Interview: Michael Knaupe von DPD über E-Commerce und Filialen.

von Florian Treiß am 03.Juni 2016 in Highlight, Interviews

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DPD steht als Paketdienst mittendrin: Zwischen den Erwartungen von Verkäufern und Kunden ebenso wie zwischen den Anforderungen von E-Commercern und stationärem Handel. Michael Knaupe leitet seit März 2013 den Bereich Products & Services bei der DPD GeoPost GmbH. Knaupe ist seit 1999 im Unternehmen und war zuletzt Head of Strategy & Business Development. Er sieht den Paketdienst als ein „Bindeglied“ zwischen all den Ansprüchen von Endkunden und Anbietern. Im Interview erklärt er, wie DPD versucht, allen gerecht zu werden und wo Drohnen wichtig  für den Versand sein können.

Location Insider: Mobiles Einkaufen wird noch von vielen Onlinehändlern vernachlässigt. Wie hilft DPD den Händlern, diesen Trend des mobilen Shoppings aufzugreifen?

Michael Knaupe: DPD ist das Bindeglied zwischen dem Verkäufer und dem Empfänger. Bei unserem „Predict“-Angebot können wir dem Empfänger nach seiner Bestellung sagen, an welchem Tag das Paket kommt. Am Tag der Zustellung auch auf eine Stunde genau, zu welcher Uhrzeit es kommt. Innerhalb der letzten Stunde können wir das Zeitfenster noch Mal auf 30 Minuten eingrenzen. Darüber hinaus kann der Kunde den Weg im Live-Tracking sehen und er hat fünf verschiedene Optionen, wie geliefert werden soll: „Abstellgenehmigung“, „anderer Tag“, „Paketshop“, „andere Adresse“ oder „Wunschnachbar“. Und wir haben natürlich eine App und diverse Push-Nachrichten. Wir glauben daran, dass alle Händler beim E-Commerce einsteigen werden und mobil gehen müssen. Und wir wollen die Rolle einnehmen, es dem Besteller am Ende so einfach wie möglich zu machen.

Location Insider: Geben Sie denn auch Ihren Händlern Feedback zum Beispiel im Rahmen von Workshops, wo Sie noch vor der Zustellkette ansetzen?

Michael Knaupe: Bei unseren Kundengesprächen schauen wir uns auch die Gewohnheiten der Besteller und das Einkaufserlebnis auf den Webseiten der Kunden an. Natürlich obliegt es uns nicht, denen zu sagen, wie sie ihre Website gestalten –­­ aber am Ende kommt es ja doch darauf an, den Warenkorb möglichst voll zu machen.

Wir stellen zum Beispiel fest, dass die Gewohnheiten in den europäischen Ländern doch recht unterschiedlich sind. Während bei unseren Kollegen in Frankreich eine Bestellung an einen Paketshop zur Selbstabholung bevorzugt wird, ist dieser Markt in Deutschland noch zu entwickeln. ­­­­­

Location Insider: Ich bin selbst ein ziemlicher Online-Shopper und hier kommen bei mir fast täglich Pakete an. Und manchmal gibt es eben auch Tage wo ich das Paket nicht auf den nächsten Tag umleiten kann. Was haben Sie denn da für Lösungen?

Michael Knaupe: Wir können bis kurz vor der Zustellung darauf reagieren und wir finden das auch in unseren sozialen Netzen immer wieder, dass die Menschen das ganz angenehm finden. Sie können zum Beispiel bis fünf Minuten vor der Zustellung eine Abstellgenehmigung erteilen und wir können dieses Paket noch auf einen Nachbarn umleiten oder in einen Paketshop, der bei Ihnen in der Nähe ist.

Location Insider: Wie viele Kunden nutzen denn schon diese flexiblen Zustellungsmöglichkeiten?

Michael Knaupe: Wir liefern insgesamt rund 1,5 Mio Pakete pro Tag, davon ungefähr 35 Prozent an Privatkunden. Private Empfänger halten wir proaktiv via SMS und E-Mail auf Stand, in der Regel übermittelt uns der Versender dazu heute schon die Kontaktdaten. Noch in diesem Jahr wollen wir mit 90 Prozent aller privaten Empfänger in den direkten Kontakt treten, das ist das erklärte Ziel.

Location Insider: E-Commerce und stationärer Handel wachsen ja immer stärker zusammen. Man kennt Stichworte wie Same Day Delivery und Click & Collect. Wie geht DPD mit dieser Entwicklung um?

Michael Knaupe: Die Welten der Online- und Offline-Player haben heute schon eine beachtliche Schnittmenge. Bei den Pure-Online-Playern stellen wir immer mehr fest, dass sie nun in die Innenstadt-Lagen kommen.

Es gibt immer mehr Pure-Online-Player, die vor Ort eine hohe Warenverfügbarkeit sicherstellen wollen, damit der Endkunde noch schneller an seine Bestellung kommt. Auf dieser Basis wird dann auch gerne Same Day ausprobiert. Das setzt natürlich die reinen Offline-Player extrem unter Druck, weil sie feststellen: die Leute bleiben weg, weil sie in den Online-Kanal wechseln. Aber auch der lokale Handel hat große Chancen, wenn er jetzt schnell reagiert und die „Offline“-Filialen mit einer Online-Präsenz kombiniert. DPD ist in der Lage, für beide Kundengruppen kundenbezogene Projekte aufzusetzen. Da helfen unsere 6.000 Paketshops wieder sehr gut. Wir sind genau das Vehikel dazwischen und können die Online-Welt mit der Offline-Welt prima koppeln. Das geht sogar so weit, dass man sagen könnte, können nicht Paketshops in Innenstadt-Lagen sogar Lagerhaltung werden, um Same Day Delivery anbieten zu können? Oder auch Warentransporte von Filialbetrieben in Großstädten, so dass wir das Vehikel sind, die Innenstadtlogistik neu zu denken.

Location Insider: Wenn ich hier in Leipzig beim Platzhirschen Amazon die Option Same Day Delivery nutze, bringt mir das dann abends eine kleinere Firma namens Stadtbote. Müsste das nicht auch DPD machen oder zumindest Ihre Beteiligung Tiramizoo irgendwie im Spiel sein?

Michael Knaupe: Sicher gibt es beim Same-Day-Versand vor Ort auch andere Anbieter, die einen vernünftigen Service leisten können. Aber für unsere Kunden kann es eben ein entscheidender Vorteil sein, wenn sie nicht selbst vor Ort Kooperationspartner suchen müssen – das können wir bequem aus einer Hand für sie abbilden.

Location Insider: Das ist dann quasi ein Kuriernetzwerk, das die Tiramizoo-App nutzt?

Michael Knaupe: Ja: Entscheidend ist in der Tat nicht unbedingt, wer genau die Ware liefert, sondern wie sich diese Transporte einheitlich organisieren lassen. Eine Zustellung innerhalb von 90 Minuten nach Bestelleingang kann ad hoc natürlich nur ein Kurier durchführen. Daneben gibt es auch ein Wunschzeitfenster innerhalb von zwei Stunden – diese Flexibilität ist für viele Kunden wichtiger als die Sofortlieferung.

Location Insider: Was halten Sie denn vom Thema crowdbasierte Zustellung, also dass quasi jedermann zum Kurier oder Expressfahrer wird?

Michael Knaupe: Das ist ein Thema, das wir in der Strategie beobachten. Eine konkrete Handlungsaktivität gibt es noch nicht.

Location Insider: Und was halten Sie von Drohnen in der Zustellung, wie realistisch ist das?

Michael Knaupe: Im klassischen Paketgeschäft ist auch auf lange Sicht nicht absehbar, dass Drohnen eine wesentliche Rolle spielen werden. Nur in bestimmten Fällen kann es eben doch mal Sinn ergeben, um beispielsweise in abgelegenen Landstrichen eine Medikamentensendung auch einmal mit Drohne an den Empfänger zu bekommen.

Location Insider: Vielen Dank für das Gespräch.


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