Storeplus macht Online-Händler zu Fachhandelspartnern.

von Matthias Hell am 31.März 2015 in Local Heroes

Kooperation statt Konfrontation: der Dienstleister Storeplus integriert Sortimente von Online-Händlern als digitale Regalverlängerung in lokale Fachgeschäfte. Das zeigt, dass sich jenseits von Amazon Onliner und Stationärhändler weniger fremd sind, als oft dargestellt. Doch reicht es nicht, einfach einen Onlineshop in ein Ladengeschäft zu stellen. Der stationäre Verkauf funktioniert nach eigenen Regeln, meint Storeplus-Gründer Uwe Hoffmann.

Storeplus-Geschäftsführer Uwe Hoffmann

Storeplus-Geschäftsführer Uwe Hoffmann

Als Dienstleister sorgt Storeplus dafür, dass stationäre Händler ihr Sortiment um ein digitales Warenangebot erweitern können. Dabei kann es sich um Bestände von Nachbarfilialen handeln, um das Produktangebot von Lieferanten oder auch um das Sortiment thematisch verwandter Onlineshops, wie im Fall des Storeplus-Pilotpartners Koffer24. Der Dienstleister bietet eine Device-unabhängige, auf den jeweiligen Fachhändler gebrandete Plattform, die es dem stationären Geschäft ermöglicht, auch Artikel zu verkaufen, die nicht vor Ort vorrätig sind. Storeplus gibt es dabei in einer „Vendor“-Ausführung, die vom Verkaufspersonal während des Verkaufsgesprächs über Smartphone oder Tablet eingesetzt wird, aber auch in einer für den Endkunden bestimmten „Shopper“-Variante, die für den Einsatz z.B. auf Online-Terminals gedacht ist. Das Konzept hinter Storeplus ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: der Fachhändler schließt eine Sortimentslücke und behält damit „seinen“ Kunden; der Online-Händler erhält zusätzlichen Umsatz und Reichweite; und Storeplus, das auch für die nötige Hardware und Schulung sorgt, verdient mittels einer Monats- bzw. Transaktionsgebühr an den erzielten Verkäufen mit.

Die Idee, Online-Sortimente in stationäre Geschäfte zu integrieren ist nicht neu. Aber Storeplus-Gründer Uwe Hoffmann hat sich darüber sichtlich mehr Gedanken gemacht als so mancher Multichannel-Händler, der seinen Onlineshop 1:1 ins Ladengeschäft stellt. „Man darf im stationären Handel nicht einfach eine E-Commerce-Plattform abbilden, sondern muss sich an die Besonderheiten des Verkaufsgesprächs anpassen“, erklärt der Digitalunternehmer. So sei beispielsweise der Einstieg im Ladengeschäft ein komplett anderer als im Onlineshop: im Handel gehe es nicht darum, ein Online-Sortiment zu durchstöbern. Vielmehr werde z.B. durch das Einscannen von Barcodes oder die Eingabe von Produktnummern nach zusätzlichen Ausführungen eines Artikels gesucht. Wo der Online-Händler versuche, die Verweildauer des Kunden im Shop zu erhöhen, gehe es beim Fachhandelseinsatz um die möglichst schnelle Anzeige von Produkten und Informationen. Hoffmann versteht Storeplus explizit nicht als E-Commerce-Lösung: „Der Kauf soll stationär zustandekommen, deshalb findet die Bezahlung auch nicht online, sondern an der Ladenkasse statt.“ Vertragspartner des Kunden ist ebenfalls der jeweilige Stationärhändler.

Gute Chancen für angeschlossene Fachhändler

Derzeit wird die Storeplus-Lösung im Lederfachgeschäft Hausfelder eingesetzt

Derzeit wird die Storeplus-Lösung im Lederfachgeschäft Hausfelder eingesetzt

Die Idee für Storeplus sei von dem in vielen Supermärkten obligatorischen Tchibo-Regal ausgegangen, erzählt Uwe Hoffmann. „Dabei handelt es sich ja um eine Art Depot im Markt, aber ohne das zugehörige Online-Sortiment.“ Um eine solche Verknüpfung von lokalem Warenangebot und Online-Handel zu erreichen, suchte der Unternehmer aus dem mittelhessischen Hungen den Kontakt zum Lederwarenhändler Joachim Stoll in Frankfurt. Stoll führt dort ein traditionsreiches Fachgeschäft, setzt aber immer stärker auf den Onlineshop Koffer24, um die Zukunft seines Unternehmens zu sichern (siehe dazu unser Local-Heroes-Beitrag zu Koffer24). Der vorwärtsdenkende Lederwarenhändler fand Gefallen an einer Zusammenarbeit und gab so den Startschuss zur Entwicklung von Storeplus 2013.

Den Praxistest erlebt das System seit einem halben Jahr im Rahmen einer Betaphase in vier Ladengeschäften des nordrhein-westfälischen Lederwarenhändlers Hausfelder. Die Erfahrungen waren so positiv, dass Storeplus mit seiner Lösung für die Lederwarenbranche im März 2015 nun ganz offiziell an den Markt ging. Interessant und für die teilnehmenden Geschäfte eine große Chance ist beispielsweise, dass rund 70 Prozent der Kunden, die im Ladengeschäft einen Artikel aus dem digitalen Sortiment bestellten, ihren Einkauf auch stationär abholen wollten – und das, obwohl der Versand nach Hause ebenfalls möglich gewesen wäre. Die digitale Regalverlängerung bietet damit gute Ansatzpunkte für den Verkauf stationärer Cross-Selling-Artikel und Services.

Doch berichtet Uwe Hoffmann auch über Herausforderungen, die es noch zu meistern gilt. So bestünden bei vielen Fachhändlern zunächst Vorbehalte im Hinblick auf das Wettbewerbsverhältnis zu den Online-Anbietern. Hier versuche Storeplus zu verdeutlichen, dass die über die digitale Lösung gewonnen Kunden und deren Daten klar den stationären Händlern „gehören“. Widerstand gebe es oft auch beim Verkaufspersonal, das sich nur langsam für die neue Lösung erwärmen könne. „Wichtig ist hier die Mitarbeiter-Kommunikation. Wenn man den Leuten erklärt, dass man sich Storeplus wie ein zusätzliches Lager vorstellen müsse, ist die Akzeptanz viel höher“, erklärt Hoffmann.

Auf dem Weg zu neuen Einzelhandelskonzepten

Neben der Verkäuferlösung gibt es Storeplus auch für Kunden-Terminals

Neben der Verkäuferlösung gibt es Storeplus auch für Kunden-Terminals

Nach dem Einstieg mit Koffer24 in die Lederwarenbranche ist es nun das erklärte Ziel von Storeplus, seine Plattform auf weitere Handelsbereiche und auf zusätzliche Sortimentspartner auszuweiten. Neben Industrie und Großhandel ist der Dienstleister dabei auch für weitere Online-Händler offen, die sich eine Partnerbasis im stationären Handel aufbauen wollen. Wie Storeplus-Chef Hoffmann berichtet, gebe es dabei jedoch auch Grenzen: „Wir hatten auch bereits eine Anfrage von Amazon, haben diese aber abgelehnt.“ Bei den Handelspartnern und Endkunden von Storeplus handele es sich um eine stationäre Klientel, für die E-Commerce-Riesen wie Amazon doch eher ein Feindbild darstellten. Bedenkt man jedoch, dass bereits die zweite Hälfte der Top 100 im deutschen Online-Handel von typischen Mittelständlern dominiert wird, sollte es eigentlich genügend potenzielle Partner für Storeplus geben.

Das Konzept der digitalen Regalverlängerung sieht Uwe Hoffmann jedenfalls weiterhin voll im Trend: „Im Einzelhandel wird es künftig andere Flächenkonzepte mit einer anderen Rentabilität geben.“ Der stationäre Handel tendiere in Richtung Showroom mit erweiterter Beratungskompetenz. Digitalen Warenangeboten komme dabei eine große Rolle zu. Zudem veränderten sich auch die Konsumenten und akzeptierten Lieferzeiten von zwei bis drei Tagen inzwischen als normal – auch im stationären Handel. „Unser Ansatz ist es, dass wir dem Einzelhandel bei diesen Veränderungen unter die Arme greifen“, erklärt der Storeplus-Gründer.


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