Miele setzt auf digitale Innovationen zur Kundenzuführung.

von Matthias Hell am 29.April 2014 in Local Heroes

In Zeiten struktureller Veränderungen in der Handelswelt ergreifen zunehmend auch Hersteller die Initiative, wenn es um die adäquate Präsentation ihrer Produkte geht. Der Haushaltsgerätehersteller Miele tut dies u.a. mit seinem Showroom Miele Gallery in Berlin sowie mit digitalen Planungslösungen zur Anbahnung von Gerätekäufen.

In der Bundesrepublik gibt es heute noch in einer Handvoll Städten Gebäude, die den Namen „Persil-Schule“ tragen. Die schon mit ihrem Äußeren in die Wirtschaftswunder-Ära verweisenden Bauten gehören in eine Zeit, in der sich Hersteller zur Durchsetzung eines neuen Produkts noch nicht auf den Fachhandel verlassen konnten. So auch der Reinigungsmittelkonzern Henkel, der zur Markteinführung seines neuen Waschmittels Persil deutschlandweit eigene Schulungszentren einrichtete, die sowohl für Handelsvertreter wie auch für Endbenutzer(innen) bestimmt waren.

In bester Lage Unter den Linden: Die Miele Gallery in Berlin

In bester Lage Unter den Linden: Die Miele Gallery in Berlin

Heute mutet diese Idee reichlich anachronistisch an, dennoch stellt der Strukturwandel Hersteller zunehmend vor ähnliche Überlegungen. Zum Beispiel findet im Haushaltselektronikbereich der Handel inzwischen hauptsächlich in der Peripherie bzw. im Internet statt, während die Herstellermarken in den Zentren so gut wie nicht mehr vorkommen. Das dürfte im größeren Zusammenhang auch einer der Gründe sein, warum der Hersteller Miele inzwischen weltweit mehr als 70 exklusive Showrooms in Metropolen wie Barcelona, London, New York, Mailand, Moskau, Paris oder Shanghai unterhält. Seit Mitte 2011 betreibt der Haushaltsgerätehersteller auch in Berlin eine Miele Gallery, an der Flaniermeile Unter den Linden, unweit des Brandenburger Tores.

„Die Miele Gallery unterstützt die generelle Markenpositionierung und dient dem Ziel, die Marke und die Produkte emotional erlebbar und greifbar zu machen“, erklärt Miele-Sprecher Carsten Prudent. Endkunden können in dem Showroom Kaffee trinken, Veranstaltungen besuchen, vor allem auch die Produkte des Premiumherstellers in einem hochwertigen Umfeld erleben und sich zu Käufen anregen lassen. Insofern erfüllt die Miele Gallery tatsächlich eine Aufgabe, die in den goldenen Zeiten des stationären Handels von den Herstellern gerne delegiert wurde.

Virtuelle Küchenplanung in Echtgröße

„Feel, smell, touch“ - Miele will in seiner Gallery eine erlebnisorientierte Produktpräsentation bieten.

„Feel, smell, touch“ – Miele will in seiner Gallery eine erlebnisorientierte Produktpräsentation bieten.

Neben der Schärfung des Markenprofils trägt die Miele Gallery auch innerhalb des Fachhandelsvertriebs des Herstellers eine Funktion. Zum einen, da der Showroom Handelspartnern Anregungen für die Präsentation von Miele-Geräten liefern soll. Andererseits, da in der Miele Gallery auch Beratungsleistungen auf hohem Niveau erbracht werden, die bei den Endkunden direkte Kaufabschlüsse in die Wege leiten sollen. Wie Miele-Sprecher Prudent erklärt, würden innerhalb eines neuen Geschäftsbesorgungsmodells des Herstellers teilnehmenden Händlern in der Miele Gallery generierte Aufträge direkt vermittelt. „Zudem kommen Kunden oft auf Empfehlung ihres Händlers in die Gallery, um sich einen umfassenden Eindruck von der Miele-Markenwelt zu verschaffen“, so Prudent. Nicht selten führe dies zu einer Ausweitung der Auswahl um Komplementärgeräte oder gelinge es, Endkunden von den Vorzügen höherwertiger Geräte zu überzeugen.

Dafür setzt der Gerätehersteller nicht nur auf die Beratungskompetenz seiner Mitarbeiter, sondern auch auf die virtuelle 3D-Warenpräsentation mittels eines Gerätevisualisierers. Dabei handelt es sich um eine fest installierte Offline-Anwendung, die auf einer Digital Signage Lösung des Display-Spezialisten Xplace realisiert wird. Kunden können so in dreidimensionaler Darstellung und Echtgröße gewünschte Miele-Geräte in ihre individuelle Küchenkonstellation integrieren lassen. Die digitale Planungslösung erleichtert damit die Auswahl neuer Geräte und liefert dem Kunden einen „Einkaufszettel“ für das weitere Verkaufsgespräch mit dem Miele-Fachhandel.

Gerätevisualisierer auch als Online-Lösung

Seit Anfang 2014 ist der Gerätevisualisierer auch in den Online-Auftritt von Miele integriert

Seit Anfang 2014 ist der Gerätevisualisierer auch in den Online-Auftritt von Miele integriert

Der Einsatz des Gerätevisualisierers im stationären Umfeld hat sich so erfolgreich erwiesen, dass der Hersteller seit Anfang 2014 auch eine Online-Version des Planungs-Tools in seinen neuen Internetauftritt integriert hat. „Der Gerätevisualisierer ermöglicht es, Miele-Geräte in einem exemplarischen haushaltsähnlichen Umfeld realitätsnah abzubilden – und zwar in sämtlichen Farb- und Designvarianten“, erklärt Miele-Sprecher Prudent. Auch bei der Online-Variante der virtuellen Planungslösung steht am Ende eine Gerätefiguration als Einkaufshilfe für den Besuch beim nächsten Miele-Fachhändler. Diese kann aber auch auf Facebook geteilt werden und damit weiteren potenziellen Kunden Anreize für den Besuch der Miele-Webseite liefern.

Wie Carsten Prudent erklärt, sind für den Online-Gerätevisualisierer zudem Rückwirkungen auf die Miele-Gallery und andere Offline-Präsentationsformate (z.B. auf Messen) vorgesehen. So habe man für den Online-Einsatz zusätzliche Funktionen entwickelt, die auch in künftige Versionen der Offline-Geräte integriert werden sollen. „Außerdem ist eine mobile Miele-Gerätevisualisierer-Lösung für Smartphones und Tablets in Arbeit“, so der Unternehmenssprecher. Der Haushaltsgerätehersteller begreift den Online-Kanal damit nicht primär als Bedrohung für gewachsene Handelsstrukturen, sondern setzt auf digitale Präsentationsformen, die den Fachhandelspartnern dabei helfen können, internetaffine Kunden für den stationären Handel zurückzugewinnen.


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