5 Tipps für nachhaltig erfolgreichen Lebensmittelhandel.

von Partnerunternehmen am 14.Juni 2022 in Partnerbeitrag, Trends & Analysen

„Das Nachhaltigkeitsbewusstsein verändert die Welt des Lebensmittelhandels“, schreibt Hanni Rützler in den „Retail Visions“ ihres neuen Food Report 2023. Das mag wenig überraschen, immerhin ist Neo-Ökologie der wichtigste Megatrend unserer Zeit. Doch wie kann der Lebensmittelhandel dem gerecht werden?

Kund:innen entlasten

Kund:innen, vor allem junge, wollen nachhaltig einkaufen: Über 70 Prozent achten bei Lebensmitteln darauf. In der alltäglichen Praxis entsteht durch die eigenen Ansprüche und den Druck, nachhaltig zu leben und fair zu konsumieren, allerdings schnell Überforderung. Eine aktuelle Studie dokumentiert die Zerrissenheit der Konsument:innen der GenZ, die zwar über ein starkes Nachhaltigkeits-, Klima- und Umweltbewusstsein (inklusive Tierwohl) verfügen, aber weder konsequent verzichten noch bei jedem Griff ins Supermarktregal aufwendige Kriterien-Checks für jedes Produkt machen wollen. Im Spannungsfeld von Verantwortungsübernahme und dem Wunsch nach Entlastung erwarten sie sich daher vor allem von Produzent:innen und Handel Unterstützung. Eine Chance für jene, die diese Unterstützung anbieten, um einen klima- und umweltbewussten Einkauf zu erleichtern.

Category Management anpassen

Wichtige Hebel sind hier nicht nur die Anpassung des Sortiments, sondern auch das Neudenken im Category Management: Vom Aufbau, von der Wegführung und Regalordnung bis zur Produktplatzierung können sich Märkte hier als Unterstützer für bewussten Konsum präsentieren. Um innovativ und authentisch nachhaltig zu sein, braucht es eine neue Sicht auf Kund:innen, die sie beim Einkauf nicht „überlisten“ will, sondern sie mit ihrem Wunsch nach Qualität, Nachhaltigkeit, Fairness und auch Sparsamkeit ernst nimmt. So könnten in den Regalen auf Augenhöhe zuerst als nachhaltig ausgezeichnete oder regional und fair erzeugte Produkte zu sehen und die Obst- und Gemüseregale so strukturiert sein, dass Kund:innen leichter saisonale und regional produzierte Ware finden.

Auch eine personalisierte Navigation, wie sie die britische Supermarktkette Marks & Spencer seit Anfang 2022 testet, wäre eine mögliche neue Denkweise. In einigen ausgewählten Märkten unterstützt eine App Kund:innen dabei, beim Einkauf gezielt und rasch die Produkte zu finden, die sie wirklich suchen bzw. zuvor in ihrer digitalen Einkaufsliste notiert haben. Mithilfe einer Augmented-Reality-Simulation werden Kund:innen direkt in die gewünschte Abteilung geleitet und können ihre Besorgungen damit nicht nur schneller erledigen, sondern auch zu Kurator:innen ihrer eigenen Einkäufe werden: indem sie jene Produkte und Marken auf die Liste schreiben, die ihren Wünschen und Werten am meisten entsprechen.

Kund:innen einbeziehen und Nachhaltigkeit (er-)leben

Ein gutes Beispiel für das Miteinander mit Konsument:innen ist „Too Good To Go“. Die App verbindet Kund:innen mit Geschäften, die unverkaufte Lebensmittel übrig haben und diese zu einem vergünstigten Preis an Selbstabholer:innen verkaufen. So werden Konsument:innen und Händler zum aktiven Teil der Nachhaltigkeitsbewegung und Supermärkte müssen Lebensmittel, die noch gut sind, nicht als Food Waste entsorgen. Auch Erlebnismarkt-Konzepte bieten Möglichkeiten, nachhaltiges Engagement glaubwürdig mit Kund:innen zu teilen. Im Rahmen eines Pilotprojekts betreibt der REWE-Konzern in Wiesbaden etwa eine sich selbst versorgende Supermarktfarm mit u. a. regionalem Wochenmarkt und einer Aquaponikanlage, die Fisch- und Pflanzenzucht in einem geschlossenen Wasser- und Nährstoffkreislauf kombiniert.

In Berlin-Spandau schafft die Penny-Filiale „Grüner Weg“ ein stärkeres Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln und Natur. Hier werden Kund:innen vom Eingang bis zur Kasse an verschiedenen interaktiven Stationen durch die wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen geführt – von krummem Gemüse über die Simulation einer Welt ohne Bienen bis zur Errechnung der „True Costs“ ihrer Einkäufe. Wieder andere Geschäfte arbeiten mit „Tierwohl.tv“ zusammen, um ihr Engagement überzeugend und glaubhaft an ihre Kundschaft zu kommunizieren. Ziel der Plattform ist es, Konsument:innen im Lebensmittelmarkt per Live-TV eine ungeschönte Sicht in die Haltungsbedingungen und Lebensverhältnisse der Tiere, deren Fleisch sie kaufen und deren Eier sie essen wollen, zu ermöglichen. Beim Blick in den Stall oder auf die Weide wird klar, warum es sinnvoll ist, für ein Produkt aus artgerechter Haltung mehr Geld auszugeben.

Leistungsindikatoren und -ziele für Nachhaltigkeit definieren

Obwohl die Werbekampagnen im Lebensmittelhandel zunehmend auf grüne Botschaften ausgerichtet sind, hat das Thema Nachhaltigkeit oft noch kaum Auswirkungen auf die zentralen Aktivitäten vieler Unternehmen. Einkauf, Ladenbetrieb und Entscheidungen über die Lieferkette sind in den großen Handelsketten auf viele unterschiedliche Abteilungen und Mitarbeiter:innen verteilt. Wenn Leistungsindikatoren und -ziele für Nachhaltigkeit nicht genau definiert werden, werden sie bei der täglichen Entscheidungsfindung kaum berücksichtigt. Laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2019 hatten nur 10 Prozent der 50 weltweit führenden Lebensmittelhandelsunternehmen überhaupt gemessen, welche finanziellen Auswirkungen ihre Nachhaltigkeitsbemühungen haben. Das macht es natürlich schwierig, konkrete und realistische Ziele für die Zukunft zu formulieren.

Geduldig das „Richtige“ tun

Klar ist, dass der Business Case für Nachhaltigkeit grundsätzlich langfristig ist und der Aufbau eines nachhaltigen Geschäftsmodells für den Einzelhandel nicht von heute auf morgen klappt. Dass es nicht unmöglich ist, zeigt ein Blick in die Schweiz: Die Coop-Gruppe hat Nachhaltigkeit seit den 1970er-Jahren Schritt für Schritt eine immer größere Rolle eingeräumt und implementiert 2022 eine völlig neue, breit aufgestellte Nachhaltigkeitsstrategie. Schon vor drei Jahren wurden mit nachhaltigen Eigenmarken und Qualitätslabeln zwei Milliarden Euro Umsatz erreicht. Das verändert auch viele andere Aspekte der Lieferkette, einschließlich des Fuhrparks, des betrieblichen Energieverbrauchs und des Umgangs mit Verpackung und Lebensmittelabfällen. In Großbritannien hat Marks & Spencer durch die Reduzierung von Verpackungen, die Verringerung von Deponieabfällen und die Verbesserung der Transporteffizienzsysteme Nettovorteile in Höhe von umgerechnet über 168 Millionen US-Dollar erzielt.

Beispiele wie diese zeigen, dass es auch für große Lebensmittelhandelsunternehmen einen Weg zur Rentabilität der Nachhaltigkeit gibt und dass der Schlüssel zum Erfolg in einer weiter von harter Konkurrenz geprägten Landschaft angesichts des Klimawandels darin liegt, das „Richtige“ zu tun. Immer mehr digitale Pioniere wie das Berliner Impact-Start-up SPRK.global, das mit seiner KI-gesteuerten Distributionsplattform künftig für ein exaktes „Matchmaking“ von Angebot und Nachfrage überschüssiger Lebensmittel in der Lieferkette sorgen will, können den Handel dabei unterstützen.

Nachhaltige Food-Trends dominieren die Zukunft

Auch wenn bewusste Konsument:innen versuchen, ihre Einkäufe mehr an Produzentenmärkten, in Fachgeschäften, direkt bei Erzeuger:innen oder bei neuen, ökologisch orientierten Onlinehändler:innen zu erledigen – der Großteil bezieht seine Lebensmittel auch in Zukunft im Supermarkt und beim Discounter. Es lohnt sich also auch für etablierte Unternehmen, darüber nachzudenken, was sie verkaufen und wie die immer wichtiger werdenden nachhaltigen Werteparadigmadas das Sortiment und das Category Management beeinflussen bzw. verändern sollen. Hanni Rützlers Food-Trends sind dabei sinnvolle Inspirationsquellen, um sich zukunftsfit aufzustellen. In ihrem neuen Food Report 2023 beschreibt, analysiert und prognostiziert sie mit „New Glocal“ und „Regenerative Food“ u. a. die Neuordnung des globalen Lebensmittelhandels oder die nachhaltigen Lebensmittel auch jenseits von Bio sowie Food Retail Visions.

Lesen Sie mehr dazu im neuen Food Report 2023.

Über die Autorin des Food Report 2023:

Hanni Rützler ist die führende Food-Trendforscherin Europas. Seit über 25 Jahren analysiert sie den Wandel unserer Esskultur. Für das Zukunftsinstitut untersucht sie seit zehn Jahren die Food-Branche im jährlich erscheinenden Food Report. Sie gilt als wichtigste Stimme im Konzert der zahlreichen Trendscouts und Food-Marketing-Agenturen.


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