Amazons technologische Karotte namens Go.

von Stephan Lamprecht am 10.September 2019 in Highlight, News, Trends & Analysen

Bestimmt kennen Sie die Fabel vom Esel und der Rübe. Um die Lastentiere in die gewünschte Richtung zu bewegen, hält man ihnen eine Karotte vor die Nase. Immer gerade so, dass der begehrte Happen nicht erreicht werden kann. Das praktiziert Amazon mit seinem kassenlosen Konzept „Amazon Go“. Eine ganze Branche hechelt diesem technologischen Ansatz hinterher. Doch Amazon kommt selbst mit dem Konzept nicht recht voran. Die Frage ist nur, warum?

Natürlich ist das Konzept von Amazon Go inspirierend. Der Kunde nimmt Ware aus dem Regal und verlässt das Geschäft wieder, ohne bewusst zu bezahlen. Davon war auch Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar beeindruckt, wie er im Rahmen seines Vortrags auf dem GLORY Innovation Forum erzählte. Und gestern haben wir an dieser Stelle gemeldet, dass Albert Heijn mit einem ähnlichen Laden experimentiert. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden die Besucher der EuroShop im kommenden Jahr weitere Fortschritte der Technologie bewundern dürfen.

Um bei einem anderen Sprachbild zu bleiben: Amazon führt eine ganze Branche wie das Rind am Nasenring durch die Arena. Offenbar kommt das Unternehmen selbst nicht voran. „The Information“ zitiert aus internen Papieren des Unternehmens, wonach Ende dieses Jahres 56 dieser Stores eröffnet sein sollten. Im kommenden Jahr sollten es dann über 150 Eröffnungen sein. Die Realität sieht indes anders aus. Woran liegt das?

It’s only Convenience Stupid

Die Läden „Amazon Go“ sind das, was die Branche gern als Convenience-Stores bezeichnet. Es gibt dort beispielsweise gekühlte Getränke, Sandwiches und andere Snacks. Dinge, die man in der Mittagspause oder vor Feierabend rasch einkauft. Damit hat Amazon in Sachen Sortiment nicht gerade das Rad neu erfunden. Solche Läden existieren zuhauf, der Kunde hat eine große Auswahl. Und die Mitbewerber mögen zwar nicht durch technologische Brillanz punkten, haben ihre Ladenlokale aber bereits in guten Lagen gefunden. Der technologische „Wow-Faktor“ des kassenlosen Einkaufs dürfte sich ohnehin schnell abnutzen.

Technisch zu anspruchsvoll

In den vergangenen zwei Jahren tauchte in Fachmedien eher selten der Kritikpunkt auf, dass die Go-Technologie nicht skalierbar sei. Solche Bedenken wurden zwar auf Branchenevents wie der EuroCIS an den Ständen geäußert, aber auch eher hinter vorgehaltener Hand. Hey, da steckt Amazon dahinter, die kriegen das in den Griff. Sicherlich könnte man technologisch größere Flächen bespielen, man sollte dann aber keine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung anstellen. Wie das Beispiel Zippin zeigt, steigen die Investitionskosten proportional zur Ladenfläche. Und da gerät man beim Handel mit Lebensmitteln schnell an die Grenzen der Wirtschaftlichkeit.

Die Technologie hat einen weiteren Show-Stopper mit eingebaut. Damit es genügend Kundschaft gibt, sucht Amazon Läden in besten Lagen, mit geringer Verkaufsfläche und hohen Decken. Wie auf vielen Bildern der Läden zu erkennen, befinden sich die Kameras, die die Kunden beobachten, unter der Decke. Damit die Ware noch erkannt werden kann, wenn der Kunde direkt davor steht, braucht es nach den Grenzen der Physik einen entsprechenden Abstand. Es ist vorstellbar, dass Amazon die Suche nach diesen perfekten Bedingungen schlicht unterschätzt hat.

Wo ist die Strategie?

Es ist eine Binsenweisheit (nicht nur) im Management. Wenn man keinen richtigen Plan hat, kommt man nur langsam voran. Und derzeit braucht es schon sehr viel Fantasie, um eine Strategie von Amazon im Bereich E-Food zu erkennen. Mit „Fresh“ liefert das Unternehmen Lebensmittel nach Hause. Das funktioniert in Deutschland eher schlecht. Schließlich gibt es in den Ballungsräumen, in denen Fresh verfügbar ist, Supermärkte an jeder Ecke. Und außerhalb der Großstädte fressen die Logistikkosten die Marge ohnehin auf. In den USA zeigt sich Amazon da deutlich agiler, dort sind aber auch die Grundvoraussetzungen andere.

Da wäre dann Whole Foods. Die Kette gehört zwar zu Amazon, was sich am Einzug von Primeangeboten auf der Fläche zeigt. Aber letztlich handelt es sich dabei auch nur um einen klassischen Supermarkt. Dass die Zukunft des Einkaufens von Nahrungsmitteln darin besteht, auch über Echos oder Fire-TVs zu stolpern und seine Amazon-Pakete mitnehmen zu können, ist eher zweifelhaft.

Und schließlich kommen dazu die regelmäßigen Spekulationen über eine eigene neue Kette, die Amazon entweder aus dem Boden stampft oder elegant durch die Übernahme eines kriselnden Unternehmens billiger in die Hände bekommt.

Das sind jeweils für sich zwar schöne Meldungen, mit denen das Unternehmen für Aufsehen sorgt. Nur eine klare Vision ist da nicht zu erkennen. Und die scheint es für Amazon Go auch nicht so recht zu geben.

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