Die neue Ära „E-Commerce First“ wird bleiben – doch bleibt Amazon der Gewinner?

von Partnerunternehmen am 11.Februar 2021 in Highlight, Partnerbeitrag, Trends & Analysen

Wie Online-Händler mit klugem Marketing zu den wahren Favoriten werden

Von Kaitlyn WonJung Chang

Der durch Covid-19 beschleunigte E-Commerce-Boom hat die Kundengewohnheiten nachhaltig verändert. Der Marketing-Funnel, wie wir ihn kennen, existiert nicht mehr. Die Regeln des E-Commerce-Erlebnisses, die Amazon einst aufgestellt hat, sind nicht mehr das Erfolgsrezept.

Laut Statistischem Bundesamt ist das Einzelhandelsvolumen in Deutschland im Jahr 2020 so stark gewachsen wie seit 1994 nicht mehr – trotz Pandemie und anschließender Schließungen. Dass dies auf einen Super-Boom im E-Commerce zurückzuführen ist, muss nicht extra betont werden. Amazon Deutschland hat gerade „das beste Quartal seiner Geschichte“ gemeldet und der Bundesverband des Deutschen Versandhandels (BVH) gibt bekannt, dass im vergangenen November und Dezember die E-Commerce-Umsätze um mindestens 35 % höher waren als im Vorjahr. Seit März 2020 hat sich der Einzelhandel, wie wir ihn kannten, komplett verändert – und bald jährt es sich zum ersten Mal, dass die Pandemie die Gegenwart quasi angehalten und uns alle gezwungen hat, in der Zukunft zu leben. Doch eine Frage bleibt: haben wir dieses eine Jahr voll genutzt, haben wir unsere Lehren bereits angewendet und unsere Geschäfte für das „neue Normale“ optimiert?

Die Pandemie hat neue, nachhaltige Gewohnheiten geschaffen:  E-Commerce First wird bleiben

Zu Beginn der Pandemie glaubten einige Skeptiker noch, dass der E-Commerce-Boom vorübergehend sein würde. Doch wie bei jeder neuen Innovation brauchte auch der Akt des Online-Kaufs nur die ersten wenigen „Erfolgserlebnisse“, um den Angstfaktor und die damit verbundenen psychologischen Barrieren zu beseitigen. Inzwischen ist der Konsum über das Internet zur Gewohnheit geworden. Untersuchungen von Amazon belegen, dass während der Pandemie 77 % der britischen Amazon-Käufer ein Produkt kauften, das sie zuvor noch nie auf der Plattform erworben hatten. 97 % gaben an, dass sie Amazon auch weiterhin für neue Kategorien nutzen werden. Unzählige Studien berichten weltweit von einem enormen Wachstum des Online-Shoppings in der älteren Bevölkerung um 65+. Wenn selbst diejenigen, die früher die größten Ängste hatten, nun aus erster Hand gesehen haben, dass es auch Online „funktioniert“ und zudem noch die Bequemlichkeit erlebt haben, gibt es kein Zurück mehr.  Verbraucher haben neue Gewohnheiten entwickelt.

Goodbye Marketing Funnel, hallo Marketing-Strohhalm

Im Kaufverhalten vollzieht sich ein grundlegender Wandel. Auf die Frage nach ihrem letzten Online-Kauf gaben mehr als 80 % der Verbraucher, die ein Markenprodukt auf Amazon gekauft haben, an, dass sie sich an die Produktdetailseite (Product Detail Pages = PDP) erinnern können. Die Frage, ob sie sich an die TV-Werbung für das Produkt erinnern können, bejahten jedoch nur 28 % (Quelle: 2019 Accenture Interactive Digital Marketplace Study). Für die meisten Dinge, die wir heutzutage online kaufen, haben wir weder einen TV-Spot, noch sonstige Werbung gesehen.

Dabei verlassen sich Vermarkter seit fast einem Jahrhundert stark auf den Marketing Funnel, also den Weg des potentiellen Kunden vom Erstkontakt über die Durchführung der gewünschten Aktion bis hin zur Bindung an die eigene Marke. Gemäß dieses Marketing Funnels waren die Kanäle, die Bekanntheit schufen und Verkäufe ankurbelten, früher andere. Verbraucher haben Werbung im Fernsehen gesehen und sind dann in einen Laden gegangen, um das Produkt zu kaufen. Dieses Verhalten ändert sich nun jedoch rapide. Immer mehr Menschen treffen Kaufentscheidungen, die online beginnen und enden, ganz ohne Hilfe von Werbung. Bereits 2016 konnten wir die Verschiebung bei der Produktsuche beobachten – 55 % der US-Konsumenten beginnen ihre Online-Produktsuche auf Amazon, anstatt auf Google, und das mit steigender Tendenz. Wenn wir einen Gartenschlauch brauchen, suchen wir nicht auf Google oder warten, bis wir irgendwann eine Anzeige für Gartenschläuche sehen. Wir gehen direkt zu Amazon, um nach Gartenschläuchen zu suchen, sehen uns die Bewertungen an, vergleichen die Preise und treffen dann unsere Kaufentscheidung. Der Marketing Funnel, wie wir ihn kennen, ist furchtbar antiquiert, denn das heutige Kundenverhalten ähnelt eher einem kurzen, schmalen Strohhalm als einem Funnel. Die Customer Journey findet viel unmittelbarer statt und beginnt und endet immer häufiger auf der E-Commerce Plattform selbst. Dennoch wird das meiste Marketingbudget immer noch für Hochglanzwerbung statt für E-Commerce-Optimierung ausgegeben, was problematisch ist. Diese Verschiebung zu verstehen ist der Schlüssel für Händler und Marketers, um in der neuen Ära von „E-Commerce first“ zu den Gewinnern zu gehören.

Brand Storytelling in den E-Commerce zurückholen

Das digitale Regal, d. h. unsere Produktseiten auf Online-Shopping-Seiten, ist mittlerweile auch das primäre Bord, um das sich Marketer kümmern sollten, und das genauso stark, wie man früher in die Gestaltung der Produkte in den physischen Verkaufsregalen investiert hat. Wenn wir jedoch einen Blick auf die meisten E-Commerce PDPs werfen, sehen die meisten auffallend ähnlich aus – trocken, technisch, ohne Brand Storytelling. Auf Amazon fühlt sich eine PDP für eine 50.000-Euro-Rolex-Uhr aufgrund der Einschränkungen und strengen Richtlinien nicht viel anders an als eine PDP für 50-Euro-Nike-Laufschuhe. Das Gefühl, das ein Konsument bekommt, wenn er sich ein Stück Werbung der Marke Puma in Magazinen oder auf Plakatwänden ansieht, geht auf dem PDP völlig verloren, der in der Regel völlig klinisch daherkommt.

Auch wenn dies Amazon anfangs geholfen hat, seine Plattform zu straffen und einen gewissen Mindeststandard für alle Anbieter zu gewährleisten, ist das nackte, klinische Erlebnis ohne jegliches oder minimales Brand Storytelling natürlich weit vom idealen Einkaufserlebnis entfernt. Übertragen auf das Offline-Einkaufserlebnis wird die Absurdität deutlich. Das ist so, als würde man Rolex-Uhren im gleichen sauberen, aber schmucklosen Supermarktregal direkt neben Nike-Schuhen und Toilettenpapier verkaufen, anstatt in einem luxuriösen Markenshop oder Kaufhausumfeld. Ja, natürlich wird immer noch verkauft, aber dadurch läuft das Erlebnis zu oft nur noch auf einen Preiswettbewerb hinaus. Es wird zu einem reinen Kaufvorgang.

Von Product Detail Pages (PDP) zu Product Experience Pages (PXP)

Playmobil betreibt einen Marken-Store auf Amazon

Amazon selbst hat begonnen, diese Lücke zu erkennen und für seine Lieferanten verschiedene neue Möglichkeiten für mehr Brand Storytelling auszurollen, die weltweit führende Marken bereits in verschiedenen Formen wie Brand Stores oder A+ Content ausprobieren. Dieser Trend wird sich in diesem Jahr sicherlich weiter entwickeln, wobei auch die Preisgestaltung für solche Möglichkeiten detaillierter und aufwendiger werden wird. Allerdings bieten die meisten E-Commerce-Seiten, die nicht zu Amazon gehören (eigene/unabhängige Shops oder Plattformen), immer noch ein ähnliches Erlebnis wie die grundlegenden Amazon PDPs, rein aus Gewohnheit – und das muss sich ändern.

Um die Erfahrung der Konsumenten mit Marken auf E-Commerce-Shops bestmöglich zu optimieren, wird ein hybrides Team aus völlig unterschiedlichen Experten benötigt. Auf der einen Seite diejenigen, die die „In’s und Out’s“ des E-Commerce verstehen, und auf der anderen Seite all die, die Marken und Storytelling grundlegend begreifen. Mit einem solchen hybriden Team von Talenten wird es möglich, die E-Commerce-Optimierung aus völlig neuen Blickwinkeln zu betrachten. Zum Beispiel: Vorhandene kreative Inhalte wie Videos und Grafiken sollten viel proaktiver im E-Commerce genutzt werden, inklusive gut funktionierender Social Media Inhalte. Der visuelle Vergleich von Produkten müsste erleichtert und der gesamte Kaufentscheidungsprozess attraktiver und ansprechender gestalten werden. „Word-of-mouth“ wie z. B. Rezensionen sollten zum Leben erweckt und die Verbindung zwischen Social- und E-Commerce maximiert werden. Das muss automatisiert werden, was normale Verkäufer in physischen Geschäften auf bestehenden Werbekanälen tun würden, wenn Kunden Werbung sehen und das Interesse geweckt wird. Die Möglichkeiten sind hier endlos.

Kleine Optimierungen, große Wirkung

Die Testergebnisse des Pilotprojekts Brand Experience for Commerce (BXC) von Accenture Interactive zeigen bereits sehr vielversprechende Ergebnisse. Da der aktuelle Status Quo in Bezug auf das Brand Storytelling im E-Commerce so einfach ist, zeigen selbst kleine Änderungen und Optimierungen wie die Änderung des Markennamens, die Entfernung von nicht optimierten erweiterten Inhalten, sowie das Einholen von mehr Bewertungen eine Steigerung der Konversionsrate von bis zu 43 %. Das bedeutet, dass es für smarte Unternehmen viel Raum gibt, zukünftig nicht nur neben Amazon bestehen zu können, sondern sogar zu den neuen Gewinnern im Online-Handel zu avancieren. Mit 2021 scheint die Zeit des E-Commerce endlich gekommen.

Über die Autorin:

Kaitlyn WonJung Chang ist Brand Innovation Lead bei Accenture Interactive und für Brand Experience for Commerce (BXC)-Themen in der DACH Region tätig. Kaitlyn wurde in Süd-Korea geboren, ist in den USA aufgewachsen und lebt und arbeitet seit 2012 in Wien. 2019 war sie Jurymitglied bei den Cannes Lions für die Kategorie Innovation Lions, und 2018 für Eurobest für die Kategorien Innovation und Creative Data. Von den 17 Jahren ihrer Karriere verbrachte sie 10 Jahre in der Samsung Group, zuletzt als Managing Director der Kreativ-Agentur Cheil Worldwide in Wien, wo sie mit dem operativen Geschäft in Österreich und der Schweiz betraut war. Ihre Arbeit wurde mit über 60 internationalen Kreativ- und Innovationsawards ausgezeichnet, darunter Cannes Lions, Clios, D&AD, Webbys und CCA. Seit 2021 ist sie Vorstandsmitglied bei Strategie Austria.

Über das Unternehmen:

Accenture als ein weltweit führender Dienstleister und Innovationstreiber im Bereich digitaler Transformationen unterstützt Unternehmen von der Strategie über die Umsetzung bis hin zum laufenden Betrieb.


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