mymuesli baut das stationäre Geschäft mit hohem Tempo weiter aus.
von Matthias Hell am 14.Juli 2015 in Local HeroesRund zehn weitere Ladengeschäfte wird mymuesli in diesem Jahr noch eröffnen. Parallel mit der Erweiterung der Filialkette auf 30 Standorte wächst auch der stationäre Erfahrungsschatz des Online-Händlers. Mittelfristig plant mymuesli neben einer kanalübergreifenden Warenwirtschaft weitere stationäre Services und denkt auch über neue Betreiberkonzepte nach.
Der Ausbau der stationären Ladenkette entwickelt bei mymuesli offensichtlich eine unwiderstehliche Dynamik: Als wir im Februar zuletzt über den Expansionskurs des Müsli-Versenders berichteten, lag die Zahl der Stores bei 19. Seitdem stieg die Anzahl der Geschäfte durch Neueröffnungen in Würzburg, dem Frankfurter Einkaufszentrum Skyline Plaza sowie zuletzt in Dortmund (am 9. Juli eröffnete mymuesli dort einen Store in der Thier-Galerie) auf 22. Und blickt man in die Stellenanzeigen auf der Webseite des Unternehmens, lassen sich bereits neun weitere geplante Stores erkennen: in Flensburg und Freiburg, im Hamburger Alstertal Einkaufszentrum, in Hannover, Heidelberg, Leipzig und Koblenz. Im Ausland geplant sind Filialen in Graz sowie – erstmals in der Schweiz – in Bern. „Wir werden die Anzahl unserer Läden bis Jahresende roundabout auf 30 bis 32 steigern“, bestätigt Co-Geschäftsführer Max Wittrock im Gespräch mit Location Insider. Dabei agiere mymuesli weiterhin eigenfinanziert und eröffne die stationären Geschäfte aus eigener Kraft: „Deshalb ist es wichtig, die Zahlen im Blick zu haben und deshalb sagen wir, wenn bei der Anmietung nicht alles passt, lieber nein. Doch wenn ein neuer Laden fertig ist, ist das immer ziemlich cool, weil man von so einem Geschäft auch unheimlich viel zurückkriegt.“
Aber was macht stationäre Läden für die Online-Müsli-Marke mit ihrem Mass-Customization-Konzept eigentlich so attraktiv? Wie Max Wittrock erklärt, handele es sich dabei um eine Kombination verschiedener Faktoren. Zum einen stelle ein Laden eine Convenience für Bestandskunden dar, denen man auf diese Weise einen weiteren Kanal für ihren Einkauf bieten könne. Gleichzeitig spielten die Läden eine wichtige Rolle für die Neukundengewinnung: „Im Food-Bereich wollen Kunden ein für sie neues Produkt gerne erst einmal probieren. Zudem stärken wir mit den Geschäften unsere Präsenz in trafficstarken Bereichen“, so der mymuesli-Mitgründer. Und nicht zu vergessen: „Die Stores sind ein funktionierender Kanal und nicht nur ein Offline-Schaufenster.“ Die mymuesli-Macher legen großen Wert darauf, dass das stationäre Geschäft keine Quersubventionierung darstellt und die Stores in sich profitabel sind.
Eigene Geschäfte ersetzen Partner-Hotspots
Bei bald 30 Läden kann man nicht mehr von einem stationären Experiment sprechen, doch Max Wittrock betont, dass der klassische Einzelhandel für mymuesli weiterhin ein „Lernfeld“ ist. Die Lernkurve der vergangenen Jahre sei „supersteil“ gewesen und in der Tat kann das Online-Unternehmen inzwischen auf Erfahrungen mit verschiedenen stationären Formaten und Verkaufskonzepten zurückblicken. So zog mymuesli 2014 zum ersten Mal mit einem Store in ein Einkaufszentrum, ins Stuttgarter Milaneo. „Das war für uns ein doppelt spannender Versuch“, berichtet Wittrock, „zum einen wegen dem Center, aber auch weil Stuttgart die erste Stadt war, in der wir einen zweiten Laden aufgemacht haben. Wir wussten nicht, was nun passiert: Bestellt danach keiner mehr online bei uns?“ Das Gegenteil war der Fall. Der Store wurde gut angenommen und auch das Online-Geschäft läuft im Raum Stuttgart weiterhin gut – für mymuesli der Beweis, dass in einer großen Stadt eine Verdichtung möglich ist. Inzwischen sind Einkaufscenter zu einem selbstverständlichen Kanal für den Müsli-Anbieter geworden. In Frankfurt, Kaiserslautern und Dortmund folgten weiteren Center-Lagen und mit der anstehenden Eröffnung im Hamburger AEZ wird rund jeder sechste mymuesli-Laden in einem Einkaufszentrum untergebracht sein.
Zurückgefahren wurde unterdessen der Kanal, mit dem mymuesli ursprünglich seine Fühler ins stationäre Umfeld ausstreckte: Abhol-Hotspots, die, in Cafés und Bioläden angesiedelt, Online-Kunden eine zusätzliche Bezugsmöglichkeit bieten sollten. „Angesichts unserer steigenden Offline-Verbreitung ist das Need für Partner-Hotspots gesunken“, resümiert Max Wittrock. Zudem habe es sich bei dem Partnermodell um eine Art informellen Freundschaftsdienst gehandelt, mit der Folge einer schwankenden Qualität bei der Integration von mymuesli. Heute nehmen die mymuesli-Läden die Rolle der Hotspots ein – auch weil das Online-Unternehmen auf diese Weise Multichannel-Synergien generieren will: „Wenn Standardmischungen in den Läden vorrätig sind, müssen wir diese nicht extra verschicken“, erklärt Wittrock. Ein ERP-System, das den Abgleich von Online-Bestellungen und stationären Verfügbarkeiten automatisiert, plant mymuesli allerdings erst in den kommenden zwei Jahren einzuführen. Dass sich das Online-Unternehmen auf diese Weise unnötige Multichannel-Prozesse aufhalse, befürchtet der mymuesli-Mitgründer nicht: „Das wäre schwierig, wenn wir ein Riesenladen mit 20.000 Produkten wären. Aber da es hier nur um unsere Fertigmischungen geht, haben wir die Prozesse im Griff.“
Zukunftsideen von neuen Services bis Franchise
Das Beispiel stationäre Verfügbarkeiten zeigt aber bereits, dass mymuesli sein stationäres Engagement nicht nur zahlenmäßig ausweitet, sondern auch inhaltlich weiterentwickelt. „Wir haben Pläne für zusätzliche Services in den Stores“, verkündet Max Wittrock. Zwar sei noch nichts spruchreif, doch reichten die Ideen von der Integration des Mass-Customization-Prinzips in das stationäre Umfeld bis hin zu neuen Produkten. Auch eine behutsame Sortimentserweiterung um Artikel der mymuesli-Zweitmarken Tree of Tea und Green Cup Coffee stehe bei dem Unternehmen auf der Tagesordnung. Prinzipiell vorstellbar sei zudem die Eröffnung eigenständiger Läden für das Tee- und Kaffeegeschäft. Ein erster Test mit einem Coffeeshop im Münchner Studentenviertel Schwabing sei im vergangenen Jahr allerdings wieder eingestellt worden. „Wir sind nun einmal Händler, keine Gastronomen und werden uns deshalb verstärkt auf Handelsformate konzentrieren“, erklärt Wittrock.
Angesichts der großen Anzahl an mymuesli-Stores wären auch neue Konzepte beim Betreibermodell denkbar. Bisher wird jeweils eine Handvoll der zentral betriebenen Geschäfte von einem Store Manager geleitet. Eine Alternative wie zum Beispiel ein Franchise-Modell plane man aktuell nicht, erklärt Max Wittrock, „aber wir denken in alle Richtungen.“ Das Franchise-Prinzip bringe ein hohes Maß an Verantwortung mit sich, da man potenziellen Franchise-Nehmern eine hohe Zuverlässigkeit des stationären Geschäftsmodells bieten müsste. Und für mymuesli, das sich auch zehn Jahre nach der Gründung noch als Start-up bezeichnet, ist dieser Punkt offensichtlich noch nicht erreicht. Auch wenn man bisher mit dem Filialgeschäft großen Erfolg habe, sei es doch so, dass man immer an irgendeinem Punkt nicht ganz happy sei. Zwar habe mymuesli bisher mit keiner Filiale Schiffbruch erlitten, doch bei einer entsprechend hohen Anzahl an Läden werde das Risiko eines Fehlschlags zwangsläufig höher, räumt der Co-Geschäftsführer freimütig ein. Diese Offenheit ist nicht nur sympathisch, sondern – gepaart mit der Start-up-typischen Experimentierfreude – wohl auch einer der Gründe für den inzwischen kanalübergreifenden Siegeszug von mymuesli. Über die Erfolgsgeschichte der Müsli-Fans aus Passau dürfte es deshalb auch in Zukunft noch so einiges zu berichten geben.
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