Warum Unternehmen mit neuen digitalen Touchpoints experimentieren sollten.

von Gastautor am 01.März 2018 in News, Trends & Analysen

Händler sollten häufiger wie in einem Labor experimentieren. Bild: ThinkstockPhotos

Im Rahmen unseres neuen Whitepapers „Jenseits des Webshops“ hat sich unser Gastautor Roman Zenner von commercetools die Frage gestellt: Was bringt Händler und Hersteller dazu, sich mit diesen Technologien zu beschäftigen? Warum entschließt sich BMW, künftig Voice-Assistenten in seine Fahrzeuge zu integrieren? Und warum ermutigt IKEA seine Kunden dazu, virtuelle Möbel per App in ihren Wohnungen zu platzieren und die neue Schlafzimmereinrichtung mit dem Blick durch ihre Smartphones zu planen?

Robert Queck

“Um die Motivation von Unternehmen zu verstehen ist es zunächst wichtig, die jeweiligen Produkte zu unterscheiden und grob in zwei Gruppen zu unterteilen”, meint Robert Queck, Head of Competence Center eCommerce bei der Agentur ARITHNEA. Einerseits gebe es die Dinge des täglichen Bedarfs, die man einkauft, ohne viel Zeit in die Auswahl zu investieren oder gar eine besondere Bindung dazu aufzubauen – Toilettenpapier ist das klassische Beispiel: Es mag Ausnahmen geben, aber in der Regel ist dies ein Produkt, das in ausreichender Menge und in akzeptabler Qualität am entsprechenden Ort vorhanden sein muss. Zusammen mit Batterien, Trocken-Nudeln und Reinigungsmitteln gehört es zu den Artikeln, deren Beschaffung schnell und bestenfalls automatisiert geschehen muss.

Andererseits gibt es Produkte, für deren Auswahl sich der Käufer sehr viel mehr Zeit nimmt. Meist handelt es sich dabei um Dinge, die mit Emotionen verknüpft sind wie Kleidung oder Schmuck. Gegenstände also, die genau den eigenen Geschmack treffen sollen und nicht mal eben zwischen Tür und Angel bestellt werden. Selbiges gilt für hochpreisige Artikel wie Luxusgüter, Autos oder sogar Immobilien: Wer viel Geld ausgibt, durchläuft in der Regel einen entsprechend langen Entscheidungsprozess und nimmt gerne ausreichend viel persönliche Beratung in Anspruch. In vielen Fällen ist das bereits der Weg zum Ziel: wer sich beim Juwelier eine teure Luxusuhr gönnt, wird die diskrete Aufmerksamkeit und die Perfektion des Einkaufserlebnisses ebenfalls sehr zu schätzen wissen.

Mehr Touchpoints, mehr Reichweite, mehr Umsatz

“Je nach Segment”, so Robert Queck, “nutzen Unternehmen neue Touchpoints aus unterschiedlichen Gründen. Bei den Dingen des täglichen Bedarfs ist das vor allem die Steigerung der Reichweite. Um genau in dem Moment und in dem Kontext präsent zu sein, an dem der Kaufwunsch entsteht, erhöhen sie die Anzahl der Kontaktpunkte.” Nehmen wir als Beispiel das oben erwähnte Toilettenpapier: Merkt der Kunde im eigenen Badezimmer, dass das Papier zur Neige geht, reicht ein einfacher Sprachbefehl für den persönlichen Sprachassistenten, um diesen Artikel auf die Einkaufsliste zu setzen. Fällt einem der Mangel erst im Auto unterwegs zur Arbeit auf, kann ein Fahrzeug mit Voice-Integration diese Bestellung entgegennehmen. Letzteres sehen wir an der Initiative von BMW. Bestellt ein Pendler in der U-Bahn bei Alexa Toiletten­papier, würde er vermutlich verwunderte Blicke ernten. Hier ist eine einfach zu bedienende App oder ein Chatbot eher das Mittel der Wahl.

Der Clou für Händler und Hersteller besteht also darin, die unterschiedlichen Kontexte optimal zu unterstützen, die Bestellbarriere damit zu senken und für mehr wiederkehrende Bestellungen sowie treue Kunden zu sorgen. Unternehmen stellen ihren Kunden mit diesen neuen Touchpoints sozusagen unsichtbare Butler zur Seite, die still und unaufdringlich im Hintergrund arbeiten und die Wünsche ihrer Kunden erfüllen. Sie können Bestellungen auf diese Weise sammeln und sie den Kunden in wöchentlichen Lieferungen zukommen lassen – genau dann, wenn sie zu Hause sind.

Loyale Kunden dank verbessertem Einkaufserlebnis

Aber auch bei emotionalen Produkten verwenden Unternehmen die neuen Touchpoints mit zunehmendem Erfolg. Am Beispiel Mode lässt sich das gut verdeutlichen. Dort stehen Unternehmen seit jeher vor der Herausforderung, ihre Marken ansprechend zu inszenieren und zu positionieren. Dabei reicht es nicht mehr, dass die Kunden den Weg in den eigenen Webshop finden, sie müssen auch in den Sozialen Netzwerken abgeholt werden. Im Idealfall scrollen Besucher durch ihre Facebook-Timeline, finden ein Produkt, das ihnen gefällt, und bestellen es mit einem Klick, Touch oder Wisch als Impulskauf ohne komplizierten Checkout- und Bestellprozess. Influencer auf Instagram und Youtube stellen neue Kollektionen vor, die Mode-Fans leicht per Knopfdruck bestellen können. Robert Queck betont, dass es in dieser zweiten Produktgruppe vor allem um die Förderung von Individualität gehe. Zwar seien die Berührungspunkte moderner geworden – der klassische, auf generischen Empfehlungen basierende Webshop habe in diesem Zusammenhang ausgedient und werde wieder mehr von interaktiven Formen von Individual-Beratung etwa in Sozialen Netzwerken ersetzt – dahinter investierten Unternehmen viel in persönliche Kontakte, statt sich allein auf Algorithmen zu verlassen.

Coolness-Faktor: als Anbieter Innovationen vorantreiben

Insbesondere Hersteller, die in erster Linie jüngere Zielgruppen ansprechen möchten, präsentieren sich über diese Touchpoints, um ebenfalls ihre Reichweite zu steigern und ihre Marke in einem modernen Umfeld zu positionieren. Das gilt im übrigen nicht nur für die Fashion-Branche: mit seiner Augmented-Reality-App Places steigert der Möbel-Gigant IKEA den Coolness-Faktor des Online-Einkaufs ganz erheblich und dokumentiert nebenbei seine Innovationsfähigkeit.

Damit ist ein weiterer wichtiger Punkt angesprochen, denn neue Touchpoints eignen sich hervorragend für Experimente. Um etwa einen neuen Alexa-”Skill” zu entwickeln, also dem Amazon-Sprachassistenten eine neue Fähigkeit beizubringen, braucht es weder große IT-Teams noch monatelange Projekte. Meist können kleine Teams innerhalb weniger Wochen ein solches Programm erstellen, testen und bei Bedarf verbessern. Scheitert der Test, ist das aufgrund des geringen Investments unproblematisch und das Hauptgeschäft – bei Händlern ist das in der Regel der eigene, klassische Webshop – wird in keinster Weise in Mitleidenschaft gezogen.

Wie Werner Spengler, Geschäftsführer Consulting bei der Agentur foryouandyourcustomers aus seinen Gesprächen mit Kunden weiß, agierten Handelsunternehmen jedoch oftmals zu konservativ. Wenn ein neuer Touchpoint entstehe, werde nicht das eigene Geschäftsmodell neu gedacht. Stattdessen bemühe man sich, das Vorhandene möglichst 1:1 auf diesen neuen Touchpoints umzusetzen. Beispiel Sprachassistent: Werden Kunden es tolerieren, wenn die freundliche Roboterstimme ihnen dieselben meterlangen Texte vorliest, die auch im Webshop erscheinen? Eher nicht. Schätzen Kunden es, beim Unternehmen in Situationen zu bestellen, in denen das bislang nicht möglich war? Sehr wohl!

Ask Mercedes: Der intelligente virtuelle Assistent nutzt künstliche Intelligenz (KI) und kombiniert einen Chatbot mit Augmented-Reality-Funktionen. Bild: Daimler

Die Frage nach dem Kontext stellen sich in diesem Zusammenhang nicht nur Händler und Hersteller: Mit der App “Ask Mercedes” macht der Stuttgarter Autobauer seinen Fahrern das Leben einfacher, indem ebenfalls über eine AR-App die Bedienelemente der Fahrzeuge erläutert werden, ohne dass sie umständlich in einer dicken, gedruckten Bedienungsanleitung nachschlagen müssen.

Die eigenen Prozesse digitalisieren und optimieren

Die App von Mercedes ist für das Unternehmen noch aus einem weiteren Grund interessant: Neben dem Plus an Komfort für seine Kunden kann der Autobauer gleichzeitig Prozesse optimieren und Ressourcen einsparen. Das Handbuch muss nicht aufwändig erstellt und distribuiert werden, der Druck und die Produktion digitaler Datenträger wie CDs oder USB-Sticks entfallen komplett. Und sollte sich im Aufbau oder in der Funktion der Bedienelemente im Fahrzeug etwas ändern, ist diese Änderung in der App viel einfacher umzusetzen, als sprichwörtlich die Druckerpressen anzuhalten und komplett neues Informationsmaterial zu versenden. Ein weiterer Nebeneffekt: Über die App kann jeder Kunde mit Mercedes direkt in Verbindung treten, was im Idealfall dazu führt, dass der Kundenservice verbessert wird.

Fazit

Es gibt also gute Gründe für Händler und Hersteller, sich mit neuen Endgeräten und Touchpoints zu beschäftigen. Zwar befindet sich der Markt noch in einer Experimentierphase und nicht alle Technologien werden so schnell und gründlich vom Mainstream akzeptiert werden wie etwa das Smartphone. Doch genau dadurch bieten sich für Unternehmen derzeit enorme Möglichkeiten, strategische Vorteile gegenüber den Mitbewerbern zu gewinnen. Über neue Touchpoints lassen sich leichter Innovationen umsetzen, die für ein bequemeres Einkaufen sorgen. Und da sie auch in Kontexten – im Auto, in der U-Bahn, vor dem Küchenregal – genutzt werden können, die für das Shopping bislang größtenteils tabu waren, steigern Anbieter ihre Reichweite und erschließen neue Kundensegmente. Im Verbund mit einer cloudbasierten Lösung wie der commercetools Plattform, die einzelne E-Commerce-Services schnell und flexibel zur Verfügung stellt, erlauben es Alexa, Chatbots & Co, Prozesse zu digitalisieren, zu optimieren und damit Ressourcen einzusparen.

Whitepaper „Jenseits des Webshops“

Dieser Beitrag erschien zuerst in unserem neuen Whitepaper „Jenseits des Webshops – wie Händler Chatbots, Voice & Co einsetzen können“. In dem Whitepaper erklären wir auf 36 Seiten, welcher geschäftliche Mehrwert hinter neuen Touchpoints steckt und wie eine konkrete Umsetzung aussehen kann.

Lesen Sie in dem Whitepaper „Jenseits des Webshops“ u.a. folgende Themen:

  • Eyerywhere Commerce: Was uns jenseits des Webshops erwartet
  • Conversational Commerce: Wenn Mensch und Maschine sich unterhalten
  • Umfrage: aktuelle Technologie-Trends im Handel
  • Wie das Internet der Dinge in Küche und Bad einzieht
  • Shoppen im Auto: Schon bald Realität

Das Whitepaper können Sie über den folgenden Link kostenlos als PDF anfordern:

Whitepaper „Jenseits des Webshops – wie Händler Chatbots, Voice & Co einsetzen können“ 

 


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