Interview: Media-Saturn-Chef Pieter Haas über lokale Einkaufsplattformen.

von Matthias Hell am 13.November 2014 in Highlight, Interviews
Wollen Media-Saturn in die Multichannel-Zukunft führen: Martin Sinner, CEO der Electronics Online Group, und Pieter Haas, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding

Wollen Media-Saturn in die Multichannel-Zukunft führen: Martin Sinner, CEO der Electronics Online Group, und Pieter Haas, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding

Wo geht es für Europas größten Elektronik-Retailer im Multichannel-Handel hin? Und welche Rolle spielt dabei die Dimension „Local“? Im Umfeld der Eröffnung der Multichannel-Pilot-Filiale von Saturn in Ingolstadt hatte Location Insider die Chance, sich mit Media-Saturn-Chef Pieter Haas und dem Leiter der neuen Electronics Online Group von Media-Saturn, Martin Sinner, über einige Fragestellungen zur Zukunft des kanalübergreifenden Handels zu unterhalten. Auch nach der Eröffnung der Pilotmärkte von Saturn und Media Markt will der Elektronik-Retailer bei Neuentwicklungen im Multichannel-Handel vorne dabei sein. Großes Potenzial billigt Media-Saturn-Chef Pieter Haas dabei lokalen Einkaufsplattformen zu.

Location Insider: Sie haben eine Vielzahl von Multichannel-Funktionen in die Pilot-Filialen von Media Markt und Saturn integriert, doch oft ist die Benutzung noch etwas umständlich: zum Beispiel wenn Kunden an Touchscreen-Displays Produkte recherchieren und für deren Bestellung erst noch einen QR-Code mit dem Handy abfotografieren müssen…

Pieter Haas: Es gibt noch viele Schritte, die wir gehen müssen. Zum Beispiel bei der Ausstattung der Mitarbeiter mit Tablets. Natürlich ist es ein Umweg, wenn die Kunden erst im Webshop recherchieren und dann einen QR-Code abscannen müssen.

Location Insider: Viele heutige Multichannel-Umsetzungen erinnern gewissermaßen an die Frühphase der MP3-Player, bevor Apple den iPod auf den Markt brachte: die Technologie ist da, aber der Durchbruch in der Usability steht noch aus. Sehen Sie das ähnlich?

Pieter Haas: Es ist richtig, das mit einem MP3-Player vor der Einführung des iPod zu vergleichen. Auch ich habe mir einen frühen MP3-Player gekauft. Es war ein bisschen mühsam, aber ich fand es toll. Da wusste ich ja auch noch nicht was noch so alles kommt. Und so ist es heute mit der Entwicklung im Handel. Wir finden das was es heute gibt schon ganz gut aber wer weiß, wohin sich das noch entwickelt. Aber wohin auch immer, wir werden dabei sein!

Location Insider: Bei welchen Entwicklungen im Multichannel-Handel sehen Sie besonders großes Zukunftspotenzial?

Pieter Haas: Das Problem beim Multichannel-Handel ist, dass das heute noch alles Einzellösungen sind. Das ist unser Nachteil gegenüber einem Online-Marktplatz wie Amazon. Wir müssen weitergehen zu Einkaufsplattformen wie Milo.com in den USA oder Simply-Local in Deutschland. Heute stehen wir mit der Online-Anzeige unserer lokalen Bestände noch fast ganz alleine im Elektronik-Wettbewerb. Aber wenn der gesamte Handel sein stationäres Sortiment auf einer Online-Plattform darstellen würde, dann hätten wir eine Logistik, wie sie Amazon nie bauen kann – und das wäre dann „der iPod“.

Location Insider: Media-Saturn ist neben Simply-Local noch bei vielen anderen lokalen Shopping-Portalen wie beispielsweise Atalanda oder Koomio vertreten. Ist es nicht eine große Hürde, dass es hier noch keinen führenden Anbieter gibt?

Pieter Haas: Wir machen in diesem Bereich grundsätzlich bei vielem mit. Es ist immer gut, wenn man vor einer Heirat mehr als eine Bekanntschaft hat. Aber wir sehen bei Simply-Local sehr gute Chancen, sich durchzusetzen – schon deshalb, weil auch der HDE diese Lösung unterstützt. Es ist immer die Frage, wie man so ein Modell skaliert. Man kann schlecht auf eine Groupon-artige Lösung setzen und gleich ein Sales-Team mit ein paarhundert Leuten aufbauen. Wenn der HDE mit seiner großen Durchdringung im Handel eine Plattform propagiert, dann wären wir hier schon einen Riesenschritt weiter.

Location Insider: Simply-Local wurde von der Media-Saturn-Tochter Xplace entwickelt. Ist das eines der Themen, die Sie künftig im Rahmen der neu gestarteten Electronics Online Group weiter vorantreiben wollen? Sie haben sich für die Leitung der neuen Geschäftseinheit mit Martin Sinner ja eine E-Commerce-Persönlichkeit in Haus geholt, die als Gründer und langjähriger Geschäftsführer von Idealo.de bereits über einschlägige Erfahrung mit Vergleichsportalen verfügt…

Pieter Haas: Es gibt in diesem Bereich viele Themen, die wir schon angefangen haben und wir müssen schauen, inwiefern das in das Portfolio der Electronics Online Group passt. Da werden wir ganz pragmatisch vorgehen. Aber natürlich sind die Erfahrungen, die Martin Sinner von Idealo mitbringt, auch für ein Thema wie Simply-Local sehr hilfreich.

Martin Sinner: Das stimmt, lokale Marktplätze sind von den Abläufen im Prinzip nicht so sehr anders als Idealo am Anfang. Es gibt hier große Parallelen, was die Bedeutung der Qualität und der Pflege der Daten betrifft. Auf so einer Plattform befindet sich eine sehr große, heterogene Menge an Händlern. Da ist es eine große Herausforderung, strukturierte Daten zu erhalten.

Location Insider: Warum hat eigentlich eine Vergleichsplattform wie Idealo nicht auch versucht, den lokalen Handel abzudecken?

Martin Sinner: Ich denke, für Online-Preisvergleicher waren einfach die Webshops die primäre Layer, mit der man kommuniziert. Das Thema Local sehe ich dagegen eher bei den entsprechenden Apps angesiedelt – nur gibt es hier bisher noch keinen überzeugenden Player. Mittelfristig werden lokaler Handel und Online-Shops aber vor allem innerhalb von Apps stärker zusammenkommen.

Pieter Haas: Das ist auch genau das, was Simply-Local machen will. Wenn es funktioniert und eine kombinierte Einkaufsplattform für Online und Stationär zum Standard wird, dann wird das etwas sein, bei dem beide Seite von zusätzlichem Traffic profitieren können. Aber dazu brauchen wir noch Reichweitenpartner und damit die entsprechende mediale Reichweite.

Location Insider: Herr Haas und Herr Sinner – vielen Dank für das Gespräch.

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