Warum gehen Kunden überhaupt noch in ein Kaufhaus?
von Tim Buchholz am 09.November 2022 in Kommentar, News, Trends & AnalysenAngesichts der erneuten Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch klassische Kaufhäuser braucht. Denn auch wenn Warenhäusern von Bürgermeistern und Stadtkämmerern noch immer eine Magnetwirkung für die Innenstadt zugesprochen wird, ist heute so unklar wie nie, welchen Kundennutzen ein Kaufhaus erfüllt. Oder gar, ob es überhaupt noch einen Kundennutzen erfüllt. Tim Buchholz, der bis vor kurzem bei OTTO die Geschäftsmodell-Transformation vom Händler zur Plattform maßgeblich gestaltet und umgesetzt hat, hat dazu eine provokante Meinung. Ein Gastkommentar.
Von Tim Buchholz
𝙒𝙖𝙨 𝙩𝙪𝙣 𝙆𝙪𝙣𝙙𝙚𝙣, 𝙙𝙞𝙚 𝙞𝙣 𝙚𝙞𝙣 𝙆𝙖𝙪𝙛𝙝𝙖𝙪𝙨 𝙜𝙚𝙝𝙚𝙣?
Wer mich kennt, der weiß, dass ich häufiger die Frage stelle was die Menschen 🆃🆄🅽, die in der Interaktion mit einem Unternehmen eine Lösung ihres Problems suchen.
Daher Frage ich mich tatsächlich, für welche Aktivität ist das Aufsuchen eines Kaufhauses eine Problemlösung? Welcher Kundennutzen steckt dahinter? Ich haue mal ein paar Überlegungen raus und Ihr ergänzt oder kommentiert auf LinkedIn, ganz wie Ihr mögt.
⌚ 𝗜𝗰𝗵 𝗺ö𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗭𝗲𝗶𝘁 𝘃𝗲𝗿𝘁𝗿𝗲𝗶𝗯𝗲𝗻
Arghs – da fallen mir schon viele Dinge ein, die vieeeele Menschen lieber tun als in ein Kaufhaus zu gehen. Instagram, TikTok oder K5TV gucken z.B.
🪠👗🚲 𝗜𝗰𝗵 𝗺ö𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗲𝘀 𝗲𝗶𝗻𝗳𝗮𝗰𝗵 𝗵𝗮𝗯𝗲𝗻 (𝗮𝗹𝗹𝗲𝘀 𝗮𝗻 𝗲𝗶𝗻𝗲𝗺 𝗢𝗿𝘁)
Möp – einmal hin, alles drin? In der Breite mehr Sortimente, ja. Aber in der Tiefe in jedem Sortiment kleiner oder austauschbar zu jedem anderen (spezialisierten) Händler. Und selbst den Streckenvorteil und damit einen Zeitvorteil gibt es nicht mehr. Nix verkürzt Strecken mehr als ein digitales Angebot über ein Smartphone/Tablet.
🧠 𝗞𝗼𝗻𝘀𝘂𝗺𝗲𝗻𝘁𝗲𝗻𝗽𝘀𝘆𝗰𝗵𝗼𝗹𝗼𝗴𝗶𝗲 (keine Aktivität… 😉)
Nee – wie ich in meinen Vorträgen zur Plattformökonomie auf den verschiedensten Bühnen schon dargestellt habe, greift hier das Paradox of Choice bzw. Marmeladenparadoxon. Es zieht uns unbewusst zu möglichst großer Auswahl. Hier gewinnen schon die digitalen Plattformen und Marktplätze den Kampf. Und große Auswahl erzeugt eine Kaufunsicherheit. Und die können die digitalen Geschäftsmodelle dank Daten besser lösen als (teils unmotivierte) Mitarbeiter im Geschäft.
💃🕺🥗🍜🎸 𝗜𝗰𝗵 𝗺ö𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗲𝘁𝘄𝗮𝘀 𝗲𝗿𝗹𝗲𝗯𝗲𝗻
Ok, hier könnte es einen Faktor geben. Wisst ihr noch, damals bei Karstadt als… ach nee. Das war doch woanders. So richtig geile Erlebnisse zaubert das nicht bei mir. Nicht mal in das Standard-Restaurant zieht es mich. Dann bräuchte es schon einen Foodcourt und nicht nur ein einzelnes Restaurant, um allen Geschmäckern gerecht zu werden.
𝗙𝗮𝘇𝗶𝘁
Mir fällt keine Aktivität ein, für die ein Kaufhaus eine sinnvolle Problemlösung ist. Also bitte liebe Bundesregierung, setzt Steuergelder bitte sinnvoller ein als Kaufhäuser zu retten. Wer einen besseren Plan hat, bewerfe mich bitte mit einem überzeugenden Konzept…
Über das Modell des Kaufhauses wird übrigens nicht nur in Deutschland debattiert. Selbst weltberühmte, traditionsreiche Häuser in den großen Metropolen müssen sich immer wieder neu erfinden, wie tagesschau.de berichtet.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf LinkedIn. Dort können Sie die Thesen gern kommentieren.
Über den Autor:
Tim Buchholz ist der Experte, wenn es um den Kern von Unternehmenstransformation und Plattform-Geschäftsmodelle geht. Nach Stationen u.a. bei AOL und Burda hat er bis vor kurzem bei OTTO die bisher größte Geschäftsmodell-Transformation vom Händler zur Plattform maßgeblich gestaltet und umgesetzt. Mittlerweile stellt er seine Expertise als freier Top-Management-Berater weiteren Unternehmen bereit und unterstützt sie dabei, ihren Nutz-Wert für ihre Kunden neu zu bestimmen. Getrieben von der Neugier, Dinge im Kern zu verstehen und den höchsten Kundennutzen zu erzeugen, gestaltet er erfolgreiche Transformationen. Immer kundenzentriert. Verständlich. Auf Augenhöhe. Genau diese Art macht ihn zu einem gefragten Podcast-Gast und Speaker. Kontakt: buchholz.tv | LinkedIn | XING
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