Emmas Enkel macht sich fit für die Expansion.

von Matthias Hell am 17.März 2015 in Local Heroes

Mit der Beteiligung des Handelsschwergewichts Metro ist Emmas Enkel reif für die deutschlandweite Expansion. Doch lässt sich das Food-Startup nicht hetzen und feilt erst einmal an möglichen Filialmodellen – sowohl nach dem Franchise-Prinzip wie in Partnerschaft mit bestehenden Händlern. Und auch bei der Weiterentwicklung des Onlineshops ist noch so manche Herausforderung zu meistern.

Die Emmas-Enkel-Gründer: Benjamin Brüser (links) und Sebastian Diehl (rechts)

Die Emmas-Enkel-Gründer: Benjamin Brüser (links) und Sebastian Diehl (rechts)

Wer die Stimmen rund um die 15-prozentige Beteiligung der Metro-Group an Emmas Enkel im vergangenen Dezember verfolgte, konnte denken, das Food-Startup habe den Masterplan für den deutschlandweiten Siegeszug bereits in der Schublade. Doch wie ein Besuch im Stammgeschäft in Düsseldorf zeigt, ist bei Emmas Enkel derzeit noch Feinarbeit angesagt und feilen die Gründer an der Weiterentwicklung des Filialgeschäfts. Neben dem Düsseldorfer Laden am umtriebigen Innenstadtring Berliner Allee betreibt Emmas Enkel ein weiteres Geschäft im benachbarten Essen. Seit November 2014 hat das Startup zudem seine Fühler in die Hauptstadt ausgestreckt – über eine Partnerschaft mit dem Lebensmittelladen Nah & Frisch in Berlin-Wilmersdorf, das intern unter dem Namen „Onkel Rudi“ läuft. Das begriffliche Pendant zu „Tante Emma“ verdeutlicht auf humorvolle Weise, dass Emmas Enkel für die anstehende Expansion auf verschiedene Filialkonzepte setzt.

Das 2013 eröffnete Geschäft in Essen steht dabei für das Expansionskonzept Franchise. Auch wenn der ursprüngliche Franchisenehmer nach gesundheitlichen Problemen nicht mehr an Bord ist und die Filiale inzwischen von der Emmas-Enkel-Tochter Ruhrkonzepte GmbH betrieben wird, wird an dem Standort weiterhin gezielt die Vervielfachung des Düsseldorfer Stammgeschäfts erprobt. Allerdings durchaus mit standortspezifischen und lokalen Abweichungen: „Uns geht es um ein weiches Franchisekonzept, bei dem es zwar gewisse Gemeinsamkeiten gibt, aber auch örtliche Besonderheiten eine wichtige Rolle spielen, wie zum Beispiel unsere lokalen ‚Heldenprodukte’“, berichtet Emmas-Enkel-Gründer Benjamin Brüser. So habe in Essen auch das mittägliche Gastronomieangebot eine größere Bedeutung, was in dem kleineren Geschäft nur dadurch möglich sei, dass die beweglichen Regale zur Mittagszeit zur Seite geschoben werden könnten. Es sei gut möglich, dass diese Idee künftig auch in dem Laden in Düsseldorf umgesetzt werde. „Der Kunde nutzt in verschiedenen Situationen unterschiedliche Lebensmittelkanäle. Uns geht es nun darum, diese in einem Laden zu kombinieren“, so Brüser.

Die Läden sind die Storefront für das E-Commerce-Geschäft

Die QR-Code-Wand signalisiert, dass im Berliner Nah & Frisch nun auch Emmas Enkel steckt

Die QR-Code-Wand signalisiert, dass im Berliner Nah & Frisch nun auch Emmas Enkel steckt

Während das Geschäft in Essen unter dem Namen Emmas Enkel neu eröffnet wurde, verfolgt das Unternehmen mit seiner Präsenz in Berlin eine andere Strategie. Hier hat sich Emmas Enkel mit Nah & Frisch ein bestehendes, im Kiez gut eingeführtes Lebensmittelgeschäft gesucht, das als lokale Anlaufstelle für das Food-Startup fungiert. Außer der typischen QR-Code-Bestellwand und einem kleinen Schild wurde an dem Geschäft äußerlich kaum etwas verändert. „Es handelt sich hier um einen bestehenden Händler, der alleine nie online gehen würde“, erzählt Benjamin Brüser. „Der Laden läuft auch weiterhin so wie bisher, allerdings mit der Logistik und Plattform von Emmas Enkel dahinter.“ So könnten Berliner Kunden ihre Online-Bestellungen in dem Geschäft abholen, gleichzeitig fungiere der Laden auch als Basis für Lebensmittellieferungen im Hauptstadtgebiet, die über den Feierabend-Service von DHL abgewickelt würden. „Emmas Enkel, powered by Onkel Rudi“ stehe damit als Beispiel für die Idee, das Konzept des Lebensmittel-Startups in bestehende Läden zu integrieren.

Sowohl bei diesem Modell wie auch beim Franchise-Konzept ist das stationäre Geschäft aber immer nur im Zusammenhang mit dem Onlineshop von Emmas Enkel zu sehen. Die Tante-Emma-Läden nehmen bei dem Düsseldorfer Unternehmen gewissermaßen die Rolle von Brückenköpfen für das dahinterstehende E-Commerce-Geschäft ein: indem Kunden in den Läden Bestellungen abholen oder aufgeben können, werden die Hemmschwellen zum Online-Kauf von Lebensmitteln gesenkt. Gleichzeitig fungieren die Filialen als Logistik-Standorte, aus denen heraus die Lieferungen im Einzugsgebiet abgewickelt werden. Dass der Kern von Emmas Enkel im Online-Geschäft liegt, zeigt auch die Umsatzentwicklung. Wie Benjamin Brüser berichtet, nehmen Online-Bestellungen inzwischen rund 70 Prozent des Gesamtgeschäfts von Emmas Enkel ein. Dennoch falle der lokale Ebene bei dem Startup eine wichtige Rolle zu: „Der Genius loci muss bei uns da sein. Wenn wir auf tolle Händler und Menschen stoßen, dann wollen wir diese auch weiterfördern.“ Der Vorteil bei der Verknüpfung von Online- und Stationärgeschäft sei bei Emmas Enkel, dass das unabhängig von der jeweiligen Ladengröße möglich sei.

Von ganz klein bis groß – verschiedenste Ladenformate vorstellbar

Einen Barcode-Scanner gibt es bereits in der Emmas-Enkel-App - werden künftig auch Kühlschränke direkt bei dem Lebensmittel-Shop nachbestellen?

Einen Barcode-Scanner gibt es bereits in der Emmas-Enkel-App – werden künftig auch Kühlschränke direkt bei dem Lebensmittel-Startup nachbestellen?

Auch wenn die Lernkurve in den Emmas-Enkel-Filialen in Essen und Berlin noch nicht an ihrem Ende angekommen ist, stehen dem Unternehmen damit doch zwei gute Alternativkonzepte zur Verfügung, um die nach dem Einstieg der Metro-Group beabsichtigte Expansion voranzutreiben. „Die Metro ist einer der großen Handelskonzerne. Dass sich so jemand an uns beteiligt, war für uns ein Ritterschlag“, erklärt Benjamin Brüser. Gleichzeitig habe die Beteiligung auch wichtige logistische Fragen gelöst. So ist vereinbart, dass künftige Filialen von der Metro-Tochter Real beliefert werden. Denkt man die Begeisterung der Metro für das Konzept von Emmas Enkel weiter, so könnte man sich leicht die Schaffung einer Alternative zu kompakten Supermarkt-Formaten wie Rewe to go vorstellen – allerdings mit stärkeren lokalen Touch und Online-Anbindung. Emmas-Enkel-Gründer Brüser findet diese Idee nicht per se negativ, sieht sein Unternehmen aber auf eine größere Vielfalt ausgelegt: „Für uns sind Flächen von zwei bis 300 Quadratmeter interessant. Das kann eine Abholstation auf einem Firmencampus sein, aber auch ein kleiner Supermarkt. Unser Konzept ist flexibel, die Hauptsache ist, dass wir den Bedürfnissen der Kunden entgegenkommen.“ Benjamin Brüser geht davon aus, dass man 2015 noch mehr zur stationären Entwicklung von Emmas Enkel hören wird, bremst aber überzogene Erwartungen: „Ein guter Enkel braucht zehn Monate bis er auf der Welt ist.“

Parallel zu den stationären Formaten wird auch der Onlineshop von Emmas Enkel kontinuierlich weiterentwickelt. Das liegt zum einen an neuen gesetzlichen Vorgaben, die eine komplette Überholung sämtlicher Artikelinfos nötig machen. Aber auch an den spezifischen Herausforderungen, die sich dem Lebensmitteleinzelhandel stellen. „Schon die Suche ist ein Riesenproblem: eine Karotte kann regional auch Möhre oder Rübe heißen. Und eine Seife ‚Milk & Honey’ ist nicht der richtige Treffer für einen Kunden, der nach Honig sucht.“ Während man also auf der einen Seite an einer semantischen Suchfunktion arbeite, versuche man gleichzeitig das Thema Inspiration weiterzutreiben, um Kunden auch online ähnliche Kaufanreize wie im stationären Geschäft zu geben. Wie Benjamin Brüser berichtet, denke das Team von Emmas Enkel zudem über Abonnements für Dinge des alltäglichen Bedarfs nach, ebenso wie über Ernährungs-Tipps sowie die Einbindung einer Lebensmittelampel in den Onlineshop. Und selbst wenn es um Innovationen im Internet of Things geht, wie den selbstständig nachbestellenden Kühlschrank, ist das Lebensmittel-Startup gefordert. Langweilig dürfte es den Emmas-Enkel-Gründern also noch lange nicht werden.


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