mymuesli: „Wir haben gemerkt, dass Läden eine wichtige Funktion erfüllen“.
von Matthias Hell am 12.August 2014 in Local HeroesAn erster Stelle ist mymuesli der Inbegriff einer Online-Marke, die es geschafft hat, mit einem hochgradig individualisierten Produkt und einer internetzentrierten Vertriebsstrategie der „grauen Maus“ Müsli neue Hipness einzuimpfen. Doch der vermeintliche Pure-Onliner setzt inzwischen auf ein vielschichtiges Multichannel-Modell, zu dem neben eigenen Stores auch Partnerschaften mit bestehenden Geschäften – z.B. als Abholstation oder Reseller – gehören. Im Rahmen unserer Local Heroes Sommer-Interviews haben wir uns mit mymuesli-Mitgründer Max Wittrock über die jüngste Entwicklung bei dem Unternehmen unterhalten:
Location Insider: Zum Zeitpunkt der „Local Heroes“-Buchveröffentlichung Mitte 2013 hatte mymuesli gerade vier stationäre Geschäfte, inzwischen sind es 13 – aus welchen Erfahrungen heraus habt Ihr die stationäre Expansion so rasch vorangetrieben?
Max Wittrock: Wir haben gemerkt, dass die Läden wirklich eine wichtige Funktion erfüllen: Dort findet man eine sehr große Auswahl unserer Produkte, kann probieren, Fragen stellen und mymuesli entdecken. Und natürlich hat so ein Laden auch Marketingeffekte, allein schon, weil Menschen immer wieder unser Logo sehen – irgendwann entschließen sie sich vielleicht auch einmal, den Laden zu betreten und zu probieren. Aber wir haben uns da keinen Zeitplan aufgebürdet, den wir unbedingt einhalten müssten. Finden wir die passende Immobilie nicht, dann wird auch nicht eröffnet, wir gehen sehr ungern Kompromisse bei den mymuesli-Läden ein. In Deutschland werden wir heuer noch Konstanz eröffnen, in Österreich Wien. Dann mal sehen, wie es weitergeht.
Location Insider: Der Store in Wien wird das erste mymuesli-Geschäft im Ausland sein. Wird mymuesli bald in großem Stil in die Nachbarländer expandieren?
Max Wittrock: Man muss einschränkend sagen, dass wir als Passauer ja fast schon halbe Österreicher sind, denn bis zur Grenze ist es nur ein ganz kurzer Weg. Eine Expansion nach Wien ist also zumindest geographisch und was die Wege angeht einfacher, als etwa ein Laden in Hamburg. Insofern begreifen wir das nicht wirklich als Ausland, aber rechtlich zum Beispiel gibt es natürlich schon andere Rahmenbedingungen.
Location Insider: Die Anzahl der stationären Abhol-Hotspots für Online-Kunden von mymuesli ist heute geringer als noch vor einem Jahr. Läuft das Konzept nicht so gut?
Max Wittrock: Nein, das ist ja ein super Konzept und funktioniert auch gut. Aber Platz ist immer ein Problem in den Läden, nicht jede Immobilie ist geeignet, um viele Pakete aufzubewahren. Deswegen ist derzeit nicht jeder Laden ein Hotspot. Doch auch dafür werden wir sicher zeitnah eine Lösung finden.
Location Insider: Was hat es mit der neuen mymuesli-Kundenkarte auf sich?
Max Wittrock: Kundenbindung. Mit der Karte kann ich bestimmte Angebote in Anspruch nehmen, wir generieren Stammkunden, das macht einen Laden planbarer.
Location Insider: Inwiefern gelingt es Euch, durch die Präsenz in verschiedenen Kanälen Mehrwerte zu schaffen, die über den jeweiligen Kanal an sich hinausgehen?
Max Wittrock: Man muss immer aufpassen: Jeder Kanal soll die gleichen Vorteile bieten, etwa identische Preise. Nur weil ich nicht neben einem mymuesli-Laden wohne, darf ich nicht online teurer einkaufen müssen zum Beispiel. Klar macht mal ein Laden eine kleine eigene Aktion. Aber grundsätzlich sollte das gewährleistet sein. Gleichzeitig will man auch die Vorteile jedes Channels herausarbeiten, sei es im Retail durch die Kombination mit anderen Produkten, in den Läden mit Probiermöglichkeit oder online durch die Custom-Mix-Funktion. Aber wir sind ja noch nicht lange Multi-Chanel-Händler, deswegen müssen wir die Frage am besten mal in zwei, drei Jahren diskutieren, wenn wir mehr Erfahrungen gesammelt haben.
Location Insider: Inzwischen habt Ihr mit Tree of Tea, Oh! Saft und Green Cup Coffee eine Reihe von Zweitmarken gestartet. Während es Oh! Saft nur als Online-Abo gibt, werden die Tees auch in einigen mymuesli-Stores angeboten, die Kaffees zudem in einigen Partnergeschäften. Welche Überlegung steckt hinter dieser Vertriebskonfiguration?
Max Wittrock: Ich muss ehrlich sagen, dass wir hier noch viel ausprobieren. Auch sollen unsere Läden kein starres Filialsystem sein; das heißt wenn ein Laden groß genug ist und es sich anbietet, gibt es eben eine Kaffeebar – aber falls das nicht möglich ist: auch ok. Doch einer der Vorteile von Oh!Saft ist ja gerade, dass ich keine Orangen (in Boxen mit je mehr als 6kg) durch die Stadt schleppen muss. Eine Dose Kaffee mit 227g lässt sich da doch leichter mit Müsli kombinieren.
Location Insider: Wie geht es bei mymuesli weiter mit dem Multichannel-Geschäft?
Max Wittrock: Im Moment wartet kein weißes Kaninchen im Zylinder. Will heißen: Wir planen keine gravierende Änderung oder Neuerung, sondern arbeiten an der kontinuierlichen Verbesserung und Weiterentwicklung des bestehenden Modells. Aber freilich gibt es ständig neue Sorten, Zutaten und Ideen, sonst wäre es ja furchtbar langweilig!
„Neue Helden braucht der Handel“, so lautet das Motto unserer Artikelserie Local Heroes. Folgerichtig geht es uns mit den Beiträgen der Rubrik nicht darum, x-beliebige Fallbeispiele aneinanderzureihen, sondern ein Bewusstsein zu schaffen für den Handel der Zukunft, der auf ganz selbstverständliche Weise die Grenzen von Online und Offline überschreitet. Deshalb begleitet Location Insider auch nach der Erstveröffentlichung kontinuierlich den weiteren Werdegang der jeweiligen Unternehmen. Die ereignisarmeren Sommerwochen wollen wir nutzen, um ab sofort im Rahmen einer Interview-Serie einen tiefergehenden Blick auf die Entwicklung besonders spannender „Local Heroes“ zu werfen.
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