myToys widersteht dem Multichannel-Einheitsbrei.

von Matthias Hell am 27.Oktober 2015 in Local Heroes

Der Spielwaren- und Kinderartikelanbieter myToys zählt zu den ersten Online-Händlern, die den Sprung in das stationäre Umfeld gewagt haben. Dennoch setzt myToys in seiner Multichannel-Strategie weiterhin bewusste Aussparungen. Wichtiger als eine vollständige Kanalverknüpfung ist dem Unternehmen die optimale Entwicklung des jeweiligen Vertriebskanals.

Oliver Lederle ist Vorsitzender der Geschäftsführung von myToys

Oliver Lederle ist Vorsitzender der Geschäftsführung von myToys

myToys zählt in vielfacher Hinsicht zu den Vorreitern des digitalen Handels in Deutschland. Das Unternehmen ging 1999 online und wurde bereits im Jahr 2000 mehrheitlich von der Otto-Gruppe übernommen. 2006 eröffnete myToys seine erste Filiale und zählte damit auch im kanalübergreifenden Handel zu den Pionieren. Heute betreibt der Spielwaren- und Kinderartikelhändler deutschlandweit insgesamt 14 stationäre Geschäfte. Wie Geschäftsführer Oliver Lederle berichtet, liegt der stationäre Umsatzanteil inzwischen bei rund 5 bis 7 Prozent am Gesamtumsatz, der sich im zurückliegenden Geschäftsjahr 2014/15 auf 424 Mio Euro belief.

„Beim Einstieg in den stationären Handel ging es auch um die Stärkung unserer Marke, um noch besser bei unserer jungen Zielgruppe im Mittelpunkt zu stehen“, erklärt Oliver Lederle die Motivation hinter der Multichannel-Aufstellung von myToys. Indem das Unternehmen im Alltag Familien auch mit stationären Geschäften ansprechen könne, sei ein noch stärkeres Wachstum möglich als nur über den Online-Kanal. Die myToys-Geschäfte umfassen Flächen von 400 bis 1.500 Quadratmetern und sind nicht selten in Einkaufszentren angesiedelt. Wie Lederle betont, sei es myToys beim Aufbau des Filialnetzes nicht unbedingt darum gegangen, das Rad neu zu erfinden: „Wir wollen auch offline wirtschaftlich rentabel agieren und müssen uns deshalb an den Gesetzen des stationären Handels orientieren.“ Doch wie viele in den stationären Handel eingestiegene Onliner sieht sich auch myToys als junge Alternative zu den verkrusteten Handelsstrukturen: „Wir wollen frischer und moderner sein als der Wettbewerb. Außerdem glauben wir daran, dass wir das stationäre Geschäft besser beherrschen“, so der Gründer und Geschäftsführer des Spielwarenhändlers.

Die etwas andere Variante von Click and Collect

Die myToys-Filiale in Siegen

Die myToys-Filiale in Siegen

Trotz mittlerweile neun Jahren Erfahrung in der Verbindung von Online- und Offline-Handel gibt sich Oliver Lederle im Hinblick auf die Potenziale von Multichannel-Effekten nüchtern: „Unsere Haupterkenntnis ist, dass beide Kanäle sehr unterschiedlich sind.“ Damit die stationären Geschäfte gut funktionierten, sei es wichtig, die ureigenen Eigenheiten des stationären Handels auch entsprechend zu leben. Als wichtigstes Multichannel-Feature bezeichnet der myToys-Chef die Einbindung des Onlineshops in das Verkaufsgespräch. „Wir haben ein riesiges Online-Sortiment, das im Vergleich zum stationären Angebot zigfach größer ist – dieses über die Geschäfte zugänglich zu machen, ist für uns ein sehr interessanter Hebel.“ Anders als viele Digital-Gimmicks, die von Multichannel-Händlern gerne eingesetzt werden, sei die Integration des Online-Sortiments in das stationäre Umfeld schon deshalb sinnvoll, da sie unmittelbar in der Filiale wirke.

Bestellt ein Kunde in einem myToys-Geschäft einen Online-Artikel entweder zur Filialabholung oder zum Versand nach Hause, wird das bei dem Spielwarenhändler traditionell mit dem Begriff Click and Collect bezeichnet. Mit dem inzwischen gebräuchlichen Konzept von Click and Collect – also der Offline-Abholung von Online-Bestellungen – kann Oliver Lederle dagegen nicht so viel anfangen: „Diese Form von Click and Collect ist für uns als Händler mit 14 Filialen weniger relevant. Für Händler, die immer in der Nähe ihrer Kunden sind, mag das vielleicht anders sein.“

Wechselwirkungen zwischen Online und Offline

Blick in eines der stationären Geschäfte von myToys

Blick in eines der stationären Geschäfte von myToys

Auch wenn myToys auf Kanalverknüpfungen zum Selbstzweck verzichtet, hat das Unternehmen die sich aus der Online-/Offline-Aufstellung ergebenden Mehrwerte klar zu schätzen gelernt. Oliver Lederle berichtet: „Die Filialen helfen dabei, Trends zu erkennen und Feedback zu sammeln, was die Kunden wollen – gerade auch im Hinblick auf unsere Zielgruppe Kinder.“ Da Kinder als Online-Kunden von myToys nur mittelbar in Erscheinung träten und naturgemäß nicht eigenständig online einkaufen könnten, ermögliche das Filialgeschäft hier wichtige Einblicke. „Umgekehrt erkennen wir auch im Versandhandel Trends und merken, wenn Kunden bestimmte Produkte besonders intensiv suchen. Diese bringen wir dann zeitnah in die Filialen“, berichtet Lederle.

Eines der nächsten Multichannel-Features, das myToys einführen will, ist die Anzeige von stationären Verfügbarkeiten im Onlineshop. Allerdings stehe das Thema auf der Liste der IT-Prioritäten nicht ganz oben. Online hat myToys zuletzt durch den Wandel zum Marktplatz und die Einbeziehung von Drittanbietern von sich reden gemacht. Die von diesen im myToys-Onlineshop gelisteten Artikel können selbstverständlich auch aus den Filialen des Spielwarenhändlers heraus bestellt werden. Eine Einbindung der Drittanbieter in das stationäre Angebot von myToys ist aber nicht geplant. Auch hier bleibt das Unternehmen seiner Devise treu: Multichannel ja, aber nur dort, wo es Sinn macht.


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