„Mit Shopify können Marken sehr einfach an Endkunden verkaufen“: Interview mit Hagen Meischner.

von Florian Treiß am 18.März 2019 in Interviews, News, Shoptech

Hagen Meischner ist Partner Manager Lead bei Shopify

Vor wenigen Tagen haben gleich zwei Online-Händler, die das cloudbasierte Webshop-System Shopify nutzen, bei den Shop-Awards 2019 von Internet World Business in München einen der begehrten Preise gewonnen: Generation Yes und Woom Bikes. Obwohl bereits 2006 vom deutschen Auswanderer Tobias Lütke in Kanada gegründet, war Shopify in Deutschland lange Zeit allenfalls Insidern bekannt. Doch das ändert sich nun schnell: Seit letztem Jahr ist Shopify mit einem eigenen Büro in Deutschland präsent – und viele Gründer aus der Startup-Show „Höhle der Löwen“ nutzen Shopify bereits erfolgreich, wie Hagen Meischner sagt. Er ist Partner Manager Lead für den deutschsprachigen Raum bei Shopify und stellt das Shopsystem in unserem Interview näher vor.

Location Insider: Was ist Shopify und für wen eignet es sich?

Hagen Meischner: Shopify ist ein cloudbasiertes System für Webshops. Damit bieten wir die passende Plattform für den E-Commerce. Die Zielgruppe ist da sehr breit gefächert. Dabei richten wir uns einerseits an junge oder kleinere Unternehmen, die gerade online starten und eine Lösung für den digitalen Vertrieb benötigen. Andererseits adressieren wir aber auch mittelgroße Kunden und mit Shopify Plus größere Kunden bis hin zu internationalen Konzernen.

Location Insider: Umfasst Shopify sowohl Frontend als auch Backend?

Hagen Meischner: Genau, das muss man dazu sagen, denn bei einigen anderen Lösungen fehlt ja der ein oder andere Teil. Wir sind aber eine Komplettlösung, bei der man einerseits das Frontend für den Verkauf an seine Kunden bekommt. Und andererseits das Backend, um das Artikelmanagement vorzunehmen, die Aufträge abzuwickeln, die Statistiken über die Verkäufe zu sehen oder auch andere Kanäle zu integrieren wie etwa den Verkauf über Facebook oder Instagram. Neben dem Shopsystem haben wir auch eine eigene POS-Lösung, die wir anbieten. Unser Ziel ist es also, ein Komplettpaket für den Handel anzubieten und auch die Brücke Online-Offline zu bieten.

Location Insider: Obwohl Shopify einen deutschen Gründer hat, wurde das Deutschlandbüro erst letztes Jahr eröffnet. Wie groß ist denn heute Ihr Fußabdruck im deutschen Markt?

Hagen Meischner: In der öffentlichen Wahrnehmung sind wir tatsächlich erst seit ungefähr einem Jahr durch das neue Büro präsent. Aber deutsche Kunden haben wir schon seit sieben Jahren. So nutzt z.B. Distorted People aus München schon seit 2012 Shopify. Ein gutes Beispiel für unseren Fußabdruck in Deutschland bietet die Startup-Show „Die Höhle der Löwen“: Ungefähr 30 bis 40 Prozent der Kandidaten, die dort ihre neuen Produkte und Lösungen präsentieren, setzen als digitalen Vertriebskanal Shopify ein.

Distorted People ist ein der ältesten Kunden von Shopify in Deutschland

Location Insider: Wie mobiltauglich ist Shopify eigentlich?

Hagen Meischner: Shopify hat durch seinen nordamerikanischen Hintergrund einen sehr starken Fokus auf das Thema Mobile Commerce und setzt auf Mobile First. Das heißt, Shopify selber ist komplett mobiloptimiert. Wenn man sich den Durchschnitt über alle Märkte anschaut, dann haben wir mehr Verkäufe über mobile als über klassische Desktops. Auch können Händler über eine mobile App ihr Shopify-System verwalten.

Location Insider: Können die Händler auch aus der Shopify-Lösung heraus eine eigene App für ihre Kunden erstellen?

Hagen Meischner: Nein, da setzen wir auf mobil-optimierte Webseiten. Das heißt, das Store-Frontend wird responsive für Desktop, für Tablet und für Smartphones gerendert.

Location Insider: Zum Mobile Commerce gehört auch immer mehr Instagram. Und Shopify ist einer der offiziellen Partner für „shopable Instagram-Posts“. Wie wird das angenommen?

Hagen Meischner: Sehr gut! Die Funktion wird immer häufiger von Influencern genutzt und auch Marken, die mit einem Direct-to-Consumer-Ansatz die Endkunden direkt dort abholen wollen, wo sie sich bewegen. Und die Screentime ist auf den sozialen Netzwerken sehr hoch. Deswegen wird unsere Instagram- und auch Facebook-Funktion sehr gut genutzt.

Location Insider: Was genau meinen Sie mit dem Direct-to-Consumer-Ansatz?

Hagen Meischner: Früher hatten Marken den Zugang zu Kunden überwiegend über Mittelsmänner wie Einzelhandelsketten oder Warenhäuser. Doch mittlerweile bekommen Marken den direkten Zugang zu Kunden über das Internet. Während sie das Web zunächst nur fürs Marketing genutzt haben, verkaufen Marken ihre Produkte heute zunehmend auch direkt übers Web und werden so selbst zu Händlern. Und mit Plattformen wie Shopify wird es für Marken einfacher, direkt an Endkunden zu verkaufen, und das nicht nur über Webshops, sondern auch über soziale Kanäle wie Instagram und Facebook.

Location Insider: Da schließt sich also auch der Kreis zu „Höhle der Löwen“, denn die Startups dort setzen auch auf Direktvertrieb.

Hagen Meischner: Genau. Und das ist glaube ich auch das, was Direct-to-Consumer ausmacht. Es sind eben nicht nur die großen Marken, die direkt die Endkunden erreichen wollen, sondern es entstehen auch sehr viele neue Marken, die nur noch diesen Vertriebsweg über das Internet haben und gar nicht mehr im klassischen Handel gelistet werden. Da sind die Startups aus „Höhle der Löwen“ nur ein Beispiel. Genauso gilt das auch für Shoepassion aus Berlin oder unseren Referenzkunden Distorted People aus München. Das sind Marken, die im Internet entstehen und später vielleicht sogar eigene Flagshipstores aufmachen, um stationär verfügbar zu sein. Das ist eine radikale Veränderung in unserer Handelslandschaft, die wir aktuell sehen.

Location Insider: Aktuell gibt es im Markt einen Trend zu eigenentwickelten Onlineshops, die einer „Headless“-Logik folgen, Frontend und Backend trennen und auf Microservices setzen. Wieso setzt Shopify selbst weiter auf ein Komplettsystem?

Hagen Meischner: Wir bieten eine Lösung, mit der man einfach und kosteneffizient starten kann, ohne den Launch zunächst 12 bis 18 Monate vorbereiten zu müssen. Sondern wir rechnen eher in Wochen oder wenigen Monaten und bieten somit eine schnelle „Time to Market“. Deshalb setzen viele unserer Kunden Shopify ein. Wir haben also einen Ansatz, wo gleich alles da ist, was man braucht, inklusive einer Payment-Lösung sowie verschiedenen Templates und Themes fürs Frontend. Aber wir stellen selbstverständlich auch eine API bereit, um Drittsysteme oder eigene Funktionen zu integrieren.

Blick in den App Store von Shopify, der rund 2.500 Erweiterungen für das Shopsystem bietet

Location Insider: Im Sinne der Individualisierung bietet Shopify auch einen eigenen Appstore an, wo sich Händler spezielle Erweiterungen besorgen können.

Hagen Meischner: Genau. Die eCommerce-Landschaft ringsherum ist ja wesentlich komplexer und unterscheidet sich ja auch von Land zu Land. Und hier bieten wir mit unserem Appstore die Möglichkeit, dass Drittanbieter wie Entwickler, Agenturen oder Dienstleister eigene Lösungen im Appstore bereitstellen können, um zum Beispiel Newsletter-Lösungen, Logistik-Lösungen oder ERP-Systeme anzudocken. Und auch dort kommt wieder der Gedanke mit einer kurzen „Time to Market“ ins Spiel. Es muss eben nicht alles neu entwickelt werden und so stehen in unserem Appstore mittlerweile schon fast zweieinhalbtausend Apps zur Verfügung, um genau diese Individualität und Erweiterbarkeit zu ermöglichen, die die Händler suchen.

Location Insider: Vielen Dank für das Interview!


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