Mobilcom-Debitel wandelt sich zum Multichannel-Mobilfunkanbieter.

von Matthias Hell am 13.Oktober 2015 in Local Heroes

Unter dem Dach der Mobilfunkkette Mobilcom-Debitel finden sich direkt gesteuerte Filialen, von Franchise-Nehmern geführte Geschäfte und Fachhandelspartner. Die Verknüpfung von Offline- und Online-Geschäft stellt für die Freenet-Tochter deshalb eine besondere Herausforderung dar. Dennoch hat Mobilcom-Debitel den Wandel zum Multichannel-Anbieter zum strategischen Ziel erklärt und kann dabei inzwischen wichtige Fortschritte vorweisen.

Hubert Kluske ist Geschäftsführer der Mobilcom-Debitel Shop GmbH

Hubert Kluske ist Geschäftsführer der Mobilcom-Debitel Shop GmbH

Es ist ein kurioser Gegensatz, auf den Mobilcom-Debitel-Geschäftsführer Hubert Kluske hinweist: Der TK-Handel beschäftigt sich auf der einen Seite mit dem Verkauf mobiler Geräte, die auch als Shopping-Devices eine immer größere Rolle spielen. Doch gleichzeitig liegen Mobilfunkanbieter bei der Verknüpfung von Online- und Offline-Geschäft klar hinter dem Handels-Benchmark. „Telekommunikationsanbieter verhalten sich anders. Als wir Ende 2012 Gravis übernommen haben, lag Mobilcom-Debitel im Online-Bereich noch weit dahinter. Und auch heute betreiben große Wettbewerber weiterhin kein Multichannel-Geschäft“, erklärt Kluske. Gravis, das mit seiner komfortablen Verwurzelung in der hochpreisigen Apple-Welt selbst ein Online-Nachzügler war, hat inzwischen wichtige Aufholschritte beim kanalübergreifenden Verkauf gemacht. Mobilcom-Debitel räumt dem Thema Multichannel heute ebenfalls strategische Bedeutung zu und befindet sich seit 2014 in der Umsetzung einer Roadmap, die im kommenden Jahr ihren vorläufigen Zielpunkt erreichen soll.

Wie Geschäftsführer Hubert Kluske berichtet, ermöglicht die Mobilfunkkette erst seit dem vergangenen Jahr die stationäre Abholung von Artikeln, die im Mobilcom-Debitel-Onlineshop bestellt wurden. „Bis Ende 2014 konnten wir aber überhaupt keine vertragsunabhängigen Produkte verkaufen.“ Der Grund dafür sei eine ungeeignete Systembasis gewesen. Man habe sich daraufhin für die Implementierung einer neuen, auf dem Shopsystem Hybris basierenden IT-Plattform entschieden. Im Unterschied zur üblichen Praxis habe man dabei auf einen engmaschigen Zyklus sukzessiver System-Releases gesetzt. Seit Ende September hat Mobilcom-Debitel nun die wichtigsten Multichannel-Funktionen live geschaltet. So können nicht lokal vorrätige Artikel bzw. Artikelvarianten aus den Filialen heraus für die Kunden bestellt werden, sind stationäre Verfügbarkeitsanzeigen flächendeckend im Onlineshop umgesetzt und können auch komplexere Produkte wie DLS-Flatrates und Mobilfunkverträge im Multichannel-Verfahren online verkauft werden.

Multichannel-Umstellung als große Herausforderung

Mobilcom-Debitel sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, ein heterogenes Filialnetz Multichannel-fähig zu machen

Mobilcom-Debitel sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, ein heterogenes Filialnetz Multichannel-fähig zu machen

Ganz am Ende der Multichannel-Umsetzung ist Mobilcom-Debitel damit aber noch nicht angekommen. Die Fachhändler, die deutlich loser an die Mobilfunkkette angeschlossen sind als die Filialen und Franchise-Geschäfte, sind bislang noch nicht in das kanalübergreifende Konzept eingebunden. Erst ab dem Frühjahr 2015 will Mobilcom-Debitel zunächst mit einer Kerngruppe von 50 Fachhändlern die Multichannel-Integration und den Anschluss an das Kassensystem der Kette erproben und diesen Schritt dann sukzessive weiter ausrollen.

Wie Hubert Kluske berichtet, sei die Multichannel-Umstellung im laufenden Geschäftsbetrieb eine nicht zu unterschätzende Herausforderung gewesen. So habe es in der zum Freenet-Konzern gehörenden Mobilfunkkette traditionell getrennte Verantwortlichkeiten beispielsweise zwischen Kassensystemen, klassischer IT und Onlineshop-Betrieb gegeben, die nun miteinander abgestimmt werden mussten. Deshalb habe man sich bewusst für einen weicheren Implementierungsprozess entschieden, mit dem das Unternehmen erfreulich gut vorangekommen sei. „Wir beobachten beim Multichannel-Verkauf inzwischen erste Erfolge und merken auch, dass die Umsetzung unserer Strategie immer besser läuft“, erklärt Kluske. „In der Telko-Ecke sind wir mit dem erreichten Grad der Kanalverknüpfung nun ganz vorne“, so der Mobilcom-Debitel-Geschäftsführer erleichtert.

Neue Filialformate im Test

Trendiges Pop-up-Store-Format: Die #digitalrepublic in Hamburg

Trendiges Pop-up-Store-Format: Die #digitalrepublic in Hamburg

Die Neuausrichtung auf den Multichannel-Handel bedeutet für Mobilcom-Debitel nicht nur den Anschluss bestehender Geschäfte an den Online-Vertrieb, sondern umfasst auch das Experimentieren mit neuen Handelsformaten. So testete die Kette im Weihnachtsgeschäft 2014 in einer Filiale unweit des Nürnberger Christkindlesmarktes ein interaktives Schaufenster: Um den Verkauf von Smart-Home-Anwendungen voranzutreiben, wurde dort eine typische Wohnsituation nachgestellt und ließen sich über ein Touchdisplay an der Schaufensterscheibe u.a. Heizung, Licht und Kamera per App von außen steuern. Anfang 2015 folgte in Hamburg der Pop-up-Store „#digitalrepublic“, in dem Mobilcom-Debitel Produktneuheuten wie vernetzte Devices und Wearables, Smart Home oder 3D-Druck in der Live-Anwendung gezeigt wurden und mit einem trendigen Rahmenprogramm mit DJ und Partys für die entsprechende Kundenfrequenz gesorgt wurde. Das Pop-up-Store-Konzept von „#digitalrepublic“ floss schließlich in einen Konzept-Shop ein, den die Mobilfunkkette seit Mitte Juli in Mannheim betreibt und mit dem die Relevanz erlebnis- und aktionsbetonter Verkaufsformate genauer erprobt werden soll.

„Bei unserem Pop-up-Store in Hamburg gab es keinen Verkauf“, berichtet Mobilcom-Debitel-Geschäftsführer Hubert Kluske. Mit der Warenpräsentation im Digital-Lifestyle-Bereich und den begleitenden Aktionen habe man eine gute Frequenz erzielen können und auch wertvolle Image-Effekte erzeugt. „Mit dem Shop in Mannheim wollen wir nun testen, wie sich ein solches Konzept auf den Verkauf auswirkt.“ Erste Ergebnisse deuteten darauf hin, dass das Modell Erlebnis-Shopping zwar keine signifikant besseren Resultate zeige als ein konventioneller Mobilcom-Debitel-Shop, aber auch nicht schlechter performe. Für die Mobilfunkkette ist bereits das eine spannende Erkenntnis – verzichtet der Shop in Mannheim doch auf den für Telko-Geschäfte typischen Warendruck mittels Zubehörverkauf und Präsentationswänden. Hubert Kluske ist deshalb überzeugt, dass der Hardware-Verkauf per Use-Case auch in Zukunft eine interessante Alternative für die Mobilfunkkette darstellen könne. Daneben macht sich Mobilfunk-Debitel gerade noch mit einer weiteren Neuerung für die Handelsentwicklung der nächsten Jahre bereit: Zusammen mit dem IT-Dienstleister Atos hat das Unternehmen flächendeckend eine Mobile Payment Lösung eingeführt, die sowohl Apple Pay-fähig ist, wie auch die steigende Anzahl an Karten mit NFC-Chip abdeckt. „Das Thema ist auch in Deutschland immer mehr im Kommen und darauf wollen wir uns schon heute vorbereiten“, erklärt Geschäftsführer Hubert Kluske dazu.


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