„MACH hat richtig Fahrt aufgenommen“: Interview mit Rainer Knapp von Wolford.

von Florian Treiß am 27.Oktober 2021 in Interviews, News, Shoptech

Rainer Knapp ist Global Director IT and Digital bei Wolford, einer weltbekannten Marke für Strümpfe­ und Wäsche aus Bregenz am Bodensee. Knapp leitet dort „Wolford X“, eine umfassende Omnichannel­-Digitalisierungsinitiative für alle Direktvertriebskanäle wie Stores, Webshop oder Social Media, die auf Composable Commerce setzt. Zudem engagiert er sich als Botschafter für die 2020 gegründete MACH Alliance, einem Zusammenschluss verschiedener Lösungsanbieter für moderne Commerce-Architekturen. Wir haben mit ihm über sein Engagement für die MACH Alliance sowie über „Wolford X“ gesprochen.

Location Insider: Herr Knapp, Sie sind seit einiger Zeit Botschafter der MACH Alliance. Warum engagieren Sie sich in der Vereinigung?

Rainer Knapp: Die Prinzipien, die die MACH Alliance vertritt, nämlich Microservices, API-first, Cloud-native und Headless, sind genau die Themen, die ich im Alltag immer stärker sehe und von denen ich glaube, dass sie darstellen, wie man künftig Software-Architekturen bauen muss. Ich habe eine monolithische Vergangenheit. In den zwanzig Jahren, die ich in der IT bin, habe ich einiges gesehen. Und leider musste ich feststellen, dass man mit Monolithen häufig in eine Sackgasse läuft. Es war für mich daher ein Lichtblick zu sehen, wie all diese neuen MACH-Architekturen entstanden sind. Deswegen möchte ich den MACH-Ansatz als Botschafter der MACH Alliance weitertragen.

Location Insider: Was macht für Sie den Reiz des MACH-Ansatzes aus im Vergleich zu den monolithischen Systemen?

Rainer Knapp: Bei den Monolithen ist es so, dass man als Kunde von den Herstellern immer versprochen bekommt: „Wir können alles und wir bieten dir alles“. Dann wird zugekauft und integriert oder vermeintlich integriert, und alles unter einem Label verkauft, so dass der Kunde glaubt, er kriegt tatsächlich eine Lösung aus einem Guss, was häufig nicht der Fall ist. Im Gegensatz dazu gab es auch früher schon Best-of-Breed-Ansätze, die aber meist sehr kompliziert waren. Dank der Integration Layer verschiedener Anbieter funktioniert Composable Commerce mit der MACH-Technologie heute einfach und hat richtig Fahrt aufgenommen.

Daher ist der Reiz von MACH für mich, dass ich aus dem Gesamtportfolio an Lösungen, die es in der Cloud gibt, für meinen spezifischen Use-Case, den ich habe, die Komponenten auswählen und kombinieren kann, ohne auf einen Hersteller angewiesen zu sein, der das irgendwie immer mit Kompromissen lösen muss. Ich baue das einfach zusammen wie ein Baukasten-Prinzip, als Composable Commerce. Und das macht MACH so attraktiv. Für jede Spezialanforderung genau das beste Tool wählen zu dürfen und zu können, damit ich keine Kompromisse machen muss.

Location Insider: Und wie kommt die MACH-Technologie bei Wolford zum Einsatz?

Rainer Knapp: Bei Wolford X, unserer Digitalisierungsinitiative im B2C-Bereich für alle direkten Vertriebskanäle, die wir haben: den stationären Handel mit unseren 150 Stores, den E-Commerce, in Zukunft ebenfalls Social Media, die Marktplätze und die Marketingtools im Hintergrund. Wir bauen alles neu auf aus einer in einem Guss designten Architektur, um genau dieses Zusammenspiel zu erreichen, und damit ein echtes Omnichannel-Erlebnis zu gestalten. Denn wir wollen den Kundinnen und Kunden da draußen alles bieten, was heute gefragt ist, aber ebenfalls eine Architektur zu bauen, die das abdecken kann, was in Zukunft kommen wird und was wir heute noch nicht kennen.

Location Insider: Wo kommen bei Wolford X konkret MACH-Technologie bzw. die Lösungen von commercetools zum Einsatz?

Rainer Knapp: Das Projekt Wolford X ist ursprünglich mit der Idee gestartet, unseren Webshop neu zu bauen. Wir sind heute noch Salesforce-Kunde und dachten, wir machen hier ein Re-Platforming. Dann haben wir aber relativ schnell gesehen, dass wir damit überhaupt nicht weit kommen, denn wir möchten „full Omnichannel“ für unsere Kundinnen und Kunden bieten, und da reicht ein Webshop-Relaunch nicht aus. Schließlich ist Omnichannel im Hintergrund sehr komplex. Deswegen haben wir uns für eine komplett neue Omnichannel-Gesamtarchitektur entschieden, bei der zum Beispiel eine CDP (Customer Data Platform) ein wesentlicher Bestandteil sein soll. commercetools ist eines der wichtigsten Shop-Systeme in dem neuen Konzept. Über commercetools werden wir das in unserem B2C-Webshop laufen lassen, der mittlerweile ein Drittel von unserem Konzernumsatz ausmacht. Außerdem arbeiten wir auch am B2B-Webshop für unsere Handelspartner. Die können über commercetools in Zukunft dann einkaufen und Bestellungen absetzen.

Zudem tut sich auch in unseren Stores was: Wir werden auf die mobilen Kassensysteme von NewStore wechseln. Das heißt, wir kriegen Mobile Devices in unsere Läden, und NewStore bringt auch ein Omnichannel OMS (Order Mana­gement Software) mit, in das dann über commercetools alle Orders reinfließen. Dieses OMS wird dann die Bestandswahrheit führen für alle Kanäle. Und dazu kommen Marketing-Automation, Social Media Integration und Master-Data-Management. Das ist durchaus ein großes Portfolio an neuen Lösungen und dann deswegen ebenfalls relativ komplex.

Location Insider: Noch ist Wolford X nicht live, aber Sie verwenden commercetools schon jetzt für einen ersten Use-Case. Um was geht es dabei?

Rainer Knapp: Wir arbeiten gerade am Outsourcing unserer Logistik und wir übergeben aus unserem ERP Kommissionieraufträge an diesen externen Logistiker. Dabei ist es wichtig, an die Kommissionieraufträge sogenannte Value-added-Services anzuhängen. Beispiel: Ein Kunde von uns möchte bei einer Lieferung nach Spanien, dass die Palette rot eingewickelt werden soll. Oder ein Kunde möchte spezielle Labels auf den Paletten haben. Theoretisch könnte man sowas im ERP als Servicekatalog abbilden, doch unser ERP kann das nicht. Das konnte nur unsere alte Lagerverwaltungssoftware, die wir aber nicht mehr nutzen, und der Logistiker hat hierfür auch keine Lösung. Dann ist uns die Idee gekommen, was wäre denn, wenn wir commercetools nutzen und alle Kommissionieraufträge, bevor sie zum Logistiker gehen, dorthin schicken. commercetools kann die Value-Added-Services aus einem Servicekatalog ergänzen und schließlich über ein API­basiertes Integration Layer an den Logistiker übergeben. Das ist was ganz Spezielles und Best-of-Breed in Reinform. Wir brauchen nicht mal ein Frontend dafür, sondern das läuft über das Merchant Center von commercetools im Hintergrund. Deswegen haben wir gesagt, wir ziehen das vor und bauen das jetzt bereits auf, obwohl es gar nichts mit unserer neuen B2C-Architektur aus dem Projekt Wolford X zu tun hat.

Location Insider: Inwieweit hilft Ihnen Ihr Engagement für die MACH Alliance für Ihr eigenes Business?

Rainer Knapp: Als Botschafter komme ich in den Kontakt mit so vielen Unternehmen, kann mich austauschen und von anderen etwas lernen, ähnlich wie in einem Think Tank. Und die MACH Alliance wird immer wichtiger. Es gibt immer mehr Firmen, die Teil davon sind. Und immer mehr Unternehmen achten darauf, ob ihre Technologie-Partner da Mitglied sind oder nicht.

Unser Hauptimplementierungspartner beim Projekt Wolford X, die DIVA-e, bewirbt sich gerade als Implementierungspartner für die MACH Alliance. Das sind genau die Partner, die wir haben möchten. Ich glaube an MACH, ich möchte das haben. Ich möchte bei mir absolut keine Monolithen mehr einführen. Und Partner zu finden, die ebenfalls Composable denken, ist enorm wichtig.

Location Insider: Vielen Dank für das Gespräch!

Lesetipp

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Die weiteren Themen des Whitepapers „Composable Commerce“ im Überblick:

  • Umfrage: Die wichtigsten Technologietrends im Digital Commerce
  • Erfolgsstories von CHRONEXT, flaconi und Flaschenpost (CH)
  • Composable Commerce vs. ­Monolithen ‒ ein Vergleich
  • Composable Commerce statt „All-in-One“
  • Hands-on: Wie der Systemwechsel zu Composable Commerce gelingt
  • Wie die MACH Alliance das Thema Composable Commerce vorantreibt
  • Glossar mit den wichtigsten Begriffen rund um Composable Commerce

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