Das Ende der Warteschlange: Die Bestell-Apps Opentabs und Lunchio im Test.

von Angela Kreß am 07.Juni 2016 in Trends & Analysen

opentabsStarbucks ist einer der digitalen Vorreiter, wenn es darum geht, kostbare Lebenszeit nicht mit Warten zu verbringen. Mit „Mobile Order and Pay“ können Kaffeefreunde via Smartphone bestellen, bezahlen und abholen, ohne zu warten. Auch in Deutschland wollen immer mehr Bestell-Apps Zeit für den Kunden sparen. Angela Kreß hat für Location Insider zwei der Apps ausprobiert.

Wer nicht gerade eine gute Kantine direkt am Arbeitsplatz hat, dem fehlt oft die Zeit, sich um eine ausgewogene Ernährung zu kümmern. Die Mittagspause ist kurz, die Wege lang und im Endeffekt bleibt doch nur der Bäcker von nebenan oder die Dönerbude. Auf die Dauer ist das weder gemütlich noch gesund. Ein Erste-Welt-Problem, aber es kann umgangen werden, indem man sein Essen vorab bestellt und bezahlt und sich so sämtliche Wartezeiten spart.

Ich warte täglich: auf die Bahn, an der Supermarktkasse oder auf mein Essen im Restaurant. Das erfordert eine Menge Geduld und manchmal habe ich auch schlichtweg wenig Zeit. So auch neulich auf meinem Weg von München nach Leipzig. Mein Zeitfenster, um vom Nahverkehr in den ICE umzusteigen, war nicht besonders groß. Umso größer war mein Bedürfnis, noch einen Coffee-to-go für den Weg zu organisieren. Um Zeit zu sparen habe ich meinen Frappé dann direkt aus der S-Bahn mit dem Smartphone vorbestellt. Open Tabs heißt die App, die das ermöglicht. In der Filiale eines amerikanischen Coffeeshops konnte ich meinen Kaffee dann fünf Minuten später abholen. Wartezeit: 0 Sekunden.

„Jeder kennt doch die Situation, dass man in der Bar ein Getränk nachbestellen möchte und die Bedienung scheint einen einfach zu übersehen“, sagt Nicolas Plögert, einer der Gründer von Open Tabs. So sei die ursprüngliche Idee für die Anwendung entstanden. Plögert und seine beiden Mitbegründer, Dirk Röder und Sebastian Heise, hatten das Warten satt. Im Mai 2013 ging die App online. Mittlerweile zählt sie mehr als 30.000 registrierte Nutzer. Einer von ihnen bin jetzt ich. Über eine Landkarte kann ich alle teilnehmenden Restaurants und Cafés in meiner Nähe sehen. Leider ist die App beim Laden der Karte zweimal abgestürzt, aber letztendlich konnte ich meinen Frappé aus der Speisekarte eines Cafès auswählen. Bezahlt habe ich bequem mit Kreditkarte. Kurz darauf kam die Push-Nachricht mit einer angegebenen Zubereitungszeit von fünf Minuten und meiner Abholnummer aufs Smartphone. Diese Nummer ist sozusagen die Legitimation zum Drängeln. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, als ich nicht wie alle anderen brav in der Schlange warten musste. Aber praktisch ist es schon.

„Technisch gibt es zwei Möglichkeiten, wie die App in Gaststätten verwendet werden kann“, erklärt Plögert. Die Unternehmen könnten zum einen einen Gastro-Drucker verwenden, der die Bestellung über einen Server empfängt und direkt ausdruckt. „Größere Ketten legen oft Wert auf ein einheitliches Kassensystem. Dann ist auch eine Intergration am Point-of-Sale möglich“, so Plögert.
LunchioDas Konzept der Geschäftsidee geht auf. Nicht nur in München, auch in anderen großen Städten bestellen und bezahlen Kunden ihr Essen und ihre Getränke mittlerweile vorab. „Als Studenten kamen wir ständig zu spät. Die Pausen waren immer zu knapp“, erzählt Deniz Cagayan. Zusammen mit seinen Kommilitonen Jan Christian Saupe, Dennis Ortmann und Sebastian Blautzik hat er im letzten Jahr das Startup Lunchio gegründet. Auf dem Campus der Ruhr-Universität in Bochum konnten sie ein Gründerbüro beziehen und arbeiten seit März 2015 Vollzeit an ihrem Projekt. „Unsere Zielgruppe sind hauptsächlich Geschäftsleute und Studenten in Berlin“, erzählt Cagayan. „Die sitzen meist am Schreibtisch, weshalb wir uns erst mal für eine Desktop-Version von Lunchio entschieden haben“. Eine verbesserte Version soll bald online gehen und auch eine App ist bis Ende des Jahres geplant. „Essen vorbestellen ist immer noch ein Nischenmarkt und deshalb extrem spannend“, so Cagayan. Das System funktioniere vor allem, weil es eine Win-Win Situation für alle Beteiligten biete. So könnten Kunden wertvolle Zeit sparen und die Restaurants besser vorausplanen und so ihren Umsatz steigern. Bei Lunchio zahlen die Restaurants eine Kondition, sobald eine Bestellung anfällt. Open Tabs verlangt eine monatliche Grundgebühr, unabhängig von den Bestellungen. Trotz unterschiedlicher Ansätze scheinen beide Unternehmen Lösungen anzubieten, auf die viele Nutzer gewartet haben.

„International ist die Idee schon länger umgesetzt“, erzählt Plögert. Starbucks habe beispielsweise in Amerika sein Geschäft schon seit einiger Zeit digitalisiert. In Deutschland ist die Konkurrenz bisher überschaubar. „Aber es muss ja immer einen Hasen geben, dem die Hunde dann hinterherlaufen“, sagt Plögert und lacht. „Ich hoffe, dass mehr Leute in Deutschland bald aufwachen und registrieren, wie viel Zeit sie durch die App sparen können“. Auch die Angebote wolle er in Zukunft weiter ausbauen. „Ich fände es toll, wenn ich in Zukunft mein Bier im Stadion an den Platz bestellen könnte“, so Plögert. Den Markt der Fußballbegeisterten zu erschließen, sei bisher am schlechten WLAN in den Stadien gescheitert. „Aber nach und nach rüsten die Stadien nach“, erklärt Plögert. Und wer weiß: Vielleicht bestelle ich ja schon bald ein kühles Bier im Stadion, während Bayern München gegen RB Leipzig spielt.

 

 


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