Akzeptanz der Beacon-Technologie im stationären Einzelhandel – Chancen und Risiken.

von Gastautor am 14.August 2018 in Highlight, News, Trends & Analysen

Ein Beacon des Anbieters Shopkick in einer Filiale des US-Modehändlers American Eagle

In den letzten Jahren wurde die Beacon-Technologie und die damit verbundene Dienstleistung „standortbezogene Kundenansprache“ für den stationären Einzelhandel gehyped. Doch in den vergangenen zwei Jahren wurde es still um den Einsatz der Beacon-Technologie im stationären Einzelhandel. Somit stellt sich die Frage: Was passierte mit dem Hype um die Beacon-Technologie im stationären Einzelhandel? Dieser Frage ist unser Gastautor Jonas Hellweg im Rahmen seiner Abschlussarbeit an der Georg-August-Universität Göttingen nachgegangen. Für Location Insider hat er die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.

Aufgrund der gering existenten Forschungsliteratur, die sich mit der Akzeptanz der Beacon-Technologie befasst, erschien es aus wissenschaftlicher Perspektive sinnvoll, sich grundsätzlich näher mit der Thematik zu befassen. Insbesondere wurde in der Forschung bisher die Akzeptanz der Beacon-Technologie aus Sicht der Einzelhändler vernachlässigt. In meiner Forschungsarbeit wird diese Forschungslücke aufgegriffen und Erkenntnisse über die Akzeptanz des Einsatzes der Beacon Technologie aus Sicht von Einzelhändlern gewonnen.

Das ständig verfügbare Internet sowie die in den Geräten integrierten Funktechnologien wie Bluetooth, GPS und NFC ermöglichen digitale Schnittstellen zwischen dem stationären Einzelhandel und den Endkunden. Hierdurch entsteht ein verändertes Kaufverhalten der Kunden (vgl. Singer, M. (2016): Online goes Offline im modernen Einzelhandel sowie Statista: Anteil der Smartphone-Nutzer in Deutschland 2017), auf das der stationäre Einzelhandel durch neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen reagiert. Eines dieser innovativen Dienstleistungen ist die standortbezogene Kundenansprache, auch bekannt als „Location-based Services“, welches durch die Beacon-Technologie ermöglicht werden kann.

Nutzen für den stationären Einzelhandel

Damit der stationäre Einzelhandel auf die Beacon-Technologie zurückgreift, muss die Anwendung für die Unternehmen von Vorteil sein. Somit ist neben der Endnutzerakzeptanz auch die Akzeptanz des Einzelhandels eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Beacon-Technologie.

Bezüglich des Nutzens der Beacon-Technologie konnte die „Kundenbindung und –begeisterung“, „Echtzeit-Marketing“, die „wahrgenommene Nützlichkeit von Location-based Services“ sowie das „Kosten-Nutzen-Verhältnis“ identifiziert werden. So besitzt die Beacon-Technologie laut Forschungsliteratur ein überlegenes Kosten-Nutzen-Verhältnis im Vergleich zu alternativen Technologien.

Für die wissenschaftliche Arbeit wurden drei Einzelhandelsunternehmen befragt. Hierbei konnten die Erwartungen der Einzelhändler an die Beacon-Technologie in zwei Zielaspekte unterteilt werden. Zum einen wurden direkt in Kennzahlen messbare Umsatzsteigerungen erwartet, indem Kunden durch Geofencing in das Geschäft gelockt und durch Push-Nachrichten auf Aktionsprodukte hingewiesen wurden (harte Faktoren des Nutzens). Zum anderen wurde erwartet, dass der Orientierungsbedarf des Kunden durch das Angebot von „Indoor-Navigation“ gedeckt und somit als ein Mehrwert wahrgenommen wird. Dies wiederum sollte zu einer gesteigerten Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität führen, die laut der Service Profit Chain einen Treiber der Kundenbindung darstellt (weiche Faktoren des Nutzens). So sollen sich die loyalen Kunden positiv auf das Unternehmenswachstum und die Profitabilität auswirken.

So könnte eine Beacon-Installation in einem Geschäft aussehen. (Quelle: hgp-eberle.de)

Erwartungen nicht erfüllt

Jedoch konnten die Erwartungen der Einzelhändler aufgrund einer zu geringen Nutzerzahl nicht erfüllt werden. Doch wieso blieben die Nutzerzahlen der Location-based Services hinter den Erwartungen der Einzelhändler?

Um eine Akzeptanz einer Technologie zu erhalten, sollten laut Davis „Technology Acceptance Models“ (TAM) die „wahrgenommene Nützlichkeit“ und die „einfache Benutzbarkeit“ einer Technologie für den Anwender gegeben und ersichtlich sein. Doch die Anbieter versuchten mit dem Einsatz von Location-based Advertising (LBA) möglichst viele Kunden zu erreichen, um den Umsatz des Anbieters zu steigern. Hierbei war den Kunden die „wahrgenommene Nützlichkeit“ nicht ersichtlich. So wurde den Kunden standortbezogene Werbung via Push-Nachrichten gesendet, welches als Belästigung wahrgenommen wurde. Bereits mit der Vorstellung des „iBeacon“ Standards warnte das Unternehmen Apple vor der Gefahr, den Kunden mit zu vielen Push-Nachrichten in Form von Werbung zu belästigen.

So ist eine weitere Herausforderung der Akzeptanz von Location-based Advertising, die Sicherstellung einer akzeptierten Obergrenze für Werbekontakte. Ebenfalls ist kritisch zu hinterfragen wann der Kunde einen Orientierungsbedarf besitzt. Schließlich ist der “wahrnehmbare Nutzen” für Indoor-Navigation den Kunden nur dann ersichtlich, wenn sie einen Bedarf hierfür besitzen. Zudem stellt die Genauigkeit der Standortbestimmung durch die Beacon-Technologie eine Herausforderung für die Nutzerakzeptanz dar.

Kosten

Über die Bewertung der Kosten hinsichtlich der Anschaffung, Einführung und Pflege der Beacon Technologie, herrscht unter den befragten Experten Uneinigkeit. Die Kosten der Beacon-Technologie werden für den gelieferten Nutzen von einem der Interviewpartner als zu hoch empfunden. Allgemein ist für die Berechnung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses die Nutzerzahl relevant. Eine geringere als zu erwartende Nutzung der Beacon-Technologie, treibt die Kosten pro Nutzer in die Höhe.

Fazit

Die Erfüllung bzw. das nicht erfüllen des erwarteten Nutzens an die Beacon Technologie seitens der Einzelhändler, nimmt neben dem Kostenaspekt und der technischen Umsetzung, direkte Auswirkungen auf die Akzeptanz der Beacon-Technologie.

Chancen:

Durch die Beacon-Technologie können verschiedene Einsatzmöglichkeiten von standortbasierten Dienstleistungen (Location-based Services) angeboten werden. Dabei sollte beachtet werden, dass die Dienstleistung dem Anwender einen wahrnehmbaren Nutzen liefert. Durch das Angebot von Location-based Services lässt sich die Kundenzufriedenheit und somit die Kundenloyalität steigern. Laut der Service Profit Chain von Heskett et al. soll dies zu einer Steigerung des Umsatzwachstums des Unternehmens führen.

Nehmen wir das Beispiel des Orientierungsbedürfnis der Kunden im Flughafen.

In diesem Fall können durch das Angebot von „Indoor-Navigation“ die Bedürfnisse des Nutzers gedeckt werden. Die Dienstleistung erfüllt sämtliche relevante Nutzenfaktoren, um den Kunden einen wahrnehmbaren Nutzen zu liefern. Somit kann eine Akzeptanz der Technologie seitens der Kunden erreicht werden und mit einer konstanten Anzahl an Nutzern die Kontaktkosten geplant werden. Zudem können neben dem Hauptnutzen noch weitere Location-based Services wie bspw. „Analytics“ angewandt werden. Eine weitere Chance stellt die Möglichkeit der Kostensenkung im „Facility Management“ dar, in dem der Fuhrpark und die Maschinen lokalisiert und effizienter eingeplant werden können.

Risiken:

Ein Risiko des Einsatzes von Location-based Services liegt darin, dass der Kunde für die angebotene Dienstleistung keinen Nutzen wahrnimmt. Werden eine oder mehrere relevante Faktoren des Nutzens einer standortbasierte Dienstleistung (LBS) nicht erfüllt, so wird der Anwender hierfür keinen Nutzen wahrnehmen. Daraus resultierend wird die Dienstleistung von ihnen nicht angenommen.

Als Beispiel hierfür dient die Einsatzmöglichkeit „Location-based Advertising“, da hierbei kein Nutzen für den Kunden wahrnehmbar ist.

Somit wird auch der Nutzen des Anbieters verfehlt indem seine Werbebotschaften die Kunden nicht erreichen. Auch das Angebot einer „Indoor-Navigation“ liefert lediglich dann einen Nutzen wenn hierfür ein Bedarf seitens der Anwender besteht. Die Folgen eines Einbruchs der Nutzerzahlen sind dramatisch steigende Kontaktkosten. Dies birgt die Gefahr eines höheren Investitionsrisikos. Zudem können weitere Einsatzmöglichkeiten infolgedessen nicht realisiert werden (bspw. “Analytics”). Ein weiteres Risiko für den Nutzen der Beacon Technologie können hohe Ausfallraten, Wartungsbedarf und eine Ungenauigkeit der Standortlokalisierung darstellen.

Handlungsempfehlung

Ich empfehle eine sorgfältige Analyse des Nutzens der Location-based Services auf Seiten der Kunden.

Der Nutzen stellt die Grundvoraussetzung für die Akzeptanz der Beacon-Technologie dar. Eine Akzeptanz kann entstehen wenn die vorab festgelegten Erwartungen an die Technologie erfüllt werden. Dabei spielt der wahrgenommene Nutzen der Beacon-Technologie eine kritische Rolle.

Einzelhändler, die den Fokus auf die harten Faktoren des Nutzens legten, konnten die Erwartungen an die Einführungen der Technologie nicht erfüllen. Wohingegen die Verfolgung der weichen Faktoren des Nutzens zur Erfüllung der Erwartungen führte.

Im Zeitalter des „Internet of Things“ werden die Location-based Services zukünftig sicherlich noch weiter thematisiert werden. Ob die Beacon-Technologie als technischer Standard zur Umsetzung von „Indoor“ Location-based Services bestehen bleibt, ist abzuwarten.

Die Aufgabe in zukünftigen Forschungstätigkeiten liegt darin, die Akzeptanz einer Obergrenze für Werbekontakte über Location-based Advertising (Frequency Cap) zu analysieren und konkrete Lösungsmöglichkeiten zu gestalten.

Auch stellt sich die Frage, ob die Einsatzmöglichkeiten der Location-based Services stärker beworben werden sollten um den potenziellen Anwendern den Mehrwert der Dienstleistung zu verdeutlichen.

Über den Autor:

Jonas Hellweg, geboren 1992, studierte an der Georg August Universität Göttingen (B.Sc.) und California State University Monterey Bay, Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Wirtschaftsinformatik, Unternehmensführung und Marketing. Im Jahr 2016 gründete er zusammen mit einer Gruppe von Freunden, im Rahmen des Startup Weekend Monterey Bay powered by Google for Entrepreneurs, dass digital health startup „Fitnex“.

Seine Forschung beschäftigte sich mit Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Datenbrillen für das Lernen, Wissensentwicklung in Unternehmen sowie Nutzung und Akzeptanz digitaler Innovationen durch Online- und Offline-Shopper. Während er seine wissenschaftliche Abschlussarbeit „Akzeptanz der Beacon Technologie im stationären Einzelhandel – Chancen und Risiken“ schrieb, arbeitete er, im Rahmen eines Praktikums, im Bereich Digital Innovation der Abteilung Strategy & Digital Transformation der Bayer Business Services GmbH.


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