Modomoto ist mit seinem stationären Fitting Room auf dem richtigen Weg.

von Matthias Hell am 24.März 2015 in Local Heroes

Der Curated-Shopping-Anbieter Modomoto betreibt seit Ende 2013 einen stationären Fitting Room in Berlin. Wie Geschäftsführer Andreas Fischer berichtet, bleibt der Fokus des Unternehmens zwar klar auf Online gerichtet. Doch anders als beim Wettbewerb erfülle bei Modomoto das stationäre Geschäft die Erwartungen: der Fitting Room helfe bei der Kundenbindung und ziehe auch neue Kunden an.

Andreas Fischer ist Mitgründer und Geschäftsführer von Modomoto

Andreas Fischer ist Mitgründer und Geschäftsführer von Modomoto

Als wir Anfang 2014 in unserer Artikelserie „Local Heroes“ erstmals über Modomoto berichteten, war das Engagement des Curated-Shopping-Modeversenders im stationären Handel noch ganz neu. Mit dem Fitting Room in Berlin-Mitte hatte das Unternehmen soeben einen Versuchsballon gestartet, um herauszufinden, ob die Online-Marke von den Kunden auch in einem stationären Umfeld angenommen wird. Die Teilnahme von Modomoto Co-Geschäftsführer Andreas Fischer am „K5 Capital Day“ von Exciting Commerce bot nun einen guten Anlass, um mehr über die Entwicklung des neuen Verkaufsformats zu erfahren. „Der Fitting Room funktioniert sehr gut“, fasst Fischer die bisherigen Erfahrungen zusammen. Nicht nur Modomoto-Kunden aus dem Raum Berlin zählten zu den Besuchern des stationären Geschäfts, auch würden sich Besteller aus dem Rest der Republik bei Arbeits- oder Urlaubsreisen dort oftmals zu einen Besuch anmelden.

Das Geschäft hat keine festen Ladenzeiten, sondern öffnet nur nach Vereinbarung. Modomoto-Stylistinnen warten dann mit einer Outfit-Vorauswahl auf „ihre“ Kunden und können sich im direkten Kontakt noch besser hinsichtlich der individuellen Vorlieben und Gewohnheiten abstimmen. „Es geht vor allem um den passenden Stil-Fit“, erklärt Andreas Fischer. Dieser lasse sich im persönlichen Austausch noch genauer ermitteln. Zudem vermittle man den Kunden bei der Gelegenheit auch zusätzliche Infos u.a. zu den ausgewählten Marken und deren jeweiligem Background. Das Curated-Shopping-Konzept von Modomoto bringt es mit sich, dass der Fitting Room nach einem sehr reduzierten Ansatz konzipiert ist. Neben der für den jeweiligen Kunden zusammengestellten individuellen Auswahl gibt es in dem Geschäft nur ein aus Bestsellern und passenden Accessoires zusammengesetztes Basissortiment. Auch Funktionalitäten aus dem Bereich digitaler POS sucht man im Fitting Room vergebens – schließlich geht es hier nicht darum, ein Multichannel-Handelskonzept zu etablieren, sondern dient das stationäre Geschäft vielmehr der Verfeinerung des hinter Modomoto stehenden Kurationsprinzips.

Fitting Room freut Bestandskunden, Neubesteller – und die Industrie

Im Idealfall trifft der Modomoto-Kunde im Fitting Room auf seine Online-Kundenberaterin

Im Idealfall trifft der Modomoto-Kunde im Fitting Room auf seine Online-Kundenberaterin

Dennoch beobachtet Modomoto nach mehr als einem Jahr Erfahrung mit dem Fitting Room die positive Wechselwirkung zwischen Online-Geschäft und dem stationären Format. „Für die Kundenbindung ist der Fitting Room fantastisch“, schwärmt Andreas Fischer, „erst recht, wenn die Kunden stationär von der gleichen Stylistin begrüßt werden, die sie bisher nur online oder über das Telefon kannten.“ Im besten Fall entfalte das Ladengeschäft von Modomoto damit eine virale Wirkung: „So eine Erfahrung ist auch etwas, über das die Leute reden und was dann wiederum andere Menschen dazu motiviert, sich für Modomoto zu interessieren.“ Wie andere Online-Händler, die den Sprung in die Offline-Welt gewagt haben, berichtet auch Andreas Fischer darüber, dass die stationäre Präsenz es erleichtere, Neukunden zu gewinnen, die noch nicht bzw. in einem geringeren Maße online einkauften. Und schließlich mache der Fitting Room von Modomoto noch einen weiteren Personenkreis glücklich: die Industrie. „Die Marken finden es natürlich super, wenn ihre Waren in einem so schönen Umfeld präsentiert werden.“ Ohnehin habe Modomoto, das statt auf Discounts auf persönliche Beziehungen zu den Kunden setze, sehr gute Beziehungen zu den Modeherstellern.

Mit dem Versuch in der Offline-Welt Wurzeln zu schlagen, ist Modomoto nicht alleine. Mit Outfittery streckte 2014 auch der wichtigste Wettbewerber von Modomoto die Fühler in ein stationäres Umfeld aus. Statt einem gediegenen innenstädtischen Umfeld versuchte es der Modeversender jedoch mit einem Concept Store am Flughafen Hamburg – mit bescheidenem Erfolg: nur vier Monate nach der Eröffnung beendete Outfittery das stationäre Experiment wieder. Modomoto-Gründer Andreas Fischer sieht das Flughafen-Store-Konzept daher auch nicht als Vorbildbeispiel: sein Fitting Room setze ja gerade darauf, Kunden ein möglichst entspanntes und einladendes Umfeld zu bieten – eine Zielsetzung, die in einer Reisesituation an einem internationalen Flughafen wohl kaum zu verwirklichen sei.

Online bleibt dennoch die klare Priorität

Konkrete Pläne zur Eröffnung weiterer Fitting Rooms gibt es bei Modomoto noch nicht

Konkrete Pläne zur Eröffnung weiterer Fitting Rooms gibt es bei Modomoto noch nicht

Obwohl Modomoto mit seinem Fitting-Room-Konzept also durchaus auf dem richtigen Weg ist, bleibt die Priorität für Andreas Fischer zunächst Online: „Die Bedeutung des Fitting Room ist in unserem Geschäftskonzept zurzeit noch eher eine ergänzende.“ Anfang 2015 hat Modomoto stattdessen ein neues Logistikzentrum in Berlin mit einer Fläche von mehr als 4.000 qm eingeweiht. „Damit haben wir Platz für weiteres Online-Wachstum geschaffen und wollen uns erst einmal darauf konzentrieren.“ Zudem stehe nach Deutschland und Österreich die Expansion von Modomoto in die Schweiz recht weit oben auf der Prioritätenliste des Unternehmens. Zwar teilt Andreas Fischer die Überlegungen seiner Co-Geschäftsführerin Corinna Powalla, mittelfristig nicht nur weitere Fitting Rooms einzurichten, sondern auch Kooperationen mit anderen Einzelhändlern oder Shop-in-Shops zu prüfen. Doch bleibt der Fokus von Modomoto klar auf das Online-Geschäft gerichtet.

Der Erfolg gibt dem Curated-Shopping-Anbieter dabei klar recht. Wie Andreas Fischer auf dem „K5 Capital Day“ berichtete, nehme Modomoto mit einem Umsatz von mehr als 20 Millionen Euro in dem Segment klar die Marktführerschaft ein. Für 2015 strebe das Online-Unternehmen eine weitere Umsatzsteigerung von mindestens 100 Prozent an. Verbunden ist diese dynamische Entwicklung mit einer grundsoliden Herangehensweise. So hat der Aufbau von Modomoto, das weiterhin zu 80 Prozent in Gründerhand ist, bisher weniger als 5 Millionen Euro gekostet – und das bei einem Unternehmen mit mittlerweile mehr als 180 Mitarbeitern. Das Geheimnis dahinter sei ein Fokus auf Wirtschaftlichkeit, gepaart mit einem ausgeprägten Sinn für Selbstständigkeit – sei es beim Aufbau komplett eigener Lagerbestände oder auch beim Einsatz einer eigenentwickelten Software. Es überrascht somit nicht, dass Modomoto nicht gleich handstreichartig eine ganze Ladenkette aufbauen will. Doch kündigte Andreas Fischer an, sich als Wachstumsstrategie auf ein Bestandskundenmodell konzentrieren zu wollen – und dabei könnte die Eröffnung des einen oder anderen zusätzlichen Fitting Rooms in den nächsten Jahren durchaus unterstützend wirken.


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