„Herausfordernde Zeiten gemeinsam meistern“: Johann Kiener von der Witt-Gruppe in seiner Jahresbilanz.

von Kay Ulrike Treiß am 01.Dezember 2021 in Interviews, News

Ein turbulentes Jahr neigt sich dem Ende zu. On- sowie Offline-Handel waren und sind vor außergewöhnliche Herausforderungen gestellt. Location Insider hat Händler und Handelsexperten nach ihrem persönlichen Jahresfazit gefragt. Den Auftakt macht Johann Kiener, Geschäftsführer Vertrieb II & E-Commerce der Witt-Gruppe. Mit 21,1 Millionen Kund*innen weltweit, einem Umsatz von 1,092 Milliarden Euro und einem Onlineanteil von rund 35 Prozent zählt die Witt-Gruppe zu den führenden textilen Omnichannel-Unternehmen für die Zielgruppe 50plus. Kern der Gruppe ist die 1907 gegründete Marke Witt Weiden, die auch 120 Filialen betreibt, überwiegend im süddeutschen Raum.

Location Insider: Welche schönen oder erfolgreichen Momente hatte das Jahr 2021 aus Händlerperspektive und warum?

Johann Kiener: Ein großer Erfolg für die Witt-Gruppe war, dass wir zum Geschäftsjahresabschluss 2020/21 (28.02.2021) erstmals mehr als eine Milliarde Euro Umsatz erreicht haben. Ein besonderer Erfolgsfaktor war dabei die Integration des Karlsruher Modeunternehmens heine. Diese wurde in 2021 erfolgreich abgeschlossen und ergänzt das Portfolio der Witt-Gruppe perfekt um das modisch-höherwertige Marktsegment 50plus. Zudem verläuft die 4. Ausbaustufe unseres Warenverteilzentrums plangemäß und wird ab März 2022 zusätzliche Servicevorteile für unsere Kund*innen bringen.

Trotz Pandemie haben wir unsere ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele zum Klimaschutz erreicht und beteiligen uns seit diesem Jahr an toMOORow, der Wiedervernässung von Mooren, einem Projekt der Umweltstiftung von Dr. Michael Otto. Parallel haben wir als Unternehmen viel unternommen, um unsere Belegschaft in der Pandemie bestmöglich zu unterstützen und zu schützen: Sonderprämien für den außergewöhnlichen Einsatz unserer Mitarbeitenden in der Logistik und für die Filial-Teams, eine unternehmensweite Impfaktion an den Standorten Weiden und Karlsruhe sowie großzügige Regelungen für flexibles und hybrides Arbeiten. Und auch regional haben wir gemeinnützige Projekte und Organisationen mit einem hohen fünfstelligen Betrag unterstützt.

Location Insider: Gab es in 2021 auch Momente/Ereignisse (wie den Corona-Lockdown oder Kündigungen), die Ihr Unternehmen belastet haben?

Johann Kiener: Dank eines schnellen und flexiblen Krisenmanagements ist die Witt-Gruppe bisher gut durch die Pandemie gekommen. 2020 mussten wir für die Mitarbeitenden in unseren Filialen und einigen weiteren Bereichen Kurzarbeit anmelden, wodurch auch Umsatzverluste entstanden sind. Diese konnten wir aber im zweiten Halbjahr über die sehr erfolgreiche Distanzhandelsentwicklung wieder kompensieren und das vergangene Geschäftsjahr erfolgreich abschließen. In diesem Jahr sind wir bisher sehr gut und plangemäß durch die Zeit gekommen.

Location Insider: Mit welchen Erwartungen gehen Sie ins Weihnachtsgeschäft?

Johann Kiener: Die Vorzeichen stehen gut, sodass wir im Katalog- und Onlinebereich zuversichtlich sind, unsere Umsatzpläne zu erreichen. Wie sich die steigenden Infektionszahlen auf die Frequenz in den Innenstädten auswirken wird, bleibt abzuwarten. Aber in den letzten eineinhalb Jahren haben wir gelernt, mit unserem Filialgeschäft bei Bedarf sehr schnell und flexibel auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren.

Location Insider: Haben Sie vielleicht sogar überlegt, sich beruflich in eine andere Richtung zu orientieren?

Johann Kiener: Überlegungen und Angebote gibt es natürlich immer wieder. Für mich ist sehr wichtig, Akzente für den Unternehmenserfolg zu setzen und eine Möglichkeit zu haben, mich ständig weiterzuentwickeln. In der Witt-Gruppe bin ich u.a. für den E-Commerce, sämtliche Auslandsaktivitäten, die Filialschiene und die größte Witt-Tochter, den Smart-Discounter Sieh an! verantwortlich. Dazu kommt ab Januar 2022 die Verantwortung für das Branding aller Marken. Also genügend interessante Herausforderungen und eigentlich gar keine Zeit, um über andere Richtungen nachzudenken.

Location Insider: Verraten Sie uns Ihr Vorbild im Handel, die/der Corona mit neuen Ideen und Kreativität erfolgreich getrotzt hat?

Johann Kiener: Spontan fällt mir dazu Manufactum ein, wo man über eine äußerst smarte Kundenkommunikation das stationärlastige Geschäft sehr erfolgreich auf Online transformiert hat.

Location Insider: Welchen Rat oder welche Lehre bzw. Erkenntnis nehmen Sie mit ins neue Jahr?

Johann Kiener: Die Pandemiejahre 2020 und 2021 haben mir gezeigt, dass wir als Witt-Gruppe auch herausfordernde Zeiten gemeinsam mit unseren 3.500 engagierten Kolleg*innen in Weiden, Karlsruhe und den mehr als 120 Filialstandorten in Deutschland meistern können. Wir haben bewiesen, dass sich unsere langjährige Wachstums-, Internationalisierungs- und Digitalisierungsstrategie auch in Krisenzeiten bewährt. Unsere lebendige und offene Unternehmenskultur erlaubt schnelle Anpassungen und schnelle Veränderungen, wenn nötig. Das stimmt mich optimistisch für all das, was noch kommt. Und ein alter Spruch bewahrheitet sich mal wieder: Es wird nie so schlimm, wie es zwischendurch aussieht, aber auch nie so gut.

Location Insider: Wie sieht der Handel in 2022 aus?

Johann Kiener: Die Verbraucherstimmung ist erstaunlich gut, trotz aktuell hoher Infektionszahlen. Ich gehe davon aus, dass uns die 4. Corona-Welle bis zum nächsten Frühjahr erhalten bleibt. Inwieweit Inflation und hohe Treibstoff- bzw. Energiekosten den Konsum im kommenden Jahr beeinflussen werden, muss abgewartet werden. Viele Händler leiden noch unter dem Lockdown und den damit verbundenen Altwarenbeständen. Wir werden 2022 vermutlich noch die ein oder andere Insolvenz im Handel erleben. Das Ladengeschäftssterben in den Innenstädten wird sich wohl leider fortsetzen. Der Distanzhandel wird in Summe profitieren und weiter zulegen.

Location Insider: Vielen Dank für die spannenden Antworten!


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