Der Kunde muss in den Mittelpunkt: 31. ECC-Forum „Customer Centricity“.
von Florian Treiß am 06.April 2017 in Highlight, News, Trends & AnalysenAmazon und Zalando als Benchmarks für den Handel: Das 31. ECC-Forum widmete sich am Donnerstag in Köln einen Tag lang dem Thema „Customer Centricity“, also dem kundenzentrierten Denken. „Customer Centricity ist der Schlüssel zu Zalandos Erfolg“, so Zalandos Deutschlandchef Moritz Hau bei seiner Keynote, die von den stationären und Multichannel-Händlern im Publikum mit Spannung verfolgt wurde. „Wir haben nicht die Mission, den stationären Handel zu zerstören, sondern wollen dem Kunden den größten Mehrwert bieten“, sagte Hau weiter und erklärte, wieso Zalando zur Plattform werden will, die sich mit dem stationären Handel verbündet: Denn sowohl online als auch offline hätten beiderseits Vor- und Nachteile, daher wolle Zalando das Beste aus beiden Welten bündeln. Wenn ein Kunde beispielsweise unbedingt einen bestimmten Sportschuh noch am selben Tag haben wolle, könne er einfach auf gut Glück in die Stadt gehen und versuchen, ihn in einem Geschäft zu finden, was aber schneller zu Frustration führen könne. „Wenn ich bei Zalando aber sehen kann, dass der Schuh in einem Laden in 300 Meter Entfernung tatsächlich in meiner Größe verfügbar ist, gehe ich gern hin. Oder aber ich sehe bei Zalando, dass er in Düsseldorf verfügbar ist, und lasse ihn mir von dort nach Köln same-day-delivern“, so der Zalando-Manager.
Auch andere Vorträge hatten es in sich: So sagte Thorsten Huth von Engelhorn, einem Mode- und Sportfachhändler aus dem Rhein-Main-Gebiet mit neun Filialen, dass „125 Jahre Tradition nicht vor dem digitalem Tsunami schützen“. Vielmehr sei die Disruption der Taktgeber der digitalen Transformation: „Es bleibt Tag eins. Für immer“, so Huth. Sein Unternehmen versuche deshalb, Technologie, Prozesse und Mitarbeiter mitzunehmen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen: die Kundenzentrierung. Dabei setze Engelhorn immer stärker auf Inhouse-Lösungen und habe z.B. ein eigenes Fotostudio für die Warenpräsentation im Onlineshop und in Anzeigen aufgebaut – und setzt dabei die eigenen Mitarbeiter als authentische Models ein. Engelhorn überlege zudem, selbst zur Plattform zu werden: Eine zentrale Frage sei beispielsweise, ob man künftig noch Ware vorher einkaufen und auf Lager legen müsse, bevor man sie verkaufen könne?
Kundenzentriertes Denken heißt aber auch, die Sprache des Kunden zu sprechen: So zeigte die beim ECC-Forum vorgestellte neue ECC-Studie „Cross-Channel – quo vadis?“ beispielsweise, dass nur 13 Prozent der Kunden etwas mit dem Begriff Click & Collect anfangen können. Und nur 4,4 Prozent der Kunden würden tatsächlich Cross-Channel einkaufen. Doch die Zahl trügt etwas, denn sie bedeutet, dass nur diese recht wenigen Kunden einen Einkauf online beginnen und offline beenden bzw. umgekehrt. Die parallele Nutzung eines Rewe-Markts und des Rewe-Supermarkts ist hiermit nicht gemeint, sondern vielmehr Dienste wie Click & Collect oder Order from Store.
Doch die beste Definition nutzt nichts, denn dem Kunden sind diese Buzzwords der Branche vollkommen egal, wie es IKEA-Manager Klaus Cholewa auf den Punkt brachte: „Multichannel, Crosschannel, Omnichannel – das ist für den Kunden nix. Der Kunde kauft einfach bei IKEA.“ Die Aufgabe von IKEA sei es vor allem, „nahtlos die Kundenzufriedenheit herzustellen.“ Denn „was für den Kunden gut ist, ist auf lange Sicht gut für IKEA“, so Cholewa. In die selbe Richtung stieß Thomas Görner vom Traditionshändler Foto Koch in Düsseldorf: „Stationär und online befruchten sich – man sollte hier nicht auf einen ROI nach Kostenstellen gehen“. Nachdem Görner die Führung des Unternehmens übernommen habe, habe er einen radikalen Tapetenwechsel eingeläutet und das Marketing völlig auf den Kopf gestellt. Der neue Ansatz: „Wir wollen dem Kunden nicht bloß die Kamera verkaufen, sondern dem Kunden helfen, sich kreativ auszudrücken.“
Lesetipp
Kaum kanalübergreifende Käufe(r): „Nur 4,4 Prozent der Konsumenten haben stationär und online die gleichen Händler im Relevant Set“, sagt Dr. Eva Stüber, Leiterin Research und Consulting am IFH Köln. Die von ihr geleitete neue ECC-Studie „Cross-Channel – Quo Vadis?“ zeigt, dass Multi-Channel-Händler ihre kanalübergreifenden Dienste wie etwa Click & Collect mittlerweile deutlich ausgebaut haben – doch noch sind nur 5,9 Prozent aller Käufe bei diesen Unternehmen echte Cross-Channel-Käufe. Wir haben mit Dr. Eva Stüber beim 31. ECC-Forum „Customer Centricity“ über die neue Studie gesprochen sowie auch darüber, dass Deutschlands Händler das Thema Kundenzentrierung in der Vergangenheit oft aus den Augen verloren haben.
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