Lokaljournalismus kann auch wirtschaftlich funktionieren.

von Gastautor am 10.April 2014 in Trends & Analysen

Julian Heck Porträtvon Julian Heck

Lokaljournalismus ist im Kommen und Gehen. Hyperlokale Angebote sprießen aus dem Boden, Lokalredaktionen bauen Stellen ab. Gemeinsam haben sie meistens: das wenige Geld. Ein Trauerspiel.

Obwohl das Leben immer globaler wird, immer weniger nur an den Heimatort gebunden ist, spielt das Lokale doch eine wichtige Rolle, auch für den Journalismus. Zwar gehen die Verkaufszahlen vieler Lokal- und Regionalzeitungen zurück – und die Anzeigenerlöse gleich mit ihnen -, aber alles in allem liegen die Lokalzeitungen noch neben sehr vielen Kaffeetassen beim Frühstück. Lokale Informationen haben oftmals eine hohe Relevanz, weil das kulturelle und soziale Leben meist lokal verankert ist. Die Entscheidungen, ob die Anzahl der Parkplätze vor dem eigenen Haus reduziert werden, ob die Grundsteuer erhöht wird oder ob die Kinderbetreuung ausgebaut wird, all diese Entscheidungen werden vor Ort getroffen. Kommunalpolitik geht irgendwie jeden etwas an.

Es gibt also eine Existenzberechtigung für lokalen Journalismus. Lokaljournalismus ist notwendig, weil das Lokale relevant ist. Und trotzdem gelingt es kleinen, mittleren und großen Verlagen in diesem Bereich immer weniger, Geld zu verdienen: Blogs klagen über zu geringe Einnahmen, Regionalzeitungen halbieren ihre Belegschaft. Doch gerade im hyperlokalen Online-Journalismus gibt es einzelne Beispiele, die sich auch wirtschaftlich positiv entwickeln: etwa die „Prenzlauer Berg Nachrichten“ oder „Meine Südstadt“. Was sie von klassischen Medienhäusern unterscheidet? Sie richten ihren Fokus auf ein überschaubares geografisches Gebiet (lokal), nutzen die Möglichkeiten des Internets (multimedial) und verzichten weitestgehend auf reinen Terminjournalismus, sondern setzen eigene Themen und setzen diese mit einem kritischen Blick auf die Sache um (journalistisch). Das Geld wird vor allem mit Anzeigen lokaler Unternehmen in verschiedenen Formaten (Branchenbuch, Banner, gesponserte Beiträge) eingespült, aber auch mit freiwillig gezahlten Beträgen von Lesern.

Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Erfolg

Doch wie kann es sein, dass einige Anbieter journalistischer Produkte genügend Unternehmen finden, die Anzeigen schalten, andere wiederum nicht? Eine definitive Antwort darauf wird man nicht geben können – das Erfolgsrezept liegt noch irgendwo verborgen. Es existieren aber einige Faktoren, die einen wirtschaftlichen Erfolg begünstigen. Der Kommunikationswissenschaftler Ralf Hohlfeld behauptet, drei Voraussetzungen für den finanziellen Erfolg von Lokalblogs gefunden zu haben:

1. Das Lokalblog befindet sich in einer Metropolregion.

An dieser Stelle sollte man sich nicht über den Begriff „Metropolregion“ streiten, sondern man kann feststellen: Sowohl der Prenzlauer Berg, die Kölner Südstadt, der Tegernsee oder das Rhein-Neckar-Gebiet sind Regionen, die wirtschaftlich nicht schwach aufgestellt sind und gewiss ein größeres Potential für Anzeigenschaltungen bieten als eine Kommune auf dem Land.

2. Es herrscht eine Monopolstellung (bisher nur eine Tageszeitung).

Dieser Aspekt spielt sicherlich eine Rolle, weil das Lokalblog quasi in eine Marktlücke stößt. Aber auch ohne bisherige Monopolstellung einer Tageszeitung und damit geringer Konkurrenz kann sich ein Lokalblog behaupten – wenn es guten Journalismus macht und sich vor allem qualitativ, aber beispielsweise auch durch die Herangehensweise von der Tageszeitung unterscheidet. Hohlfeld spricht in diesem Zusammenhang exklusiven Themen eine große Bedeutung zu, wenn ein Lokalblog wirtschaftlich funktionieren will.

3. Lokalblogger haben den Mut, sich mit politischen Eliten anzulegen.

Und genau das haben die oben erwähnten Beispiele drauf, keine Frage. Weil viele Tageszeitungen und Anzeigenblätter sogenannte Hofberichterstattung betreiben und nicht den Mut haben, politischen Entscheidungsträgern oder Unternehmern auf den Schlips zu treten, können Lokalblogs diese Rolle als kritisches Auge und damit ein Alleinstellungsmerkmal einnehmen.

Ist dieser Mix aus inhaltlicher Qualität, der Abgrenzung zu Wettbewerbern und gewissen Standortfaktoren gegeben, steht dem Erfolg des Lokaljournalismus prinzipiell nichts mehr im Wege.

Über Julian Heck

Julian Heck ist Lokal- und Medienjournalist. Er schrieb für diverse Lokalzeitungen und betreibt eine hyperlokale Online-Zeitung. Außerdem hat der Südhesse bei diversen Auftraggebern in Online- und Offline-Publikationen veröffentlicht und ist bundesweit als Dozent tätig. Im Institut für Kommunikation in sozialen Medien (ikosom) beschäftigt er sich mit Journalismus und Crowdfunding. Seine Blogs: ausgeheckt, lokalblogger. Auch auf Twitter lässt er sich täglich aus.


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