Auf dem Weg zum Unicorn: Shoptech-Sparte Scayle wird von About You ausgegliedert

von Florian Treiß am 25.August 2023 in News, Shoptech

Eigentlich ist Scayle mehr oder minder durch Zufall entstanden, als 2017 erste Firmen auf die Idee kamen, ob sie womöglich die von der Otto Group selbst entwickelte Technologie hinter der Modeplattform About You lizenzieren und als Whitelabel-Lösung nutzen könnten.

Doch mittlerweile ist der B2B-Ableger der Modeplattform About You zu einem wichtigen Player im Bereich Shoptech geworden. Mittlerweile nutzen über 100 Händler und Marken die einst von About You selbst entwickelte Webshop-Technologie als Whitelabel-Lösung unter dem Namen Scayle (vormals About You Cloud), darunter Deichmann, Depot, Fielmann, Kapten & Son, Marc O’Polo und Tom Tailor sowie der Fanshop des FC Bayern.

Der Geschäftsbereich Scayle ist mittlerweile 300 Köpfe stark. Dabei erzielte Scayle im letzten Geschäftsjahr (März ’22 bis Februar ’23) einen Jahresumsatz von rund 90 Millionen Euro, erzählte About-You-Chef Tarek Müller erst vor wenigen Tagen im OMR-Podcast (darin fiel auch Müllers Kampfansage zu Shein und Temu, die wir hier zusammengefasst haben). Müller meinte im Podcast zudem, dass Scayle bei eigenständiger Betrachtung eigentlich bereits ein „Unicorn“ sein müsste. Sprich ein Startup mit einer Bewertung von mind. einer Milliarde Dollar.

Doch das ist Investoren bislang nicht aufgefallen, der Aktienkurs von About You liegt am Boden, was auch daran liegen könnte, dass About You in der Vergangenheit nur wenige Zahlen zum „Scayle-Geschäft geteilt hat und Scayle kein eigenes Segment in unserer regelmäßigen Berichterstattung ist“, wird Tarek Müller vom „manager magazin“ zitiert. Denn bislang wird Scayle im Bereich TME ausgewiesen, der im abgelaufenen Geschäftsjahr seinen Umsatz um 16,5 Prozent auf 195,1 Millionen Euro steigern konnte.

Zum TME-Segment von About You zählt aber nicht nur die Wachstumsrakete Scayle, sondern auch die Bereiche Retail Media und Kooperationen. Bei der Vorstellung der Jahreszahlen teilte About You im Mai zum TME-Segment mit: „Das Segment Tech, Media und Enabling (TME) ist weiterhin profitabel und wuchs um 16,5% gegenüber dem Vorjahr, was hauptsächlich an der starken Positionierung von Scayle und den neu gewonnenen Firmenkunden im B2B-Geschäft liegt.“

 

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Die Hoffnung von CEO Tarek Müller und den großen Anteilseignern Otto Group und Bestseller (Konzern hinter Labels wie Jack & Jones, Only oder Vero Moda) ist nun, dass Investoren künftig das Modegeschäft und das Softwaregeschäft getrennt betrachten, was zu einer höheren Bewertung beider Segmente führen soll. Den Müller will Scayle laut „manager magazin“ weiter vorantreiben, womöglich neue Investoren speziell für Scayle an Bord zu holen und Scayle dann in drei bis fünf Jahren separat an die Börse zu bringen.

Etwas ketzerisch fragt das Wirtschaftsmagazin dazu, ob Scayle denn „das Zeug zum Software-Porsche“ habe. Denn zuletzt hatte Volkswagen seine Tochter Porsche separat an die Börse gebracht und auch Siemens war in mehrere Einheiten filetiert worden. Beide Vorgänge folgten jeweils der Logik, dass große Konglomerate an der Börse meist niedriger bewertet werden als kleinere spezifischere Firmen wie der Luxusautobauer Porsche oder der Medizintechnikspezialist Siemens Healthieers, der neben Siemens Energy und dem Siemens-Rest ein Dax-Mitglied ist. „Es ist durchaus die Frage, ob man dem Markt erklären kann, dass eine Scayle-Ausgründung auch eine Techbewertung verdient hat“, sagt ein Insider gegenüber dem Magazin.

Tarek Müller, Gründer und CEO von About You

Tarek Müller, Gründer und CEO von About You

Tarek Müller erzählt im OMR-Podcast unter anderem auch, dass Scayle vor allem nach Kunden mit mindestens 100 Millionen Euro Onlineumsatz sucht. So will er Scayle zur ernsthaften Konkurrenz von Salesforce und SAP machen. Weiter sagt er bei OMR: „Wir haben in der Scayle Business Unit letztes Geschäftsjahr knapp 90 Millionen Euro Umsatz gemacht, sehr profitabel. Über die Hälfte davon ist bereits sogenannter Tech ARR, also wiederkehrender Umsatz, eine Art Aboumsatz. Das ist hochprofitabel, wir haben da 27 Millionen Euro EBITDA gemacht, also über 30 Prozent Marge. Und das, obwohl wir sehr stark gewachsen sind und viel investieren in Sales & Co.“

Zum Vergleich: Wettbewerber commercetools meldete im Mai 2023 erstmals einen ARR von 100 Millionen Dollar, hat bereits „Unicorn“-Status und wurde durch das Überschreiten der 100-Mio-Marke und Mitglied des virtuellen „Centaur“-Clubs. commercetools ist damit in etwa doppelt so groß beim ARR wie Scayle. Der jährlich wiederkehrende Umsatz repräsentiert dabei nicht den kompletten Jahresumsatz, den commercetools nicht offenlegt, sondern den Teil des Jahresumsatzes, der aus wiederkehrenden Zahlungen besteht.


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