Locafox – das Local-Shopping-Startup mit großen Ambitionen.
von Matthias Hell am 17.Februar 2015 in Local HeroesAn Plattformlösungen für den stationären Einzelhandel mangelt es nicht. Doch den Aufbau personalintensiver lokaler Sales-Teams scheuen die meisten Anbieter und setzen stattdessen auf Medienkooperationen oder den „Wuppertal-Effekt“. Locafox ist hier die Ausnahme: mit Wurzeln im Umfeld von Rocket Internet will die Local-Shopping-Plattform die Großstädte der Republik systematisch erschließen – und sieht sich deshalb gegenüber dem Wettbewerb im Vorteil.
Mit CEO Karl Josef Seilern und CMO Fabian Friede (siehe auch unser Interview aus dem Februar 2014) haben immerhin zwei Mitglieder des siebenköpfigen Management-Teams von Locafox Wurzeln beim Samwer-Inkubator Rocket Internet. Für die Local-Shopping-Plattform ist das insofern signifikant, als sich der Businessplan von Locafox sichtlich an großen Vorbildern wie Groupon oder der US-Einzelhandelsplattform Milo.com orientiert. „Wir haben uns die Frage gestellt: Warum konkurriert der lokale Handel nicht mit dem E-Commerce?“, erklärt Karl Josef Seilern die zündende Idee hinter Locafox. „Unser Konzept ist es, als Alternative zu Amazon einen Marktplatz für den stationären Handel aufzubauen.“ Der stationäre Markt sei weiterhin riesig und die sich bietenden Potenziale enorm. „Uns war klar, dass wir in diesem Markt reingehen müssen.“ Mitte 2013 gründeten Seilern und seine Mitstreiter Locafox und wählten offensichtlich den richtigen Ansatz: bereits im September 2013 konnte sich das Startup über die Unterstützung des Kapitalgebers Holtzbrinck Ventures freuen.
Wie andere Einkaufsplattformen hat auch Locafox die Online-Anzeige von lokalen Beständen als Aufhänger gewählt. Doch während das bei der Zusammenarbeit mit großen Ketten, die bereits über eine Echtzeit-Bestandsanzeige verfügen, einfach ist, stellen naturgemäß die kleinen Händler vor Ort hier eine schwierige Knacknuss dar. Locafox hat sich dazu entschlossen, diese Herausforderung nach dem Groupon-Prinzip anzugehen – allerdings noch in kleinerem Maßstab: rund 50 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen derzeit, den Großteil davon in lokalen Sales-Teams. Key-Accounter stellen gleichzeitig die Einbindung großer Ketten in den Online-Marktplatz sicher. „Wir haben bereits Verträge mit mehr als 350 kleinen Händlern und einer Vielzahl größerer Filialisten und Händlern geschlossen – mit passablen Kosten und einem vergleichsweise kleinem Team. Jetzt können wir dazu übergehen, das zu skalieren“, erklärt Locafox-CEO Karl Josef Seilern.
Von Berlin in den Rest der Republik
Um auch kleinen Händlern die Teilnahme an Locafox zu erleichtern, hat das Unternehmen eine nach eigener Aussage „extrem flexible Technologie“ entwickelt. Bereits Excel-Tabellen mit Warenlisten reichen aus, um am Plattformangebot teilzunehmen. „ Wir müssen mit jedem Format arbeiten können, denn je höher der Aufwand für den Einzelhandel ist, desto schwieriger ist es für einen Plattformbetreiber, sich durchzusetzen“, stellt Karl Josef Seilern klar. Die Integration von Locafox sei für Händler ein mehrstufiger Prozess. Im ersten Schritt werde die Datengrundlage angelegt. Wenn die Händler dann merkten, dass durch Locafox tatsächlich Umsätze und Kunden-Traffic generiert würden, könne mit der Umsetzung weiterer Angebotsbausteine begonnen werden: der Einbindung einer Warenreservierungsfunktion, Click & Collect mit vorausgehender Online-Bezahlung und schlussendlich sogar die Lieferung per Same Day Delivery. Das taggleiche Lieferangebot ist bislang allerdings auf der Plattform noch nicht umgesetzt: „Same Day Delivery ist ein sehr wichtiges Thema und steht definitiv auf unserem Plan. Zunächst hat für uns jedoch Click & Reserve oberste Priorität. Der Handel ist bei Same Day Delivery generell häufig noch kritisch, und auch die Kosten sind noch vergleichsweise hoch.“ Auf jeden Fall wolle man Same Day Delivery in Kooperation mit spezialisierten Dienstleistern und nicht in Eigenregie umsetzen.
Wie das Angebot von Locafox aussehen könnte, ist bislang am besten im Raum Berlin zu sehen. Dort befindet sich Locafox bereits in einem offiziellen Beta-Stadium. Nach weiteren Ausbauschritten soll der offizielle Launch im April 2015 stattfinden. „Wir sind derzeit noch mit einer Beta-Seite live, testen und verbessern die Seite kontinuierlich. Wir arbeiten dabei auch mit Fokus-Gruppen und Marktforschung spielt für uns eine wichtige Rolle“ berichtet Locafox-CEO Seilern. Als Schwerpunktsegment habe man sich in Berlin für den Elektronikhandel entschlossen. Aktuell hat Locafox in Berlin rund 150 kleine Händler auf der Seite und will diese Zahl bis zum offiziellen Start auf über 200 ausbauen. „Wenn man bedenkt, dass es in Berlin alleine im Elektronikbereich 300 Händler gibt, ist das natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch der Aufbau eines lokalen Marktplatzes braucht Kapital, Zeit und einen langen Atem.“ Dennoch ist Karl Josef Seilern optimistisch, dass Locafox noch in diesem Jahr der Proof of Concept gelingen werde.
„Einige Wettbewerber werden Ende 2015 nicht mehr existieren“
Dafür, dass Locafox in nur eineinhalb Jahren ein Team von 50 Mitarbeitern auf die Beine stellen konnte, ist in erster Linie die Unterstützung durch die Verlagstochter Holtzbrinck Ventures verantwortlich, aber auch die Beteiligung von Investoren wie Payback-Gründer Alexander Rittweger und der Max Iann Holding. „Wir hatten eine Seed-Runde im mittleren siebenstelligen Bereich und schließen momentan die A-Runde ab, die deutlich höher ausfallen wird“, berichtet Locafox-Gründer Seilern. Nach Berlin will Locafox das Angebot in Hamburg ausbauen und dann kontinuierlich die wichtigsten Großstädte der Republik erschließen. Auch in die Regionen zu gehen, ist für die Einkaufsplattform vorstellbar, dann will das Unternehmen allerdings mit Mediengruppen zusammenarbeiten, um den eigenen Personalaufwand im Rahmen zu halten. Auch eine internationale Expansion ist für Karl Josef Seilern durchaus ein Thema: „Ich habe durch meine Arbeit bei Rocket Internet noch gute Kontakte. Asien und Südamerika wären Märkte, in denen es beim Local Shopping noch gar keine Angebote gibt. In Frankreich und in Großbritannien ist der Markt dagegen schon ganz gut besetzt. Doch bevor wir über so etwas nachdenken, gilt es, Locafox erst einmal in Deutschland zu etablieren. Danach werden wir unser Angebot nach Österreich ausweiten. Wir möchten hier einen Schritt nach dem anderen machen.“
Nicht nur mit den groß angelegten Expansionsideen unterscheidet sich Locafox von Wettbewerbern wie Simply-Local oder Atalanda. Auch mit der Größe des Teams, der Finanzierung und den aufgebauten Strukturen geht das Startup andere Wege. Unternehmensgründer Seilern ist überzeugt, damit gegenüber der Konkurrenz gute Karten zu haben: „2015 wird für die Local-Shopping-Plattformen sehr signifikant. Ich glaube, dass einige kleinere Wettbewerber am Ende des Jahres nicht mehr existieren werden – es ist nun einmal ein sehr kapitalintensives Geschäft.“ Spannend ist für den Locafox-Chef die Frage, inwiefern große Internet-Konzerne wie Google oder eBay in nächster Zeit in den lokalen Retail-Markt vorstoßen werden. Denn eines ist für Karl Josef Seilern klar: „Der Local Commerce ist ein Winner-Takes-It-All-Markt.“
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