Handel im Wandel: Durch die Woche mit den Gründerinnen von Wundercurves.

von Kay Ulrike Treiß am 25.Juli 2018 in Fragebögen, News

Tiffany La und Christiane Seitz sind die Gründerinnen von Wundercurves

„Bevor wir von Technologie und digitalen Wandel sprechen, können ganz simple Bedingungen geändert werden“, sagt Tiffany La. Und ihre Mitgründerin von Wundercurves, Christiane Seitz, ergänzt: „Ich hab noch kein stationäres Einzelhandelsgeschäft hier in Deutschland gesehen, das ich wirklich als Vorbild bezeichnen würde – vor allem natürlich in Bezug auf große Größen.“ 2016 haben die beiden das Leipziger E-Commerce-Startup Wundercurves für Mode ab Größe 42 gegründet. Im Podcast berichtete Wundercurves-Geschäftsführer Stephan Schleuss gestern, wie Wundercurves den Markt für große Größen umkrempelt. Die Beweggründe für den Aufbau ihres eigenen Fashion-Angebotes waren für Nane (30) und Tiff (24) rein „egoistischer Natur“: Viele Modemarken und Shops schenken Damenmode ab Größe 42 wenig Beachtung. Im Händler-Fragebogen von Location Insider verraten die beiden, dass sie „von einem virtuellen Spiegel in der Kabine“ (Tiff) und „einem großen Store, der kleine und große Größen vereint“ (Nane) träumen.

Location Insider: Wie würden Sie die momentane Situation des stationären Handels in einem Satz beschreiben?

Tiff: In Hinblick auf den digitalen Fortschritt ist hier noch eine Menge Aufholbedarf, um den typischen Online-Shopper als auch den treuen Kunden bedienen zu können.

Location Insider: Welcher Tag der vergangenen Woche war der Beste aus Händlerperspektive und warum?

Nane: Aus unserer Perspektive heraus war der erfolgreichste Tag definitiv der vergangene Sonntags. Generell am Wochenende sind die Zahlen besser, die Leute sind zu Hause, arbeiten nicht und nehmen sich Zeit, um online auf Shopping-Tour zu gehen. Dann kam noch das etwas verregnete Wetter dazu, was uns in die Karten gespielt hat.

Location Insider: Worüber haben Sie sich diese Woche besonders beim Einkaufen im Laden gefreut?

Tiff: Ich fand es klasse, dass ich teilweise Kleidungsstücke in meiner Größe entdeckt habe oder diese weiter geschnitten waren, sodass ich reingepasst habe! Größere Größen werden immer mehr im normalen Sortiment aufgenommen, sodass wir kurvige Frauen auch endlich die Trends mittragen können.

Location Insider: Und worüber haben Sie sich geärgert?

Tiff: Die großen Größen sind im stationären Handel unheimlich schnell vergriffen, weshalb das Einkaufen im Laden sich schnell zu einem traurigen Erlebnis entwickeln kann, wenn man merkt, dass die eigene Größe gar nicht vorhanden oder bereits ausverkauft ist und sich die Shopping-Tüte mit Schuhe und Taschen füllt anstatt mit Kleidern. Außerdem gibt es die gesuchten Größen meist hinten in einer Ecke zu finden, wo nicht selten lieblos ausgewählte Produkte in gedeckten Farben auf mich warten.

Location Insider: Mit wem wollen Sie nie an der Kasse stehen, wenn Sie Unterwäsche kaufen? Oder kaufen Sie diese deshalb nur online?

Nane: Ich bin da relativ schmerzfrei, Unterwäsche „offline“ zu kaufen, ist gar kein Problem – und es kann auch ruhig jeder sehen. 😉

Location Insider: Tante Emma oder Supermarkt?

Nane: Tante Emma Laden!

Location Insider: Chatbots, Sprachassistenten, Virtual Reality, Internet der Dinge – Welche Technologie optimiert aus Ihrer Sicht das Einkaufserlebnis für Kunden?

Tiff: Bevor wir von Technologie und digitalen Wandel sprechen, können ganz simple Bedingungen geändert werden. Angefangen von größeren Umkleidekabinen, über eine bessere Beleuchtung oder gar den eigenen Bedürfnissen anpassbares Licht bis hin zu mehr Größenvielfalt auf der Fläche. Es gibt aber durchaus einige digitale Features, die integriert werden können. Zum Beispiel gibt es die App MySizeID, die mit Hilfe von Smartphone-Sensoren die Maße einer Person messen kann und somit die Konfektionsgröße mit der Größentabelle einer Marke abgleichen und einem helfen kann, die richtige Größe auszuwählen. Auch träume ich noch von einem virtuellen Spiegel in der Kabine: Oft hat man die Situation, dass man ein Kleidungsstück seiner Wahl in die Kabine mitgenommen hat und doch eine andere Größe ausprobieren will, aber nicht extra wieder rausgehen und sich erinnern muss, wo es hang. Es virtuell auszusuchen, “anzuprobieren” und weitere Details wie vorhandene Größen, Preis, Material, usw. wären sehr hilfreich und helfen bei der Kundenbindung.

Location Insider: Verraten Sie uns Ihr Vorbild im Stationärhandel und warum der alles richtig macht?

Nane: Ganz ehrlich, ich hab noch kein stationäres Einzelhandelsgeschäft hier in Deutschland gesehen, das ich wirklich als Vorbild bezeichnen würde – vor allem natürlich in Bezug auf große Größen. Der Les Soeurs Shop in Berlin hat einen tollen Raum für Curvy Mode geschaffen, hier sind auch Faktoren wie gute Umkleidekabinen und Co. beherzigt worden. Was ich mir aber wünsche, ist ein wirklich großes Geschäft mit ansprechender kurviger Mode, toller Ausleuchtung, großen Umkleidekabinen, persönlichen Beratern, aber auch digitalen Gadgets wie virtuelle Berater und Inspirationsgeber. Ganz wichtig auch: Aufsteller mit kurvigen Models und kurvige Schaufensterpuppen. Das angestrebte Ideal sollte aber ein großer Store sein, der kleine und größe Größen vereint. Der es möglich macht, mit jeder Deiner Freundinnen im gleichen Laden etwas zu finden, den gleich Trend mitzumachen.

Location Insider: Ist Ihr Job für Sie Beruf oder Berufung?

Tiff: Mein Job ist ganz klar Berufung! Nirgendwo anders habe ich die Möglichkeit mit einem so großartigen Team zu arbeiten und in dem ich meine Interessen im Job so ausleben kann. Da ich im Content- als auch im Business Administration-Team bin, wird mir nie langweilig!

Location Insider: Welche Schlagzeile wollen Sie auf keinen Fall über sich im „Handelsblatt“ lesen?

Nane: „Shopping-Platform Wundercurves für große Größen eingestellt“ 🙂 Nein im Ernst, es gibt schon das ein oder andere, das man nicht so gerne liest – seien es nur all die Wortspiele wie „Dick im Geschäft“ oder die klassischen Stigmatisierungen und Stereotypen von kurvigen Frauen.

Location Insider: Nehmen wir an, Sie hätten einen Wunsch frei: Wie sähe der stationäre Handel in fünf Jahren aus, wenn Sie es sich aussuchen könnten?

Tiff: Ich wünsche mir im stationären Handel, dass zwischen Normal-, Zwischen- und Übergrößen kein Unterschied gemacht werden – weder preislich, in der Kundenberatung noch in der Hochwertigkeit der Designs und des Interiors – und diese alle zusammenkommen.

Location Insider: Vielen Dank für die spannenden Antworten!

Lesen Sie auch die vorherigen Fragebögen unserer Serie “Durch die Woche mit…”.


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