Book A Style will Modehäuser zu Curated-Shopping-Anbietern machen.
von Matthias Hell am 21.Juli 2015 in Local HeroesCurated-Onlineshopping-Services von Modomoto bis Zalon wollen erklärtermaßen den Besuch im Modehaus überflüssig machen. Doch es geht auch anders herum: Das Start-up Book A Style hat eine Lösung geschaffen, die es stationären Modehändlern ermöglicht, selbst mit einem Curation-Modell im Netz Präsenz zu zeigen. Kunden können so online ihre Vorlieben definieren und einen Beratungstermin vereinbaren, Anprobe und Kauf finden jedoch im stationären Geschäft statt.
Die Idee für Book A Style lag dabei für Unternehmensgründer Jan Philip Schreiber auf der Hand: „Auf der einen Seite nimmt im Online-Bereich das Curated-Shopping zu, auf der anderen Seite beobachten Modehäuser steigende Online-Umsatzanteile – die Verzahnung von stationärem Modehandel und Curation-Prinzip findet bisher aber noch wenig statt.“ Dabei könnten sowohl Kunden wie auch Händler von einer Verknüpfung der beiden Trends profitieren. Denn auch Digital Natives würden beim Kleidungskauf gerne das stationäre Umfeld nutzen, vermissten dort aber häufig die im Netz selbstverständliche personalisierte Ansprache. Modehäuser hätten durch Curated-Shopping-Angebote die Möglichkeit, den Fokus von einzelnen Kleidungsstücken hin zu kompletten Outfits zu verschieben und somit höhere Einkaufswerte und eine geringere Preisfixierung zu begünstigen. Zugleich könnten durch die Anprobe im stationären Geschäft Online-Mankos wie eine hohe Retourenquote vermieden werden.
Nach ersten Erfahrungen in der Modebranche machte sich Jan Philip Schreiber deshalb vor zwei Jahren an den Aufbau von Book A Style. Eine „Friends & Family“-Finanzierung bewahrte vor überzogenen Ambitionen, doch seit Anfang 2015 steht das Produkt und inzwischen läuft der Vertrieb im Modehaus-Bereich auf vollen Touren. „Das Thema wird sehr gut angenommen, weil wir die stationäre Beratung in den Mittelpunkt stellen“, erzählt der Unternehmensgründer. Als erster stationärer Partner wird das mit sieben Häusern in Baden-Württemberg angesiedelte Modehaus Zinser im Herbst mit der Lösung von Book A Style live gehen. Darüber hinaus sei man derzeit mit rund 60 Modehäusern im Gespräch, berichtet Jan Philip Schreiber. Das Ziel sei es, bis Jahresende eine Umsetzung mit sieben bis acht Partnern auf den Weg zu bringen.
Stationäre und digitale Vorteile ergänzen sich
Für den Endkunden funktioniert die von Book A Style angebotene Lösung zunächst ganz ähnlich wie die bekannten Curated-Onlineshopping-Services: Er steigt auf der Webseite seines Modehauses in einen Profiling-Prozess ein, gibt seine Kleidungsgrößen und Vorlieben an und erhält dann die Möglichkeit, einen Termin mit seinem Wunschberater zu vereinbaren. Erscheint der Kunde zum Anprobetermin im Modehaus, erwarten ihn dort bereits einige exklusiv für ihn zusammengestellte Outfits, aber auch eine persönliche Begrüßung und ein Cappuccino. Die von Anbietern wie Modomoto oder Outfittery bekannte Feedback-Schleife gibt es auch beim stationären Modell, allerdings „live“: „Der Kunde kann die Vorteile des stationären Geschäfts nutzen, er kann vor Ort alternative Größen oder Farben ausprobieren und sich dazu beraten lassen“, erzählt Jan Philip Schreiber.
Auf die Vorteile des digitalen Modells verzichtet Book A Style dennoch nicht. So wird der Modeberater während des gesamten Prozesses mit einer für das iPad optimierten Backend-Lösung unterstützt. Der Mitarbeiter wird so nicht nur über die anstehenden Termine informiert, sondern er kann auch nach dem Kontakt mit dem Kunden die zugehörigen Stammdaten wie Passform und modische Vorlieben anpassen. Auch bei Book A Style gilt daher das Curated-Shopping-Grundprinzip, wonach das Wissen über den Kunden mit jedem Kontakt wächst. Zu den Backend-Kernfunktionen zählt zudem die Option, Kunden z.B. per E-Mail oder SMS mit neuen Outfit-Vorschlägen anzusprechen und so einen erneuten Beratungstermin zu initiieren. Technisch setzt Book A Style hier auf eine Software-as-a-Service-Lösung, für die es lediglich WLAN und ein iPad braucht. „Wir haben hier die Hürden bewusst niedrig gehalten, um dem Handel den Zugang zu unserer Lösung so einfach wie möglich zu machen“, erklärt Jan Philip Schreiber. Oftmals würden Personal-Shopping-Prozesse in stationären Geschäften noch auf Papier verwaltet. Auch in diesem Hinblick könne Book A Style den Modehäusern eine willkommene Weiterentwicklungsmöglichkeit bieten.
Auf die Wünsche der Modehäuser und ihrer Kunden ausgerichtet
Im Rahmen der Implementierung beim Modehaus Zinser, aber auch bei einem „Sparringspartner“ im Bekanntenkreis konnte der Book A Style-Gründer erste Praxiserfahrungen sammeln. Dabei sei zum einen klar geworden, dass viele Modehäuser bei der Digitalisierung schon recht weit seien. „Vor allem die Großen testen digitale Workflows bereits aus und haben mit Themen wie einer Kundenkarte schon vieles vorangebracht“, berichtet Jan Philip Schreiber. Hier sei es ein wichtiger Lerneffekt gewesen, nicht einfach „drüberzubügeln“, sondern sich in die bestehenden Prozesse der Modehändler einzubinden. „Zum Beispiel haben wir unseren Abfrageprozess vereinfacht, da im stationären Umfeld – anders als bei Curation-Online-Anbietern – schon viel Wissen über die Kunden vorhanden ist.“ Zum anderen habe man die Erfahrung gemacht, dass dem Thema Kundenkommunikation ein sehr hoher Stellenwert zukomme. Dabei mache es durchaus Sinn, dem Kunden die Initiative zu lassen: „Der Kunde kann seinem Modehaus zum Beispiel per SMS mitteilen, dass er ein Sommer-Outfit braucht. Wenn der Berater dann gleich mit einem Bild für ein mögliches Outfit und einem Terminvorschlag antwortet, macht das einen guten Eindruck.“ In künftigen Versionen des Backends von Book A Style werde man deshalb bereits einen entsprechenden Prozess integrieren.
Überhaupt gibt es bei der Gestaltung von Book A Style noch Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Bisher ist die Lösung so angelegt, dass sich Kunden beim Profiling und der Terminvereinbarung zwar im Look & Feel des Modehauses bewegen, diese Schritte aber auf der Seite des Technologieanbieters stattfinden. Technisch wäre es künftig auch möglich, die SaaS-Lösung via iFrame komplett in die Händlerseite einzubetten. Aber auch die Gegenentwicklung wäre prinzipiell denkbar: Die Weiterentwicklung von Book A Style zu einem Plattform-Modell. „Bisher ist unsere Lösung immer auf einen Partner bezogen und gehören die Kundendaten ganz dem Händler. Doch spielen wir auch mit dem Gedanken, Book A Style zu einer händlerübergreifenden Modeplattform auszubauen.“ Letztlich werde es aber ganz darauf ankommen, was die Modehäuser wünschten. Denn Book A Style verstehe sich schließlich als Dienstleister für den stationären Modehandel und eben nicht als ein weiterer Wettbewerber aus dem Netz.
Newsletter abonnieren
Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter von Location Insider. Wir liefern darin täglich gegen 11 Uhr business-relevante Hintergründe zur Digitalisierung des Handels.