Click & Collect – Brückenbauer zwischen den Welten?
von Markus Gärtner am 17.November 2016 in News, Trends & AnalysenAls Kunde könnte man denken, Click & Collect vereint doch eigentlich das Beste aus On- und Offlinekaufwelt: Ich kann mir leicht vergleichbar das preiswerteste Angebot aussuchen und bequem bestellen, dann bei der Abholung im Laden das Produkt noch Mal anfassen, testen, ein bisschen persönliche Beratung mitnehmen – und bei Nichtgefallen auch gleich wieder umtauschen. Aber: So einfach ist es natürlich meist nicht. Nicht mal mit dem Begriff selbst können die Kunden etwas anfangen: 2015 wussten noch 90 Prozent der Befragten nicht, was Click & Collect bedeutet, ergab eine Untersuchung von ECC und Hybris. Nach der neusten Umfrage von Bonial und HDE haben aber immerhin schon 46 Prozent der Befragten schon Mal online bestellt und dann im Laden abgeholt. Hauptmotiv für den Kunden: Er spart die Versandkosten. Und das Geld könnte er im besten Fall dann für andere Produkte im Laden ausgeben – das ist die Motivation der Händler. Nach einer Studie des International Council of Shopping Centers sind 70 Prozent der Nutzer Impuls-Käufer.
Trotz der Vorteile hat sich Click & Collect aber in Deutschland noch nicht etabliert. Click & Collect bieten u.a. Kaufhof, Electronic Partner und Media-Saturn. Bei Media-Saturn werde bereits rund jede zweite Online-Bestellung im Markt abgeholt. Rewe testete das Konzept Anfang des Jahres in Fürstenfeldbruck, Lidl startet damit gerade in Berlin. Bei Lidl können die Kunden dabei nicht nur Textilien und Elektrogeräte liefern lassen, sondern auch logistisch anspruchsvollere Produkte wie Obst und Gemüse. In den nächsten zwei Jahren will ein Drittel der deutschen Einzelhändler Click & Collect einrichten, so eine UPS-Studie. Allerdings sind nicht alle Händler davon überzeugt, Grund ist oft der fehlende Lagerraum. Schuhhändler Shoepassion bietet zwar sowohl Onlineshop als auch stationäre Filiale, aber kein Click & Collect und konzentriert sich stattdessen auf andere Lösungen. „Click & Collect allein wird niemanden retten – es ist ein Puzzleteil im großen Bild Multichannel“, meint Tobias Börner. Ein Großteil der deutschen Kunden ist aber interessiert an der Vertriebsform, wie mehrere Umfragen belegen.
Im englischsprachigen Ausland ist Click & Collect hingegen bereits fest verankert. Walmart hat sein Click & Collect für Lebensmittel auf 8 weitere und damit insgesamt 30 US-Städte erweitert. Auch Target will seinen Service deutlich ausweiten. Bisher bietet der US-Händler die Abholung von Online-Bestellungen in rund 460 von 1.800 Geschäften in den USA an. 22 Prozent der Händler in den USA bieten inzwischen Click & Collect und sind laut einer eMarketer-Studie damit zufrieden. 20 Prozent haben die Funktion eingeführt, sehen daran aber noch Verbesserungsbedarf (siehe Grafik). In Großbritannien ist Click & Collect ebenfalls weiter verbreitet, etwa beim Lebensmittelhändler Tesco.
Allerdings wird bei der Umsetzung von Click & Collect oft noch Potenzial verschenkt. Wenn die Ausgabestelle etwa außerhalb der Filiale liegt und der Kunde gar nicht erst in den Laden kommen muss, kann auch kein Cross-Selling stattfinden. Die gerade veröffentlichte Studie „Click & Collect im Bekleidungseinzelhandel“ der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn zeigt, dass die Händler noch viel verbessern können. So wurde nur der Hälfte der Testkäufer angeboten, die bestellte Ware gleich auszuprobieren. Nur bei einem Fünftel der Testkäufe versuchte der Mitarbeiter, den Abholer zu weiteren Zusatzverkäufen anzuregen. „Click & Collect bietet im Idealfall das Beste aus zwei Welten. Der Kunde erhält die Auswahlmöglichkeit des Online-Shops und den Rund-um-Service eines Ladengeschäfts“, betont Studienleiter Oliver Janz die Möglichkeiten.
Für den Händler ist es also wichtig, seinen Abholbereich zu einer reizvollen Serviceoase zu machen statt zu einer reinen Paket-Ausgabestelle – das ist die Trumpfkarte, die man gegen Online-Pureplayer ausspielen könnte. Die Marketingabteilungen müssen auch die Kundenansprache für diese neue Form des Einkaufens anpassen und die Vorteile klarer herausstellen. Natürlich sind die Chancen von Click & Collect je nach Branche und Standort unterschiedlich, nutzen sollten die Händler sie jedoch in jedem Fall.
internetworld.de, zukunftdeseinkaufens.de, haufe.de
In unserer Serie „Future Commerce“ beleuchten wir jeweils donnerstags eine Innovation, ihre Möglichkeiten und Auswirkungen auf den stationären Handel. Bisher sind erschienen:
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