Ach Saturn, die Filialen braucht niemand mehr.
von Stephan Lamprecht am 11.Februar 2020 in Highlight, Kommentar, NewsAm Samstag war ich bei Saturn einkaufen. Und nach dieser Erfahrung überraschen mich die Zeichen aus dem Konzern, der sich auf dem richtigen Weg aus der Krise sieht. Denn solche stationären Einkaufserfahrungen braucht nun wirklich niemand.
Wollte man die aktuelle Berichterstattung rund um MediaSaturn zusammenfassen, dann gibt sich das Unternehmen verhalten optimistisch, auf dem richtigen Weg zu sein, auch wenn die Geschäfte im letzten Quartal des Jahres nicht berauschend liefen. Analysten und Journalisten genügt das dagegen nicht. Vielleicht gehen die ja auch regelmäßig zu Saturn in die Läden. Wenn das überall so abläuft wie in der Vorzeigefiliale an der Hamburger Mönckebergstraße, braucht man die vielen Stores jedenfalls nicht mehr.
Meine jüngere Tochter hat vor einiger Zeit einen eigenen Hausstand gegründet. Wie bei vielen jungen Menschen ist das Geld in dieser Lebensphase doch reichlich knapp, da ist väterliche Unterstützung natürlich willkommen. Konkret ging es um die Anschaffung eines Wäschetrockners und einer Spülmaschine. Und die wollten wir nun gemeinsam bei Saturn vor Ort kaufen. Im Nachhinein frage ich mich nur, warum.
Das soll Warenpräsentation sein?
Die Abteilung für „weiße Ware“ wirkt auf den ersten Blick ziemlich großzügig. Nun gibt es dort aber eben auch alles, was in die Kategorie gehört. Von teuren Kaffeevollautomaten, die in eigenen Markenshops präsentiert werden, über Kühl- und Gefriergeräte bis zur Küchenmaschine. Zuerst sollte der Trockner gekauft werden.
Umwelt hin oder her, aus Budgetgründen sollte es ein ganz einfacher Kondensationstrockner sein. Bei der Vorabrecherche online wollte Saturn da auch einige Geräte anbieten. Umso größer die Überraschung, dass der geneigte Konsument die Wahl zwischen rund 10 Wäschetrocknern hatte, die einfach in Reihe stehen.
„Präsentiert“ wäre ein großes Wort. Auf jedem Gerät ein digitales Label, das den Preis zeigt. Außerdem Aufkleber der Hersteller, die aber letztlich nur etwas über den Stromverbrauch verraten. Welche Vor- und Nachteile, welche Trocknungsprogramme überhaupt angeboten werden – also alle technischen Details durfte man per Google ermitteln. Oder versuchen, sie durch Betrachten des Geräts herauszufinden. Denn Verkaufspersonal, Kundenberater, waren entweder mit Eingaben an Terminals beschäftigt oder kümmerten sich um ihre Markenshops.
Einen Kondensationstrockner gab es jedenfalls nicht. Zwei Preiskracher unbekannter Marken, die nach dem klassischen Abluftprinzip arbeiten, ansonsten nur Wärmepumpengeräte. Clever, denn die kosten aus dem Stand etwas mehr. Bei der Herstellerauswahl scheint Saturn andere Erfahrungen mit den Kunden gemacht zu haben, als optisch durch die Abteilung strömten. Miele ist ja in aller Ehren wert, aber für einen jungen Haushalt dann vielleicht doch ein wenig teuer. Jedenfalls dem Vater. So blieben also nur drei Geräte übrig. Auf diese Weise lässt sich der Kunde auch zu einer Entscheidung führen.
Der Kunde als Hilfskraft.
Wir reihten uns also in die Schlange an einem Terminal ein, wo ein Mitarbeiter Aufträge anderer Kunden eintippte. In froher Erwartung, dann ein Gerät kaufen zu dürfen, warteten wir geduldig, bis wir dran waren. Nach rund 15 Minuten war es dann soweit. Die erste Gegenfrage auf unsere Gesprächseröffnung, dass wir uns für einen Trockner entschieden hätten, lautete: „Haben Sie mal die Artikelnummer für mich?“
Die hatten wir uns nun leider nicht gemerkt oder aufgeschrieben. Schließlich war uns nicht bewusst, dass der Markt offenbar von uns Kunden mehr erwartet als wir es von Online-Shops gewohnt sind. Zum Glück waren wir zu dritt, so konnte einer von uns auf das Terminal aufpassen, während die beiden anderen dem Verkäufer das Wunschgerät präsentierten. Schön, dass wir Kunden helfen können.
Nun wollten wir ja noch einen Geschirrspüler. Und beides in die Wohnung der jungen Leute liefern lassen. Der Verkäufer fand die Idee offenbar ganz dufte, dass wir das auf einen Auftrag zusammenfassen wollten. Seine Frage, ob wir uns schon entschieden hätten, mussten wir aber verneinen. Zum Glück schränkte die bauliche Situation der Küche aber auch die Geräteauswahl ein. Denn statt der sonst üblichen 60 Zentimetern, brauchten wir einen Spüler mit 45 Zentimeter Breite.
Eigenmarken sind offenbar keine gute Idee.
Wie gesagt, waren wir zum Glück zu dritt und der Freund meiner Tochter traute ihr und mir zu, den Geschirrspüler allein auswählen zu können. Denn er hatte „Standdienst“ am Terminal. Zum Glück hatte er kein blaues Hemd an. Das versprach, vor Kundenanfragen sicher zu sein.
Ganze drei Geräte konnte unser Fachberater präsentieren. „Das ist unsere Eigenmarke. Den kann ich nicht empfehlen.“ – Sensationell, oder? Eine Freude für jeden Handelsmanager und Filialleiter.
Blieben somit zwei Geräte. Eines indes jenseits jeglichen Budgets, womit es also den Spüler in der Mitte traf. Der Berater öffnete noch die Klappe, um uns das Innere zu präsentieren (sah alles soweit wie bei jedem Spüler aus). Außerdem ist das Personal ja viel besser vorbereitet als der Kunde. Er notierte sich also die Artikelnummer und dann ging es wieder zum Terminal. Wir schauten also gemeinsam gebannt zu, wie in jeder Menge Eingabemasken Artikelnummern eingetragen wurden. Gaben Lieferadresse und Wunschtermin an. Und wir hatten echt Glück, denn die Geräte waren sogar vorrätig. Ein Ausdruck und eine Unterschrift später, war der Kauf dann erledigt.
Fehlte nur noch das Bezahlen. Das ist bei Saturn ja so wunderbar basisdemokratisch geregelt. Ob Sie nun für 1.000 Euro eingekauft haben, oder ein USB-Kabel für 5 Euro in Händen halten. Die Wartezeit an den zwei geöffneten Kassen ist für alle gleich.
Und ich werde, falls ich nochmal bei Saturn kaufe, denn doch lieber den Online-Shop bemühen. Da kann ich jedenfalls Produktinformationen abrufen und auch Geräte vergleichen. Das Eintippen meiner Adresse schaffe ich auch allein.
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