Handel im Wandel: Durch die Woche mit Wolf Jochen Schulte-Hillen.

von Kay Ulrike Treiß am 02.August 2017 in Fragebögen, Highlight, News

Kaum einer kennt den deutschen und internationalen Handel so gut wie er: Wolf Jochen Schulte-Hillen gründete 1973 SH Selection, ein Vertriebsunternehmen für Sportbekleidung, das seit 1996 als internationales Beratungsunternehmen operiert. Er verhalf Kunden wie Sephora, Benetton, Skechers oder Zara zum deutschen bzw. europäischen Markteintritt und auch gleich zu passenden Immobilien. Zudem entwickelte er Nutzungskonzepte für Shoppingcenter wie das Alexa in Berlin. Nebenbei hält der frühere Leichathlet seit über 50 Jahren den deutschen Staffelrekord über dreimal 1.000 Meter. Im Händler-Fragebogen von Location Insider erzählt Wolf Jochen Schulte-Hillen, was die kleinen Läden in den Niederlanden denen in Deutschland voraus haben und verrät seinen 10-Punkte-Plan für den Handel in fünf Jahren.

Location Insider: Wie würden Sie die momentane Situation des stationären Handels in einem Satz beschreiben?

Wolf Jochen Schulte-Hillen: Die allgemeine Einzelhandel-Konjunkturlage ist zwar aufgrund der Verbraucherstimmung im laufenden Jahr 2017 auf recht hohem Niveau, vielen stationären Händlern fällt jedoch der Anschluss an neue Herausforderungen mit eigenen Konzepten nach wie vor schwer.

Location Insider: Welcher Tag der vergangenen Woche war der Beste aus Händlerperspektive und warum?

Wolf Jochen Schulte-Hillen: Im Laufe der Kalenderwoche 30 folgte die Kundenstimmung dem Wetter. Bei dem regnerischen Wetter gab es keine Händlerfreude. Ausnahmen bildeten Städte mit großem Programm wie z.B. die Skulpturenausstellung in Münster, wovon auch der Einzelhandel deutlich profitierte.

Location Insider: Worüber haben Sie sich diese Woche besonders beim Einkaufen im Laden gefreut?

Wolf Jochen Schulte-Hillen: Meine Storebesuche verbrachte ich in den letzten Tagen in verschiedenen kleinen Städten in Holland. Die kleinen individuell ausgerichteten Stores in der Nachbarschaft waren oft in Verbindung mit traditioneller und neuer Gastronomie, die auch am Sonntag geöffnet hatten und für hohe Besucherfrequenzen und Umsätze sorgten. Erfrischend! Das ausnehmend freundliche Personal ließ das auch dort meist schlechte Wetter vergessen.

Location Insider: Und worüber haben Sie sich geärgert?

Wolf Jochen Schulte-Hillen: Über die schlechte und unfreundliche Abwicklung eines Sportgerätehändlers bei einem Reklamationsfall.

Location Insider: Mit wem wollen Sie nie an der Kasse stehen, wenn Sie Unterwäsche kaufen? Oder kaufen Sie diese deshalb nur online?

Wolf Jochen Schulte-Hillen: Ich habe keine Berührungsängste, wenn ich Unterwäsche kaufe.

Location Insider: Tante Emma oder Supermarkt?

Wolf Jochen Schulte-Hillen: Beide Formate können mich begeistern, wenn Angebot und Atmosphäre stimmen. Ich freue mich schon auf die Eröffnung vom neuen Zurheide in Düsseldorf. Außerdem bin ich begeisterter Kunde in kleinen Läden mit Spezialitäten und lasse mich von Angeboten überraschen.

Location Insider: Welche Schlagzeile wollen Sie auf keinen Fall über sich im „Handelsblatt“ lesen?

Wolf Jochen Schulte-Hillen: Ich habe über 40 Jahre keinen und werde auch keinen Stoff für negative Schlagzeilen liefern.

Location Insider: Nehmen wir an, Sie hätten einen Wunsch frei: Wie sähe der stationäre Handel in fünf Jahren aus, wenn Sie es sich aussuchen könnten?

Wolf Jochen Schulte-Hillen: Es bleibt nicht bei einem Wunsch:

  1. Läden, die eine hybride Shopping Experience nicht nur versprechen, sondern auch realisieren.
  2. Den Kunden in den Mittelpunkt stellen – dessen Bedürfnisse der Verkäufer kennt – unabhängig davon, ob er on – oder offline kauft. Künstliche Intelligenz unterstützt den Verkäufer dabei.
  3. Customer Centricity bedeutet für mich auch permanent wechselnde Warenangebote, neben wertigen Basics, passend zum sorgsam kuratierten Ambiente, zu inszenieren. Ungezwungene Interaktion zwischen Anbieter und Kaufinteressierten. Ohne Druck.
  4. Mitarbeiter sprechen auf Augenhöhe mit den Kunden.
  5. Abläufe sind so einfach wie möglich gestaltet. Gutes Beispiel: Das Amazon-Go-Konzept, ergänzt um waren- und markterfahrene Verkaufsmanager, wird gekonnt gemischt.
  6. Weiterentwickelte „All Around Services“ sind selbstverständlich.
  7. Mit „In Store Manufacturing“ wird die Wertigkeit von einzelnen Warengruppen herausgestellt, und schafft somit Lust sich mit den Produkten auseinanderzusetzen, selbst zu kreieren. 3D-Drucker unterstützen dabei.
  8. Kurz: „Erlebniskauf statt Versorgungskauf“!
  9. Flexibilität und Schnelligkeit haben bisherige Versorgungsstrukturen abgelöst!
  10. Die Standortfrage „location, location, location”  ist in der Customer Journey abgelöst vom “Destination Shopping”, wo  “Content, Context und die Community“ Mittelpunkt vom Erlebnisshopping wird.

Mehr dazu in meinem Interview mit dem Handelsjournal vom vergangenen Oktober.

Lesen Sie auch die vorherigen Fragebögen unserer Serie “Durch die Woche mit…”.


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