich gedacht: „Durch die Zusammenarbeit mit Online City Wuppertal haben wir erkannt, dass es besser ist, wenn der Wunsch zur Kooperation aus einer Stadt heraus kommt, als dass wir unser Marktplatzmodell über eine Stadt stülpen.“ Im Gefolge der Berichterstattung über das Projekt in Wuppertal sei eine Reihe von Städten mit ähnlichen Plänen an Atalanda herangetreten. „Ursprünglich hatten wir geplant, in die 20 größten Städte zu expandieren. Nun sprechen wir auch mit 20 Städten, aber eben solchen, die auf uns zugekommen sind“, berichtet Heimbold. Namen will der Atalanda-Gründer noch nicht nennen, doch berichtete die Westdeutsche Allgemeine vor wenigen Tagen über eine entsprechende Initiative in Olpe.

Die veränderte Expansionsstrategie hat auch die Herangehensweise von Atalanda verändert. Auf einen personalintensiven Schwerpunkt im Stadtmarketing kann das Startup nun verzichten, leisten hier doch bereits die interessierten Städte Vorarbeit. Stattdessen sind für die Einkaufsplattform und ihre sieben Mitarbeiter Aufgaben wie die Schulung und Weiterentwicklung von Händlern in den Mittelpunkt getreten. „Es wäre unrealistisch, innerhalb weniger Tage sämtliche Handelsgeschäfte einer Stadt abbilden zu wollen“, erklärt Roman Heimbold. „Die Startphase eines Projekts wie in Wuppertal ist deshalb auf zwei bis drei Jahre angelegt.“ Für Händler, die mit ihrem Geschäft noch nie online waren, biete beispielsweise die Einrichtung eines Online-Schaufensters einen guten Ansatzpunkt. Als nächste Schritte könne man dann Geschenkideen, aktuelle Angebote und sukzessive das gesamte Sortiment auf dem Online-Marktplatz anbieten. Erfahrungsgemäß ziehe zudem der Start mit einigen wenigen Händlern ein wachsendes Interesse beim lokalen Einzelhandel nach sich. „Unser langfristiges Ziel bleibt es weiterhin, eine ganze Stadt abzubilden“, so der Atalanda-Gründer.

Information geht vor Transaktion

Marktplatz und Same-Day-Delivery gehen bei Atalanda Hand in Hand

Marktplatz und Same-Day-Delivery gehen bei Atalanda Hand in Hand

Nachdem sich Atalanda im Zuge des „Wuppertal-Effekts“ von starren Denkweisen verabschiedet hat, wuchs bei dem Startup die Bereitschaft, auch in anderen Bereichen das Geschäftsmodell stärker auf die tatsächliche Bedürfnislage auszurichten. So sollten Transaktionen eigentlich möglichst durchgängig über den Atalanda-Marktplatz abgewickelt werden. „Doch wir haben festgestellt, dass viele Kunden bei uns Produkte und Verfügbarkeiten recherchieren, aber zum Kauf dann in den Laden gehen“, berichtet Roman Heimbold. „Die Händler sind trotzdem glücklich und sehen auch so, dass sich die Grenzen zwischen Online und Offline zunehmend auflösen.“ Deshalb sei Atalanda von der Fixierung auf Online-Transaktionen abgerückt. Die Konsequenz sei, dass man neben der Provision auf Online-Verkäufe von den Händlern nun eine monatliche Grundgebühr erheben wolle. Mit 20 Euro liegt diese aber ausgesprochen niedrig und trifft nach Aussage von Roman Heimbold auch durchwegs auf Verständnis. Zudem müssten Händler, die bereits bei Atalanda an Bord seien, auch in Zukunft keine Grundgebühr bezahlen.

Ebenfalls an die Entwicklung der letzten Monate angepasst hat Atalanda das Verhältnis zur Same-Day-Delivery-Schwester-Plattform Atalogics. Wie Unternehmensgründer Heimbold erklärt, habe man sich dem Lehrbuch folgend hier eigentlich auf einen eigenständigen Rollout-Plan konzentrieren wollen. Doch orientiere man sich beim Ausbau von Atalogics nun an der Entwicklung im Marktplatzgeschäft. „Zwar laufen die beiden Unternehmensbereiche technisch getrennt voneinander, doch haben wir gemerkt, dass nur beides zusammen Sinn macht.“ Eine Ausnahme stellten Städte dar, in denen starke lokale Händler den Impuls zum Aufbau eines Same-Day-Kuriernetzes lieferten. Das sei inzwischen beispielsweise in Stuttgart und Wien der Fall.

Image-Gewinn durch Crowdfunding

Die Crowdfinanzierung verleiht Atalanda Rückenwind

Die Crowdfinanzierung verleiht Atalanda Rückenwind

Den auf Impulse „von unten“ gerichteten Ansatz hat Atalanda auch auf die Unternehmensfinanzierung übertragen. So startete Atalanda im Oktober 2014 auf der Plattform Seedmatch eine Crowdfunding-Kampagne, deren Zielschwelle von 120.000 Euro Mitte Dezember erreicht wurde. Roman Heimbold erklärt, dass das Unternehmen angesichts erster Ernüchterungserscheinungen beim Trendthema Schwarmfinanzierung über diesen Erfolg sehr glücklich ist. „Wir sind aktuell bei rund 135.000 Euro und ich bin optimistisch, dass wir bis zum Ende der Finanzierungsfrist Anfang Februar noch etwas drauflegen können.“ Für das Crowdfunding habe sich Atalanda nicht mangels Investoreninteresse entschieden, sondern weil man einerseits die Kontrolle über das Unternehmen behalten wollte und andererseits die breitgestreute Finanzierungsform auch als Chance verstehe: So sei die Stärkung des lokalen Handels ein tolles Crowd-Thema und biete Crowdfunding eine gute Möglichkeit, um Fans für die Idee von Atalanda zu gewinnen.

Gleichzeitig betrachtet Roman Heimbold das Erreichen des selbstgesteckten Crowdfunding-Ziels auch als einen „Qualitätstitel“ für Atalanda, der – gemeinsam mit dem Erfolg in Wuppertal – dem Startup im Kontakt mit Städten und Händlern Rückenwind verleihen könne. „Im Unterschied zu Wettbewerbern sind wir nicht investorengesteuert und können daher weiter äußerst flexibel reagieren. Außerdem zahlt es auch in ein weiteres Asset ein, das wir mit unserer Arbeit aufgebaut haben: Vertrauen.“ Schließlich sei der auf lokale Impulse eingehende Ansatz von Atalanda im Gespräch mit dem Handel ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu anderen Einkaufsplattformen: „Unser Motto ist nicht: ‚Ihr macht uns stark’, sondern: ‚Wir machen euch stark’“, so Heimbold. In der Tat mögen andere Plattformbetreiber zwar schneller in Berlin, Frankfurt und München am Start sein, doch für Atalanda sprechen die Unterstützung des Handels und die damit verbundene Dynamik – keine schlechte Voraussetzung im härter werdenden Wettbewerb der Einkaufsplattformen.


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