Handel im Wandel: Wolfgang Heinrich von Tastemaker.

von Kay Ulrike Treiß am 06.November 2019 in Fragebögen, News

„Es gibt für mich größtenteils keinen Grund mehr stationär zu kaufen“, sagt Wolfgang Heinrich, Gründer von Tastemaker. Im Oktober 2018 hat der geborene Reutlinger seinen Onlineshop für Uhren nebenberuflich gestartet. Heinrichs lokale Verbundenheit repräsentiert das Logo von Tastemaker: eine Brezel – Stuttgarts lokale Spezialität. Die Armbänder stammen aus Deutschland und die Uhren werden im Nordschwarzwald in Pforzheim gebaut. Damit realisierte der 43-Jährige seinen Traum: „Mein Wunsch war immer, etwas Eigenes zu versuchen“, sagt Heinrich, der moderne und dennoch zeitlosen Uhren im mittleren Preissegement mit dem Label „Made in Germany“ anbietet. Der Verkauf der Uhren erfolgt bisher ausschließlich D2C (Direct to consumer) über einen Webshop (mehr dazu auch im Shopify-Blog). Im Fragebogen von Location Insider verrät Wolfgang Heinrich, warum eine berühmte Sportmarke sein Vorbild im Stationärhandel ist.

Location Insider: Wie würden Sie die momentane Situation des Handels in einem Satz beschreiben?

Wolfgang Heinrich: Eine im Umbruch befindende Branche ohne Kundenfokus, welche schnellstmöglich versuchen muss, den Faktor Spaß und Erlebnis in ihre Geschäfte zu bringen, um langfristig überleben zu können.

Location Insider: Welcher Tag der vergangenen Woche war der Beste aus Händlerperspektive und warum?

Wolfgang Heinrich: Nach einem Jahr Online-Präsenz hatte ich mit meiner ersten Messepräsenz die Chance, stationär erfolgreich meine Uhren an den Mann & die Frau bringen zu können. Da ich sonst nur online verkaufe, war es spannend auch neue Zielgruppen, die online evtl. schwer erreichbar gewesen wären, direkt am Stand bedienen zu können.

Location Insider: Worüber haben Sie sich zuletzt besonders beim Einkaufen gefreut?

Wolfgang Heinrich: Dass trotz der Übermacht der großen Ketten, dem Einheitsbrei in den Fußgängerzonen und trotz großer Hürden doch immer wieder neue, kleine Concept Stores entstehen und damit Vielfalt und Individualität in den Einzelhandel bringen.

Location Insider: Und worüber haben Sie sich geärgert?

Wolfgang Heinrich: Fehlende Begeisterung und dass hinsichtlich Kauferlebnis und Leistung, welches der Einzelhandel dem puren Online-Handel zum Vorteil machen könnte, nicht viel passiert. Es gibt für mich größtenteils keinen Grund mehr stationär zu kaufen.

Location Insider: Mit wem wollen Sie nie an der Kasse stehen, wenn Sie Unterwäsche kaufen? Oder kaufen Sie diese deshalb nur online?

Wolfgang Heinrich: Auch Unterwäsche kaufe ich nur online. Im Prinzip hätte ich an der Kasse mit Unterwäsche aber keine Scheu.

Location Insider: Tante Emma oder Supermarkt?

Wolfgang Heinrich: Tante Emma für Zeitungen. Ansonsten leider nicht mehr arg präsent. Für Lebensmittel Supermarkt.

Location Insider: Welche Technologie (z.B. Chatbots, Sprachassistenten, Virtual Reality, Internet der Dinge) optimiert aus Ihrer Sicht das Einkaufserlebnis für Kunden?

Wolfgang Heinrich: Online werden sicher Chatbots immer präsenter werden. Momentan leider noch nicht so sehr fortgeschritten aber für einfache Fragen schon hilfreich. Im Einzelhandel können neue, innovative Ideen im Bereich Location based Marketing, welche auf individuelle Kundenbedürfnisse abzielen, sowie bessere Integration von Mobile Payment und datengetriebene Maßnahmen zu Personalisierungsstrategien und einem besseren Kundenerlebnis vor Ort führen und gleichzeitig den Faktor Spaß in den Vordergrund rücken.

Location Insider: Verraten Sie uns Ihr Vorbild im Handel und warum der/die alles richtig macht?

Wolfgang Heinrich: Mit Nike Live hat Nike in Los Angeles einen datenbasierten Concept Store eröffnet. Der Schwerpunkt liegt auf lokalen Käuferbedürfnissen und durch tiefe Integration der Nike App in das Retailkonzept können personalisierte Angebote und Services ausschließlich für Mitglieder des Nike-Loyalty-Programms gemacht werden. Alle zwei Wochen wird das Produktangebot geändert. Durch den exklusiven Charakter (bspw. Einladungen zu Events) werden Begehrlichkeiten aauch bei Nicht-Mitgliedern geweckt, die auch Teil der „Live Community“ werden wollen. Auch wenn natürlich nicht jeder die Finanzkraft von Nike hat, ist dies meiner Meinung nach ein gutes Beispiel, wie die Zukunft im Retail gestaltet werden muss, und online und stationär perfekt miteinander verbunden sind.

Location Insider: Ist Ihr Job für Sie Beruf oder Berufung?

Wolfgang Heinrich: Da ich TASTEMAKER momentan alleine und neben meinem Hauptjob betreibe, gehört dazu recht viel Berufung und Leidenschaft.

Location Insider: Welche Schlagzeile wollen Sie auf keinen Fall über sich im „Handelsblatt“ lesen?

Wolfgang Heinrich: „Die Smartwatch hat die mechanische Uhr für immer beerdigt.“

Location Insider: Nehmen wir an, Sie hätten einen Wunsch frei: Wie sähe der Handel in fünf Jahren aus, wenn Sie es sich aussuchen könnten?

Wolfgang Heinrich: Dass es wieder Spaß macht Einzelhandelsgeschäfte zu besuchen, und individuelle Kundenerlebnisse geschaffen werden, bei welchen Technik und Mensch sinnvoll miteinander verzahnt werden.

Location Insider: Vielen Dank für die spannenden Antworten!

Lesen Sie auch die vorherigen Fragebögen unserer Serie “Handel im Wandel“.


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