Circular Economy: ein zukunftsfähiger Ansatz für die Transformation in der FMCG- und Beauty-Industry.

von Partnerunternehmen am 23.März 2022 in Partnerbeitrag, Trends & Analysen

Anna Breidt, Mitgründerin und Geschäftsführerin der nachhaltigen Kosmetikmarke OYESS, beschreibt, wie ihr Unternehmen dank des Circular-Economy-Ansatzes klimaneutral arbeitet.

Die Circular Economy (auf deutsch: Kreislaufwirtschaft) hilft Europa nicht nur ökologisch sauberer und wettbewerbsfähiger zu werden, sondern auch sich in Krisenzeiten unabhängiger zu machen – auch wenn dies einschneidende Änderungen entlang der gesamten Wertschöfungskette im Zusammenspiel mit den unterschiedlichen Akteuren von Produzent, Unternehmen, Handel, Verbraucher etc. benötigt.

Circular Economy: Hintergrund und Begriffserläuterung

Laut GFK (2021) beziehen 72% der KonsumentInnen das Thema Nachhaltigkeit in ihre Kaufentscheidung mit ein. Knapp 70% von ihnen wollen ihr Kaufverhalten konkret nachhaltig anpassen, doch nur 33% ändern ihr Kaufverhalten wirklich. Während Bequemlichkeit und Preis Barrieren darstellen, den Willen in die Tat umzusetzen, finden sich VerbraucherInnen allerdings auch zunehmend in der Falle des Nachhaltigkeitsdschungels. Suggerieren am Beauty-Regal gefühlt alle Marken nachhaltig zu sein, stellte Greenpeace 2021 fest, dass drei Viertel der von der Organisation untersuchten Kosmetika mit Plastik belastet sind. Es ist also mitnichten alles nachhaltig, wo Nachhaltigkeit draufsteht.

Als wichtigste Informationsquelle zur Orientierung bzgl. Nachhaltigkeit dient KonsumentInnen laut GFK die Verpackung. 59% von ihnen schauen regelmäßig, ob die benutzten Verpackungsmaterialien recycelbar sind.

Doch während Recycling erst am Ende des Lebenszyklus eines Produkts startet, also in der Phase des Entsorgens zum Tragen kommt, geht die Circular Economy an den Anfang des Produktes zurück, um Umweltverschmutzung und Abfall bereits dort zu verhindern, wo sie erstmalig entstehen.

Kurz gesagt: Kreislaufwirtschaft geht in Richtung Nachhaltigkeit vs. Recycling einen Schritt weiter!

Der Circular Economy-Experte Martin Geissdörfer, McKinsey, u.a. definiert Kreislaufwirtschaft in „The Circular Economy – A new sustainability paradigm?“,  Journal of Cleaner Production. Band 143, 2017 als „regeneratives System, in dem Ressourceneinsatz und Abfallproduktion, Emissionen und Energieverschwendung durch das Verlangsamen, Verringern und Schließen von Energie- und Materialkreisläufen minimiert werden.“

Weg vom aktuell weltweit vorherrschenden linearen Wirtschaftsmodell: Make – Take – Disposal hin zu geschlossenen Kreisläufen mit maximaler Ressourcennutzung. Quelle: Shutterstock /petovarga

Obenstehendes Schaubild verdeutlich die Phasen der Kreislaufwirtschaft, die sich ein Unternehmen im Detail anschauen sollte, um maximale Nachhaltigkeit zu erzielen. Am Beispiel unseres Startups OYESS sollen die Phasen nun näher erläutert werden und Ansatzpunkte liefern, wie auch andere Unternehmen sich schrittweise dem Thema Kreislaufwirtschaft nähern können.

Die Phasen der Kreislaufwirtschaft

Phase 1: Ressourcen oder Primärrohstoffe

  • Die Wahl der eingesetzten Rohstoffe spielt eine entscheidende Rolle.
  • Fokus sollte auf dem Sourcing der Inhaltsstoffe und der Verpackung liegen.
  • Um gegenüber KonsumentInnen Vertrauen aufzubauen und eine Orientierung im Nachhaltigkeits-Überangebot zu bieten, spielen Zertifikate wie Bio (z. B. in der Kosmetik: Cosmos EcoCert), Leaping Bunny, FairTrade u. a. eine wichtige Rolle.
  • Obst, Gemüse und tierische Produkte sollten nach Möglichkeit regional und saisonal eingekauft werden.

Umsetzung OYESS

  1. Kaufkriterium Nummer 1 in der Lippenpflege ist Qualität, d. h. der Produktbenefit ist für KonsumentInnen am Wichtigsten. OYESS hat sich daher entschieden, nur mit 100%-ig natürlichen Inhaltsstoffen zu arbeiten. 95% davon stammen aus Bio-Anbau und sind mit dem höchsten Ecocert Cosmos Organic Siegel zertifiziert. Sie enthalten weder Titandioxid noch Parabene, Mikroplastik, Mineralöle oder Palmöl. Außerdem ist OYESS Leaping-Bunny-zertifiert, was bedeutet, dass weder das Produkt selbst noch einer der Inhaltsstoffe an Tieren getestet wurde.
  1. Die OYESS Verpackung ist zu 100% recycelbar und kann so in den Kreislauf zurückgeführt werden: Die Lippenpflege (sofern nicht komplett aufgebraucht) kann in den Bio-Müll. Der Stick, in dem sich die Lippenpflege befindet, ist zu 76% aus recyceltem Plastik. Regulatorisch ist dies leider aktuell das Maximum. 24% muss als Minimum aus Virgin Plastic, also herkömmlichen Plastik, bestehen. Der Stick ist aus Monomaterial, daher zu 100% recycelbar und kann durch den gelben Sack wieder in den Kreislauf zurückgelangen.
  1. Die Blisterkarte, in dem der Stick so verankert ist, sowie der Karton, in dem die Blisterkarten versendet werden, ist 100% recycelt, FSC-zertifiziert und kann im Altpapier recycelt und so wieder in den Kreislauf gebracht werden.
  1. Auf einen separaten Umkarton verzichtet OYESS und setzt sich daher klar von vielen Wettbewerbern ab, die die Kartons noch mal in Umkartons verpacken.

Phase 2: Manufacturing oder Produktion

  • Bei der Produktion sollte die Auswahl geeigneter Partner priorisert werden.
  • Hierbei spielen neben Produktqualität und Preis auch Innovation, Lokalität und kurze Lieferwege eine große Rolle.
  • Die Produktion sollte möglichst material- und energieeffizient gestaltet sein.
  • Branchenspezifisch gilt es auf die Langlebigkeit der Produkte zu achten oder auch eine 100% Nutzbarkeit der Produkte (u. a. durch den Verzicht auf Verpackungen, die es nicht erlauben, den gesamten Inhalt zu nutzen, z. B. bei Zahnpasta).
  • Auch der Design-Aspekt spielt in der Kreislaufwirtschaft eine zentrale Rolle. Die Transparenz in Richtung KonsumentInnen sollte gestärkt werden, damit die Kaufentscheidung gut orientiert und bewusst getroffen werden kann.
  • Prozesse, die am Ende des Produktzyklus stehen, z. B. Instandhaltung, Reparatur oder Wiederverwendung, sollten bereits in den Designprozess integriert werden.

Umsetzung OYESS

  1. OYESS strebte im 1. Schritt eine CO2-neutrale, im 2. Schritt eine klimaneutrale Produktion in Deutschland an. So sah das Briefing potentieller Lieferanten sehr klar aus – der aktuelle Lieferant stellte für OYESS (und dann auch für die gesamte Produktion), u. a. auf Windkraft um, um die Kriterien erfüllen zu können.
  1. OYESS kommuniziert authentisch und transparent, und gibt durch Zeritifizierungen Orientierung und Klarheit.

Phase 3: Consumption/Use oder Verbrauch/Nutzung

  • Die Auswahl strategischer Distributionskanäle und geeigneter Handelspartner ist branchenspezifisch. Generell gilt, dass Produkte dort verfügbar gemacht werden sollten, wo KonsumentInnen sie suchen und erwarten.
  • Branchenspezifisch ist es sinnvoll, langlebige Produkte nicht zu kaufen, sondern nur Zugang zu ihnen zu ermöglichenund sie zu verleihen. Typisches Beispiel ist hier die Leihwaschmaschine, bei der auch Anreizsysteme für Langlebigkeit für Hersteller gesetzt werden. Bei Konsum- und Verbrauchsgütern ist dieser Punkt leider meist nicht möglich, da diese – wie der Begriff sagt – konsumiert oder verbraucht werden.
  • Bei der Nutzung der Produkte geht es darum, diese nachhaltig zu gestalten und somit die Lebensspanne zu verlängern.
  • Um den Kreislauf zu schließen gilt es die Nachfrage nach Recyclingprodukten zu schaffen, Herstelleranreize zu setzen und Recyclingprodukte anzubieten. Unternehmen werden durch Transparenz und Aufklärung einen Teil dazu beitragen können, Konsumverhalten hin zu Nachhaltigkeit zu verändern.
  • Ein gewisses Green Washing findet leider bereits in der Begriffswahl statt. Begriffe wie Circular Cosmetic, Clean Beauty, Zero Waste Kosmetik sind bislang leider weder geschützt noch klar definiert.

Umsetzung OYESS

  1. Lippenpflege sucht der Konsument hauptsächlich im stationären Handel. So sind die Lippenpflegestifte in Deutschland in der Drogerie (dm, Rossmann, Müller, Budni), in der Parfümerie (flaconi.de), im Bio-Fachmarkt (Alnatura) sowie bei ausgewählten Lebensmitteleinzelhändlern verfügbar.
  1. Viele dieser Handelspartner sind Teil des Rezyklatforums und setzen in diversen Projekten Nachhaltigkeits-Aufklärung vor Ort um, z. B. durch die Auslobung der Rezyklatanteile der Produkte am Regal.
  1. OYESS möchte für Aufklärung sorgen, aber nicht mit erhobenem Zeigefinger.
  1. OYESS ruft dazu auf, Produkte zu Ende zu nutzen, dann erst neue zu kaufen.
  1. Um Nachfrage nach Recyclingprodukten zu schaffen, gibt es relevante Preise wie z. B. den Deutschen Nachhaltigkeitspreis. OYESS gewann diesen im Design 2022 als jüngstiges Unternehmen überhaupt.

Phase 4: Recycling/Waste oder Wiederverwertung/Müll

  • EY zeigt 2020, dass in der Wirtschaft nur 8,6% des weltweiten Materialflusses wiederverwertet werden. Ein Grund dafür sind die höheren Kosten des Recyclings im Vergleich zu anderen Abfallentsorgungsmöglichkeiten wie z. B. Müllverbrennung.
  • Der EU-Aktionsplan sieht zudem vor, womöglich ab 2030 nur noch kreislauffähige Produkte auf dem Markt zu erlauben. So würde die Politik einen Rahmen setzen, wie gerade mit dem Verbot von Einmalplastik.
  • Wie bereits oben beschrieben, ist bei der Abfallentsorgung wichtig, dass das Gesamtprodukt zu 100% recycelt werden und so in den Kreislauf zurückgeführt werden kann.
  • Genauso wichtig ist, dass VerbraucherInnen die Mülltrennung auch konsequent durchziehen. Laut Umweltbundesamt 2020 enthalten gelbe Säcke/Tonnen bis zu 40% Abfälle, die nicht dort hingehören. Hier muss Aufklärung seitens Staat, Unternehmen, Handel und anderen Akteuren betrieben werden.
  • Im letzten Schritt müssen die recycelten oder generativen Materialien wieder zurück in den Produktionskreislauf eingebracht werden.

Umsetzung OYESS

  1. Die OYESS Plastiksticks sind recycelt und waren im ersten Leben schwarze Kleiderbügel.
  1. Herausforderung ist beim Recycling des Plastiks die notwendig hohe und reine Qualität, sowie die Neu-Farbenmischung, bei der nicht alle Farbtöme möglich sind.
  1. OYESS setzt sich in Zusammenarbeit mit Handelspartnern, Medien, Influencern und Co. stark für das Thema Aufklärung bzgl. Nachhaltigkeit ein.

Tipps für den richtigen Umgang bzgl. Kreislaufwirtschaft

  • Echte Nachhaltigkeit anbieten (kein Green Washing als PR- und Marketing-Tool)
  • Transparete Kommunikation in Richtung aller Stakeholder (z. B. KonsumentInnen, Handelspartner, Lieferanten)
  • Expertentipps einholen.
  • Förderprogramme für nachhaltige, innovative Konzepte eruieren.
  • Schritt für Schritt: Es muss nicht alles von Tag 1 an perfekt sein – wichtig ist es, permanent nachzuschleifen und Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette zu maximieren.

Der ganzheitliche Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit ist für Unternehmen als Teil der Unternehmens- und Markenführung wichtig. Bei OYESS haben wir Nachhaltigkeit in unserer DNA verankert: Sie ist Bestandteil unserer Vision und Mission.

Meine Top 3-Fragen, die sich ein Start-Up zur Orientierung stellen sollte: 

  • Haben wir entlang der Wertschöpfungskette alle Details beachtet und umgesetzt?
  • Haben wir eine offene, transparente und authentische, und damit glaubwürdige Kommunikation mit potentiellen Kunden gefunden?
  • Haben wir die richtige Partnerwahl in puncto Produktion und Vertrieb getroffen?

Über die Autorin:

Anna Breidt (41) ist Co-Gründerin und Geschäftsführerin der OYESS Beauty GmbH sowie deren gleichnamiger Lippenpflegeserie mit Sitz in Hamburg. Das Unternehmen ist Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Design 2022.

Zuvor war Breidt Sales Director DACH bei der EOS Products GmbH. Sie kann auf umfangreiche Erfahrung in der FMCG- und Beauty-Industrie zurückgreifen, so hat sie für namhafte internationale Hersteller gearbeitet, darunter zehn Jahre in unterschiedlichen Sales-und Marketing-Positionen bei Barilla Wasa, sowie als Leiterin Key Account und Leiterin Channel Development bei Danone. Dort hatte Breidt auch die strategische Verantwortung für das Direkt-Geschäft für den asiatischen Markt inne und konnte von ihren internationalen Erfahrungen in den USA, Spanien und Frankreich profitieren.

Im Rahmen der OYESS Academy berät Breidt heute Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit sowie zu allgemeinen Gründungsthemen. Die international studierte Diplom-Kauffrau arbeitet zudem als Dozentin im Bereich Marketing, Vertrieb und Wirtschaftswissenschaften an diversen Hochschulen in Deutschland und der Schweiz, und führt eine Coaching- und Beratungsgesellschaft. Breidt ist Mutter zweier Töchter und lebt in Luxemburg. www.linkedin.com/in/anna-breidt-8861981a/


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