Kleidoo will stationären Modegeschäften eine Zukunft im Internet bieten.
von Matthias Hell am 11.November 2014 in Local HeroesFür den Endkunden sieht Kleidoo zunächst wie ein klassischer Onlineshop für hochwertige Mode aus, doch verbirgt sich dahinter ein Internet-Marktplatz für stationäre Boutiquen. Mit umfangreichen Händlerservices, zusätzlichen On-/Offline-Verknüpfungen und einem erweiterten Artikelangebot will die Plattform für den stationären Modehandel die Rolle eine Zukunftsversicherung ausfüllen.
Kleidoo-Gründer Aranga Rahim ist ein gutes Beispiel dafür, dass E-Commerce-Kompetenz auch branchenübergreifend funktionieren kann: 2007 startete der Däne den Autoreifen- und Felgen-Onlineshop BilligAlu. Um Kunden auch den dazugehörigen Montageservice zu bieten, baute Rahim ein landesweites Netzwerk an Partnerwerkstätten auf und eröffnete den KFZ-Betrieben so die Aussicht auf Zusatzgeschäfte über das Internet. Als Aranga Rahim 2012 in Deutschland den geschäftlichen Neustart wagte, blieb er dem Plattformmodell treu – aber in einer anderen Branche und mit einem komplett anderen Profil: Die Mode-Plattform Kleidoo ermöglicht Boutiquen der gehobenen Klasse den Anschluss ans Online-Geschäft.
Wie Rahim im Gespräch mit Location Insider berichtet, ist es sein Ziel, kleinen und mittleren Boutiquen mit Kleidoo ein „schönes Schaufenster“ im Internet zu bieten. Während Modegeschäfte und Fashion-Brands sich bei Allrounder-Plattformen wie Amazon und eBay traditionell eher wenig wohl fühlen, soll Kleidoo wie ein virtuelles Shopping-Center für mittlere und hochwertige Marken funktionieren: Auf der Plattform haben reine Online-Händler keine Chance, sondern sind – wie es bereits im Site-Header explizit heißt – ausschließlich „echte Shops aus Deutschland“ vertreten. Durch die einheitliche Warenpräsentation und die Artikel- bzw. Marken-orientierte Navigation wirkt Kleidoo dennoch wie ein Onlineshop aus einem Guss.
Umfangreicher Service für die Händler
Um das hochwertige Erscheinungsbild zu gewährleisten, setzt Kleidoo auf eine Reihe von Händlerservices. So betreibt das Unternehmen ein eigenes Fotostudio mit Stylist und Fotomodels, sorgt für einheitliche Produktbeschreibungen und kümmert sich auch persönlich um Aufgabenbereiche wie Support und Marketing. Wie Aranga Rahim betont, müssen auf Kleidoo vertretene Händler den Foto-Service der Plattform nicht zwangsläufig nutzen, tun das jedoch in 95 Prozent der Fälle. Einer der Vorteile: die Boutique-Betreiber können die Bilder auch für ihre eigene Webseite/Onlineshop nutzen, ähnliches gilt für die Produktbeschreibungen. Die Bepreisung der Services ist laut Rahim „sehr günstig gesetzt“. Wenn es um das Fulfillment der auf der Plattform eingehenden Bestellungen geht, können sich Händler entweder selbst um den Versand kümmern oder Lagerung und Logistik durch Kleidoo erledigen lassen. Die Anbindung an den Kleidoo-Marktplatz erfolgt über standardmäßige APIs. Alternativ können Boutique-Betreiber ihre Produkte auch einmalig zur Erfassung an das Hamburger Unternehmen schicken.
Die erklärte Mission von Kleidoo ist es, durch das Plattform-Modell „kleine Modeläden in ganz Deutschland vor dem Aussterben zu schützen“. Dennoch hatte das Unternehmen vor allem in seiner Anfangsphase mit Geschäftsinhabern zu kämpfen, die sich gegen den selbsternannten Retter sträubten. „Es gibt Händler, die Angst vor dem Internet haben“, stellt Aranga Rahim fest. Doch müssten diese ihre Furcht früher oder später überwinden, da es für sie keine Zukunft ohne das Internet gäbe. Mit dem steigenden Bekanntheitsgrad von Kleidoo sind die Verhältnisse aber ohnehin in Bewegung geraten und muss das Vertriebsteam des Unternehmens immer seltener selbst an Boutiquen herantreten – die Betreiber kommen heute in vielen Fällen von eigenständig auf die Plattform zu. Aktuell sind bei Kleidoo zwischen 60 und 70 Händler vertreten – eine nicht allzugroße Zahl, die für Aranga Rahim dennoch in Ordnung geht: „Man kann auch schlechte Artikel gut fotografieren, doch unser Anspruch ist es, ein hochwertiges Angebot zu bieten.“ Statt Masse habe bei Kleidoo dagegen klar die Klasse der Händler Vortritt.
On-/Offline-Verknüpfung soll ausgebaut werden
Beim weiteren Ausbau der Plattform steht stattdessen in erster Linie eine Verbesserung der angebotenen Funktionalitäten im Mittelpunkt. So werden Bestellungen bei Kleidoo bisher standardmäßig auf dem Versandweg abgewickelt und gibt es – trotz stationärer Verkäufer – noch kein Click&Collect-Modell. Dieses soll allerdings mittelfristig eingeführt werden. In direktem Zusammenhang mit diesem Thema steht die Anbindung lokaler Bestände an den Online-Marktplatz. Bisher hat erst ein Teil der auf Kleidoo vertretenen Händler seine Warenwirtschaft mit der Plattform verknüpft. Über eine Partnerschaft will das Unternehmen künftig eine geeignete Warenwirtschaftslösung zu moderaten monatlichen Kosten anbieten. Gleichzeitig soll Kleidoo in erster Linie eine Online-Plattform bleiben und die stationäre Komponente nicht zu stark betont werden. Wie Aranga Rahim erklärt, spiele der lokale Charakter der Shops bei dem 2013 übernommenen Portal Fashion-Locals eine wichtigere Rolle, während bei Kleidoo die Exklusivität des Angebots im Mittelpunkt stehe.
Um Lücken im Angebot zu füllen und bei der Verfügbarkeit verschiedener Größen und Modelle ein möglichst hohes Niveau zu erreichen, werden ab Ende 2014 auch Modemarken als Verkäufer bei Kleidoo auftreten. „Die Kunden wollen im Web nun einmal eine möglichst große Auswahl haben und deshalb ist es wichtig, dass wir beispielsweise alle Größen zur Verfügung haben“, erklärt Rahim. Eine Konkurrenz zu den auf der Plattform vertretenen Händlern will der Unternehmensgründer darin nicht sehen: „Es kommt ja auch den Händlern zugute, wenn bei Kleidoo ein möglichst breites Sortiment verfügbar ist.“
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