Inventorum: „Es kommen inzwischen auch größere Händler auf uns zu.“
von Matthias Hell am 08.September 2015 in Interviews, Local HeroesIm letzten Teil der Local Heroes Sommer-Interviews spricht Inventorum-Gründer Christoph Brem über die Entwicklung des innovativen iPad-Kassensystems für den Einzelhandel: Neben der Kooperation bei einem Pop-up-Store-Projekt im Berliner Hauptbahnhof und bei der Local-Shopping-Initiative „eBay in Mönchengladbach“ steht für das Start-up dabei auch vermehrt die Zusammenarbeit mit Händlern mit mehreren Filialen auf der Tagesordnung.
Location Insider: In Sachen Publicity und Anerkennung ging es für Inventorum in den letzten Monaten weiter klar aufwärts. Drückt sich das auch in konkreten Zahlen aus?
Christoph Brem: Die Händler erkennen immer stärker ihre neuen Chancen und nutzen Inventorum für ihre Neuorientierung in Sachen Digitalisierung. Es ist noch zu früh, über verlässliche Zahlen zu sprechen, wie damit Umsätze und Gewinne gesteigert werden. Aber die Resonanz ist hervorragend und man merkt, dass die gegenseitigen Empfehlungen deutlich zunehmen. Insbesondere die Modebranche scheint sich für uns als Primus zu entwickeln.
Location Insider: Inventorum bietet neben der iPad-Kassenfunktion Erweiterungsmöglichkeiten in den E-Commerce – wie häufig werden diese Funktionen bereits genutzt?
Christoph Brem: Etwa ein Drittel unserer Neukunden bucht das Premium-Paket mit der E-Commerce Komponente. Unserem Support-Team ist aufgefallen, dass viele Kunden nach dem anfänglichen Fokus auf die Artikelverwaltung und die Kassenfunktionen damit beginnen, die Artikelbeschreibungen für den Onlineshop zu verbessern. Das zeigt, wie intensiv sich die Händler mit dem Thema E-Commerce auseinandersetzen, auch wenn zu Beginn nicht gleich jeder online präsent ist. Unsere Erwartung entspricht genau dieser Entwicklung und wir empfehlen den Händlern immer, die Artikelverwaltung von Anfang an gut aufzusetzen, damit das Verkaufen stationär wie online so einfach bleibt, wie es sein soll.
Location Insider: Im Frühjahr hat Inventorum sein Stadtpaten-Konzept gestartet. Wie hat sich dieses inzwischen entwickelt?
Christoph Brem: Das Programm stößt auf sehr positive Resonanz. Wir merken aber auch, dass Einzelhändler mit ihrer Zeit knapp bemessen sind und wir uns hier noch stärker einschalten müssen. Unser Ziel ist es, nicht nur den einzelnen Händler zu gewinnen, sondern auch die Gemeinschaft eines Ortes oder Stadtteils zu fördern. Dazu wird es in Kürze noch mehr Unterstützung unsererseits geben und auch die Abdeckung in ganz Deutschland wollen wir 2016 verbessern.
Location Insider: Zusammen mit TeaTales habt ihr eine App für deren Pop-up Store im Berliner Hauptbahnhof entwickelt ‒ eine einmalige Aktion oder steckt dahinter auch eine strategische Zielsetzung?
Christoph Brem: Auch wenn die Aktion einmalig war, so beinhaltete sie doch viele Aspekte unserer Unternehmensstrategie. Das Pop-up-Konzept passt zu unserer These, dass eine Lösung für den Händler mobil, einfach und günstig sowie mit temporären Kräften effektiv umsetzbar sein muss. Und trotz dieser Einfachheit soll man die Prozesse der Zukunft des Handels ‒ wie in diesem Fall Click & Collect ‒ abbilden können.
Die mobile App ermöglichte es den Kunden, ihren Tee bereits auf dem Weg zum Hauptbahnhof zu bestellen und zu bezahlen. Bei Ankunft wartete dann der frisch und exakt getimte Tee, der nur noch mit einer Bestellnummer auf dem Handy abgeholt werden brauchte. Genau dort wollen wir hin: die unmittelbare Steuerung aller Prozesse zwischen stationärem Geschäft und Onlineshop zu gewährleisten.
Location Insider: Im Herbst werdet ihr an dem Local-Onlineshopping-Projekt “eBay in Mönchengladbach“ teilnehmen. Wie wird eure Rolle dabei aussehen?
Christoph Brem: Wir arbeiten mit eBay fast seit Firmen-Start zusammen, weil dieser Marktplatz für viele Einzelhändler eine wichtige Rolle spielt. Wir teilen mit eBay die Philosophie, dass die lokalen Händler mindestens soviel Potential wie die zentrale Versorgung aus Lagerhäusern beinhalten. Vor allem hat man beim Einzelhandel auch die Möglichkeit, den Online-Einkauf mit dem Erlebnis im Ladengeschäft zu verbinden. Daher startet eBay jetzt vermehrt mit Click & Collect und mit dem Projekt in Mönchengladbach als erste deutsche Plattform neben Brooklyn, USA.
Wir helfen den Händlern dabei, von dieser großen Aufmerksamkeit zu profitieren, in dem sie mit Inventorum die Verkäufe auf eBay mit dem Tagesgeschäft einfach verbinden können. Ähnlich dem Pilotprojekt am Berliner Hauptbahnhof erhoffen wir uns natürlich auch hier wieder eine Live-Demonstration davon, wie man als stationärer Händler ohne großen Aufwand Vertriebskanäle erfolgreich verknüpfen kann.
Location Insider: Nicht nur ganz kleine Händler interessieren sich für Inventorum, sondern auch größere Händler mit mehreren Filialen. Welche Fortschritte habt ihr beim Thema Mehrfilialverwaltung gemacht?
Christoph Brem: Wir tasten uns langsam an das Thema heran, weil bereits viele größere Händler auf uns zugekommen sind. Viele Mehrfilialbetriebe laufen auf veralteten Systemen, die entweder gar nicht oder nur in Batch-Prozessen Daten bereitstellen. Mit Prozessen wie Click & Collect oder Drop-Shipping, welche Informationen in Echtzeit benötigen, sind diese Systeme überfordert oder es würde viel Geld und Zeit kosten, diese anzupassen. Mit unserem SaaS-Konzept auf Tablets können wir eine viel schlankere Lösung zu einem Bruchteil der Kosten bestehender Systeme anbieten. An diesem Prozess arbeiten wir gerade mit Interessenten zusammen und werden zu gegebener Zeit die Lösung allgemein verfügbar machen.
Location Insider: Letzte Frage: Wie sieht es mit Euren Internationalisierungsplänen aus?
Christoph Brem: Internationalisierung ist Teil unserer Unternehmensstrategie. Wir haben unser Team um fünf weitere mehrsprachige Mitarbeiter aufgestockt und in Kürze wird unser System neben der Anpassung des Steuersatzes auch sämtliche globale Währungen unterstützen. Deutschland hat knapp 400.000 kleine Einzelhändler, global schätzt man über 100 Millionen ‒ warum sollen also nicht alle von den Vorzügen von Inventorum profitieren und ihr lokales Geschäft mit den Prozessen aus dem Internet verbinden?
Local Heroes ist nicht nur der Titel unserer Artikel-/Buchserie über Musterbeispiele für die Verknüpfung von Online und Offline. Wir betrachten die Local Heroes auch als eine Klasse von Händlern, die dem Einzelhandel den Weg in die Zukunft weisen. Deshalb verfolgen wir kontinuierlich die weitere Entwicklung dieser digitalen Vorreiter im Handel. Auch in diesem Jahr haben wir die ereignisärmeren Sommerwochen genutzt, um im Rahmen einer Interview-Serie über die aktuellen Fortschritte ausgewählter Local Heroes zu berichten. Dabei zeigt sich ganz klar: Die Local Heroes sind gekommen, um zu bleiben.
Zum Download der Buchfortsetzung „Local Heroes 2.0: Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel“ geht es hier.
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