Handel im Wandel: Durch die Woche mit Tino Hartmann von Baby Sweets.

von Kay Ulrike Treiß am 17.Oktober 2018 in Fragebögen, News

Tino Hartmann (links) gemeinsam mit seinem Co-Gründer Tom Wachsmann (rechts)

„Nach nur 24 Monaten haben wir heute alleine auf Facebook 380.000 Follower und erreichen mit unseren eigenen Beiträgen durchschnittlich über 2 Millionen Personen pro Woche“, sagt Tino Hartmann, einer der Gründer und Geschäftsführer von Baby Sweets. Das Startup ist ein junger Onlineshop mit ausgefallener und modebewusster Babybekleidung, Accessoires und Gadgets für die Kleinsten im Alter von null bis zwei Jahren. Erst im September wurde bekannt, dass bmp Ventures und GMPVC German Media Pool einen 7-stelligen Betrag in Baby Sweets investieren. Derzeit beschäftigt das Unternehmen neben den beiden Gründern zehn Festangestellte. „Sicherlich steht ein Concept- oder Popup-Store für uns in absehbarer Zukunft auch auf der Prio-Liste. Hier sind die Innenstadtlagen in Leipzig oder Halle regional natürlich am spannendsten, aber auch ein Werksverkauf an unserem neuen Standort nahe des Nova Eventis (zwischen Halle und Leipzig) wäre sicherlich eine spannende Überlegung“, sagt Tino Hartmann. In unserem Händler-Fragebogen verrät der 32-Jährige, wie es gelingt „das Offline-Shopping weiterhin attraktiv zu halten, auch wenn sich die Innenstadt-Flächen eher zu Popup- oder Concept-Stores entwickeln.“

Location Insider: Wie würden Sie die momentane Situation des stationären Handels in einem Satz beschreiben?

Tino Hartmann: Der stationäre Handel dient mehr und mehr als Schaufenster und Zuarbeiter für den Online-Handel.

Location Insider: Welcher Tag der vergangenen Woche war der Beste aus Händlerperspektive und warum?

Tino Hartmann: Der goldene Herbst bringt die Leute gerade nochmal nach draußen, das ist für uns Händler natürlich eher schwierig. Ansonsten war sicherlich wieder für die Kandidaten und Startups aus der letzten Folge von „Die Höhle der Löwen“ der Dienstag der beste Tag.

Location Insider: Worüber haben Sie sich diese Woche besonders beim Einkaufen im Laden gefreut?

Tino Hartmann: Dass ich mein Frühstück zuverlässig jeden Morgen im nahe gelegenen Nahkauf einkaufen kann und hier nicht auf den Online-Handel und Lieferzeiten angewiesen bin. 😉 Außerdem konnte ich zwei neue Hosen direkt im Geschäft anprobieren und mitnehmen, ohne mich mit Retoure-Sendungen, weil etwas ggf. nicht passt, rumschlagen zu müssen.

Location Insider: Und worüber haben Sie sich geärgert?

Tino Hartmann: Ich finde es (eigentlich immer) ärgerlich, wenn Versandunternehmen Lieferversprechen geben und diese nicht einhalten können… In solchen Fällen kauft man Produkte dann doch lieber tagesaktuell im stationären Handel.

Location Insider: Mit wem wollen Sie nie an der Kasse stehen, wenn Sie Unterwäsche kaufen? Oder kaufen Sie diese deshalb nur online?

Tino Hartmann: Ich denke, aus diesem Grund kaufe ich sie lieber online – aber vor allem, weil man zeitbedingt ohnehin meist nur am Wochenende dazu kommt offline zu shoppen und sich dann auf lange Warteschlangen an den Kassen „freuen“ darf. 😉

Location Insider: Tante Emma oder Supermarkt?

Tino Hartmann: Supermarkt.

Location Insider: Chatbots, Sprachassistenten, Virtual Reality, Internet der Dinge – Welche Technologie optimiert aus Ihrer Sicht das Einkaufserlebnis für Kunden?

Tino Hartmann: Aus meiner Sicht bietet ganz klar die intelligente Verknüpfung von Daten, seien es Kunden-, Verhaltens- oder Interessensdaten, und den Möglichkeiten zur gezielten Ansprache und Kommunikation mit Kunden über sozial getriebene Kanäle die größten Möglichkeiten, das Einkaufserlebnis für Kunden zu verbessern. Aus meiner Sicht wird und sollte das Marketing und die Kommunikation mit den Kunden mehr und mehr zu einer personalisierten Interaktion führen, wodurch man den Kunden z.B. durch kuratierte Empfehlungen bewusst Schritte innerhalb der Customer Journey abnimmt und diese direkter zum Checkout und Kaufprozess führt. Das Ganze passiert natürlich im Wesentlichen aus dem Antrieb der Händler heraus. Ich denke, es wird mit der Zeit immer wichtiger, die eigenen Kunden zu inspirieren als nur direkte Nachfrage zu bedienen.

Location Insider: Verraten Sie uns Ihr Vorbild im Stationärhandel und warum der alles richtig macht?

Tino Hartmann: Auch wenn sicherlich einige Stimmen direkt aufspringen und die Stirn runzeln – ganz klar: Primark! Ich finde es erstaunlich, wie man es in den letzten Jahren trotz gegenläufiger Entwicklung zum Online-Handel hin geschafft hat, ein stationäres Handelsmodell aufzubauen bzw. international zu skalieren und dabei gleichzeitig eine Nachfrage geschaffen hat, die die Leute auch von weit weg in die Stores führt – und das ohne eigenen Online-Shop. Im Grunde wurde hier komplett gegen den Trend kein Online-Business aufgebaut, sondern bewusst – sicherlich auch geprägt durch günstige Preise und die Ansprache der passenden breiten Zielgruppe – der stationäre Handel gewählt. Über ethische Grundsätze, Produktionsbedingungen etc. kann man sicherlich streiten, aber das Modell Primark funktioniert, auch ohne Online-Shop!

Location Insider: Ist Ihr Job für Sie Beruf oder Berufung?

Tino Hartmann: Mein Job ist natürlich eine Berufung für mich! Dadurch, dass ich im Online-Marketing groß geworden bin, sucht man natürlich stets nach neuen Möglichkeiten sein Online-Business zu beleben, neue Trafficquellen zu finden und die Kunden an den richtigen Touchpoints anzusprechen. Hierzu braucht man schon eine gewisse Berufung, um kreative Ansätze entwickeln und umsetzen zu können.

Location Insider: Welche Schlagzeile wollen Sie auf keinen Fall über sich im „Handelsblatt“ lesen?

Tino Hartmann: „Die Qualität der süßen Babymode von Baby Sweets ist ungenügend!“

Location Insider: Nehmen wir an, Sie hätten einen Wunsch frei: Wie sähe der stationäre Handel in fünf Jahren aus, wenn Sie es sich aussuchen könnten?

Tino Hartmann: Ich wünsche mir, dass die Verzahnung von Online- und Offline-Handel noch stärker zunimmt und die Vorteile aus beiden Kanälen zusammenfließen und den jeweils anderen befruchten. Ich hoffe auch, dass auch im stationären Handel noch mehr die bereits bestehenden technischen Möglichkeiten genutzt werden, sei es im Bereich Payment oder Kuratierung, um direkter auf die Kundenbedürfnisse einzugehen. Damit wird man es auch schaffen, das Offline-Shopping weiterhin attraktiv zu halten, auch wenn sich die Innenstadt-Flächen eher zu Popup- oder Concept-Stores entwickeln.

Location Insider: Vielen Dank für die spannenden Antworten!

Lesen Sie auch die vorherigen Fragebögen unserer Serie “Durch die Woche mit…”.


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