Immersive Retail all over: Rückblick auf die NRF Retail’s Big Show in New York

von Wolf-Jochen Schulte-Hillen am 24.Januar 2023 in News, Trends & Analysen

Volle Austellungshalle bei der NRF Big Show (Bild: NRF/Jason Dixon)

Nach zwei Jahren Corona-Pandemie war ich endlich wieder in New York. Der Anlass war die NRF 2023 Retail’s Big Show vom 15. bis 17. Januar 2023.

New York: eine Megacity, die mich seit vielen Jahren fasziniert, weil sie sich immer wieder von Schicksalsschlägen wie 9/11 oder den zwei Jahren Pandemie erholt. Dort, wo innerhalb von wenigen Jahren, aus einst heruntergekommenen Vierteln,  Stadtviertel neuer Blüte entstanden sind. New York, die Stadt, die niemals schläft. Ich genieße die Inspiration in Städten mit Kultur, Flair und Vielseitigkeit und vor allem mit Geschichte sowie Städte mit einer angenehmen Baukultur, ohne Monotonie, Beliebigkeit und Austauschbarkeit der vielfältigen Angebotsformate. Diese ganzen spannenden Attribute weist New York auf. Und daher zieht es mich immer wieder dorthin. Sicherlich hat auch Tokio für mich durch die permanente Innovation im Handel sowie den scharfen Wettbewerb, aber auch durch die faszinierende Kultur eine ebenso starke Anziehungskraft. Die Entwicklungen in den neuen Megacities wie Shanghai oder Dubai sind zwar spannend und glitzernd, strahlen aber bei weitem nicht die Atmosphäre aus wie meine beiden Lieblingsmetropolen Tokio und New York.

Was gab es nun auf der NRF im riesigen Javits Center an Neuigkeiten?

Das Kongressprogramm war gespickt von Speakern, Präsidenten und CEOs namhafter US-Unternehmen aus dem Handel und der Industrie wie Walmart, Costco, Target, Sax 5t Ave. Es wurde über den New Retail, Kundenbindung, -gewinnung, -loyaltät und -erlebnis referiert. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die neuen Technologien dabei helfen können. Sportler berichteten, wie ihre Passion auf das Business übertragen werden konnte und vor allem was Teamgeist, Leadership und Community Bildung für den Handel bedeutet.

Mein Hauptinteresse galt jedoch den über 1.000 Ausstellern in den Expo-Hallen, die fast ausschließlich aus Tech-Firmen bestanden. Google, Verizon, SAP, Microsoft und vor allem Salesforce demonstrierten, dass ein Tech-Stand auf einer Leitmesse auch Erlebnis bedeuten kann. Samsung überraschte mit digitalen Screens, die durch „sight, touch and even smell“ Produkte am Point of Sale (POS) erlebbar machen können. Als Beispiel diente ein Donut, aber auch ein Hundefutter mit dem witzigen Namen „The Honest Worm“. In der Eingangszone war Amazon mit einem Amazon Go Store  präsent, dessen Sandwiches und Drinks  jedoch schon nach wenigen Stunden ausverkauft waren und  damit zeigten, wie wichtig ein Refillment Service ist. Zabka, ein polnischer Anbieter von Grab und Go Stores, hatte direkt neben Amazon einen Demostand ohne Ware. Ein Kontaktloser Check-Out war ein weiteres Feature, dass ich in der Praxis und später auch im neuen Whole Foods in der Wall Street testen konnte.

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Deutsche Aussteller im Haifischbecken der US-Tech-Giganten

Die VR- und AR-Brillen von Google werden kleiner und handlicher. Damit werden sie sicher auch in Zukunft im stationären Handel eine große Rolle spielen können. Ich habe mich richtig gefreut, dass sich die deutsche Firma Ameria aus Heidelberg intensiv mit dem Web 3.0 und dem Metaverse am POS beschäftigt und damit großen Zulauf hatte. Endlich mal eine deutsche Firma, die sich in das Haifischbecken der US-Tech-Giganten wagte.

Besucher der Expo mit Spryker-Stand im Hintergrund (Bild: NRF/Jason Dixon)

Große Erwartung hatte ich an das „buy with Prime“-Konzept von Amazon, welches in den USA ab Ende Januar von allen US-Einzelhändlern gelauncht werden kann. Dieses neue Amazon-Geschäft sehe ich als guten Absatzkanal direct to consumer (DTC). Dieser neue Marktplatz wird sicher in Zukunft starken Zuwachs bekommen. Angenehm, mit einem schönen Merchandising, ist mir auch der deutsche Spryker-Stand aufgefallen.

Die Pandemie hat die gesamte stationäre Retail-Branche kalt erwischt. Mit Ausnahme der sogenannten lebensnotwendigen Produkte, konnten alle Waren nur online bezogen werden. Der Fantasie waren dabei keine Grenzen gesetzt. Dennoch hat der stationäre Handel seine Funktion und Rolle in den vergangenen Jahren überarbeitet und überarbeiten müssen. Aus Design-Gesichtspunkten, über Mitarbeiterschulungen und Kundenbeziehungen bis hin zu create your own Community, war Können und Fantasie, aber auch gute Beratung notwendig. Den Store und das Unternehmen als stabile Marke zu führen, ist durch die vielfältigen technischen Möglichkeiten möglich geworden. Wenn der Handel nicht persönlich und überschaubar kuratiert geführt wird, kommt er an einer guten APP und einem perfekten Webauftritt und/oder Webshop nicht vorbei. Das beinhaltet heute auch ein POS-Cloud-System und Mobile-First Solutions. Personalisierung ist das Keyword, dass dem Storebesucher eine individuelle Store Experience ermöglicht. Dazu gehört außer den vielfältigen digitalen Features vor allem geschultes Personal.

Store-Formate wie Retail as a Service (RaaS), die mich auf meinen Store Checks u.a. in New York seit Jahren begleiten, sind neben der Optimierung des Merchandising und der, dem Produkt- und Wunschkunden angepassten, Atmosphäre absolut auf dem Vormarsch.

Was gab es noch auf der NRF-Veranstaltung zu sehen?

Innovationsbereich auf der NRF (Bild: NRF/Jason Dixon)

Der Innovationlab zeigte 50 Firmen, die sich im Wesentlichen mit den letzten technischen Entwicklung im Retail-Tech-Bereich beschäftigten. Dabei geht es zum Beispiel um Körpervermessung „Like a Glove“, Life Shopping „Buy With“ oder „Rooom“ (mit drei O). Das Metaverse hilft Räume zu gestalten. Nette Entwicklungen, die aber in der Zeit post Corona sicherlich nicht die finanzielle Priorität bei den deutschen Händlern haben dürften.

Zu den individuellen Einsatzmöglichkeiten digitaler Tools  im stationären Handel sind sicher die Einschätzungen des HDE-Digitalexperten und -Geschäftsführers Stephan Tromp GF besser geeignet. Deshalb möchte ich auf seine Key Learnings von der Konferenz in New York NRF 2023 Retail’s Big Show vom 19.1.2023 verweisen.

Lesen Sie gern auch Teil 2:
Sorgfältig kuratierte Sortimente & State-of-the-Art-Digitalisierung: Innovative Stores in New York

Über den Autor:


Kaum einer kennt den deutschen und internationalen Handel so gut wie er: Wolf-Jochen Schulte-Hillen gründete 1973 SH Selection, ein Vertriebsunternehmen für Sportbekleidung, das seit 1996 als internationales Beratungsunternehmen operiert. Er verhalf Kunden wie Sephora, Benetton, Skechers oder Zara zum deutschen bzw. europäischen Markteintritt und auch gleich zu passenden Immobilien. Zudem entwickelte er Nutzungskonzepte für Shoppingcenter wie das Alexa in Berlin.

Heute ist Schulte-Hillen vor allem in Projekten für autonome Stores und im innovativen Vending-Bereich tätig. Zudem engagiert er sich als Beirat in internationalen Organisationen und für Einzelhändler, Kommunen, Investoren und Entwickler mit dem Schwerpunkt Standort- und Unternehmensentwicklung. Nebenbei hält der frühere Leichathlet seit über 50 Jahren den deutschen Staffelrekord über dreimal 1.000 Meter.


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