Interview: Florian Wolfframm über mobiles Bezahlen mit Payback.

von Florian Treiß am 27.April 2016 in Highlight, Interviews, News

Florian Wolfframm„Disruptor ist ein großes Wort. Für uns stand aber gar nicht im Fokus unserer Überlegungen, den Markt umzuwälzen. Die Wettbewerber beim Payment interessieren uns gar nicht“, sagt Florian Wolfframm, Head of Marketing & Offers bei Payback, über die ab Juni geplante Einführung von Mobile Payment bei Payback. Auch wenn Wolfframm bei unserem Gespräch am Rande des dmexco Night Talks gestern Abend in Berlin das mobile Bezahlen nicht an die große Glocke hängt, sondern lieber von einer „ganzheitlichen Shopping-App“ spricht, so hat Payback im Payment-Markt gleich zum Start einen großen Vorteil, nämlich seine schiere Reichweite: 28 Mio Kunden haben eine Plastikkarte des Bonusprogramms, die bisherige App von Payback wurde schon 8,5 Mio Mal heruntergeladen. Dennoch will Payback nichts überstürzen und wird die Payment-Funktion Schritt für Schritt einführen: ab Juni in den Drogeriemärkten von dm, ab Juli bei Real und spätestens im Herbst bei Aral, Galeria Kaufhof, Rewe und Alnatura.

Location Insider: Payback führt in Kürze Mobile Payment ein. Welcher Reiz liegt für Sie darin?

Florian Wolfframm: Für uns liegt nicht der Reiz darin, Mobile Payment zu launchen, sondern dem Kunden eine ganzheitliche Kauferfahrung über die App näher zu bringen. Das ist in unserer Welt zum Beispiel Couponing oder die Tatsache, dass der Kunde heute noch eine Karte vorzeigen muss. Und ja, auch Geld auszugeben und zu kaufen. Wir sehen das als ganzheitliches Thema, verbinden das nun in der neuen Payback-App und Payment gehört eben dazu.

Location Insider: Payment ist also nur eine Funktion von vielen?

Florian Wolfframm: Absolut. Wir wollen nicht Mobile Payment launchen, sondern wir wollen dem Kunden eine ganzheitliche Shopping-App näher bringen und ihm ein schöneres Erlebnis bieten.

Location Insider: Und da gehört dann künftig auch eine digitale Quittung dazu?

Florian Wolfframm: Was wir hier jetzt launchen, das ist nur der Anfang. Und die Frage wird immer sein: Was für zusätzliche Services können den Kunden denn interessieren, um sein Shopping-Erlebnis digital abzurunden? Und ein digitalisierter Beleg kann ja dann ein Bestandteil sein. Es kann sein, dass ich in Echtzeit einfach eine Bestätigung bekomme über das, was ich gerade gemacht habe. Dieses und auch ganz viele andere Themen sind bei uns auf der Liste dessen, was wir nach und nach dazu bauen werden.

Location Insider: Wie funktioniert das mobile Bezahlen mit Payback denn genau? Muss ich mir vorher eine Kreditkarte Ihres Mutterkonzerns American Express zulegen und diese dann in der App hinterlegen?

Florian Wolfframm: Nein, das müssen Sie nicht. Wir werden am Anfang mit dem Lastschriftverfahren starten, und hier liegt die Betonung auch auf am Anfang.

Location Insider: Und warum Lastschrift?

Florian Wolfframm: Weil das Lastschriftverfahren nach der Barzahlung das gängigste Zahlungsverfahren ist. Dementsprechend ist das auch das Verfahren, das wir dem Kunden am Anfang anbieten. Ob wir da später noch andere Zahlungsmethoden ergänzen wie zum Beispiel Kreditkarten oder sogar die American-Express-Karte, das ist noch nicht entschieden. Das werden wir gemeinsam mit unseren Partnern noch diskutieren.

So wird die mobile Bezahlung mit Payback am Point of Sale aussehen

So wird die mobile Bezahlung mit Payback am Point of Sale aussehen

Location Insider: Sehen Sie sich denn als eine Art Payment-Disruptor? Immerhin brauchen Sie ja weder direkte Partnerschaften mit Kreditkartengesellschaften oder Banken, denn das Lastschriftverfahren kann ja im Grunde jeder benutzen.

Florian Wolfframm: Disruptor ist ein großes Wort. Für uns stand aber gar nicht im Fokus unserer Überlegungen, den Markt umzuwälzen. Die Wettbewerber beim Payment interessieren uns da gar nicht. Und interessiert vielmehr, wie wir die Erfahrung des Kunden im Shopping-Umfeld besser gestalten. Und das eben als Payback mit der USP, die wir heute haben, und die heißt Punkte sammeln und schöne Geschenke bekommen. Da war Zahlungsmittel ein Teil des Ganzen, und wir haben uns für die Methode entschieden, die aus unserer Sicht am praktischsten für den Kunden ist, und das ist die Lastschrift.

Location Insider: Ketzer sagen, dass Mobile Payment bislang vor allem neue Probleme geschaffen hat, statt Probleme zu lösen. Sehen Sie sich als Problemlöser?

Florian Wolfframm: Ja, aus der gesamtheitlichen Brille. Nochmal: Wir führen alle Themen in der neuen Payback-App zusammen. Wir glauben, dass Mobile Payment ein Teil der Lösung ist, aber nicht die Lösung. Ich würde nicht mal soweit gehen, dass wir mit der App ein Problem des Kunden lösen. Wir machen es ihm aber einfacher: Er kann mit einer App jetzt den gesamten Payback-Vorgang nutzen, von Couponing über Kartenausweis und Bezahlen bis hin zu Folgeaktivitäten. Ich war vor ein paar Tagen bei einem Payback-Partner an einer Testkasse für die neue App. Und der sagte gleich: Super, tolle Sache! Und wenn ich so ein Feedback bekomme, dann ist das für mich am meisten Wert.

Location Insider: Was kann die neue App denn noch alles? Die Lokalisierungsfunktion wird wohl künftig viel stärker genutzt?

Florian Wolfframm: Wir haben eine ganze Reihe an Themen, die wir in der Pipeline haben. Wir werden nicht mit dem vollumfänglichen Bild starten Ende Mai, sondern nach und nach Dinge dazu schalten. Und ja, Lokalisierungen werden eine ganz große Rolle spielen. Wir haben Lokalisierungen in den letzten Jahren schon viel getestet, auch mit unseren Partnern zusammen in Testfilialen. Ich glaube, dass die Lokalisierung in der ersten Instanz die Kundenerfahrung verbessern kann, in dem sie einen Kontext herstellen kann. Wir werden Lokalisierung in ganz vielen Prozessen mittelfristig nutzen, um dem Kunden zu sagen: dort bist Du gerade, und deswegen ist das so und so für Dich. Zudem gibt es auch noch andere Funktionen, die wir uns überlegen, und diese werden dann graduell kommen.

Location Insider: Rüsten Sie sämtliche Partner-Filialen mit Beacons aus, damit die Lokalisierung gut funktioniert?

Florian Wolfframm: Das kann ich so konkret noch gar nicht beantworten, weil wir das noch nicht umgesetzt haben. Da sind wir noch in der Testphase mit unseren Partnern. In den Tests setzen wir tatsächlich auch Beacons ein. Es gibt aber auch noch andere Lokalisierungsfunktionen neben den Beacons, zum Beispiel Geofencing oder auch Sound-Technologien. Und das wollen wir alles erstmal testen.

Location Insider: Wie ist es denn mit Offline-Funktionalität? Zum Beispiel ist der Rewe bei mir um die Ecke ein einziges Funkloch und W-Lan für die Kunden gibt es dort auch nicht. Werde ich dort künftig trotzdem mit der Payback-App bezahlen können?

Florian Wolfframm: Ich hab das gleiche Problem, auch mein Rewe ist leider ein relatives Funkloch. Aber die Antwort ist ganz klar: die Zahlung funktioniert auch im Offline-Fall.

Location Insider: Was wird überhaupt aus der Payback-Plastikkarte? Wird die bald überflüssig?

Florian Wolfframm: Wir werden die Karte weiter anbieten. Der Kunde entscheidet. Wir sehen in der App keine Revolution, sondern eine Evolution. Die Leute, die Lust haben, die App zu nutzen, sollen das tun, da freue ich mich drüber. Wenn sie parallel eine Karte nutzen wollen, können sie das aber auch gern tun.

Location Insider: Eine übergeordnete Frage zum Schluss: Zwar macht der stationäre Handel noch immer zehnmal soviel Umsatz wie der Onlinehandel, aber die Marktanteile verlagern sich. Was können stationäre Händler tun, um nicht zu verlieren?

Florian Wolfframm: Händler sollten die digitalen Trends positiv begreifen und aufgreifen. Händler sollten verstehen, dass der Kunde überall unterwegs ist, und das man die Digitalisierung nutzen kann, um dem Kunden das Leben leichter zu machen, zum Beispiel aus Service-Funktionen, die der Kunde aus der digitalen Welt kennt, ebenfalls anzubieten. Und das passiert schon mehr und mehr. Wenn Händler das begreifen, wird’s gut gehen!

Location Insider: Vielen Dank für das Interview!

Lesetipp

Unser Schwesterportal mobilbranche.de hat mit dem Rat Pack der FinTech-Branche (André M. Bajorat, Maik Klotz, Rafael Otero, Jochen Siegert und Kilian Thalhammer) darüber gesprochen, wie es den Vorstoß von Payback ins Mobile Payment einschätzt. Der Ansatz, dass Payment bloß ein Feature innerhalb der App ist, aber kein neues Produkt, kommt bei allen Experten gut an. Auch der Ansatz, auf das Lastschriftverfahren zu setzen, ist für das RatPack nachvollziehbar – schließlich hält dies die Kosten für teilnehmende Händler klein.
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