Wie das M.I.T. den Modehandel herausfordert.

von Stephan Lamprecht am 27.September 2019 in News

Strickwaren am Computer analysieren, das Muster anpassen und von einer Maschine stricken lassen. Die Idee des MIT. (Foto: MIT)

Aktuelle Studien zeigen regelmäßig, dass sich die Kunden zwei Dinge wünschen. Sie kaufen gern personalisierte Produkte. Und sie suchen nach Inspirationen. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) arbeitet an zwei Technologien, die in der Fashionindustrie sowohl Herstellern als auch dem Handel Sorgen bereiten könnten.

Adidas und Nike sind nur zwei bekannte Marken, die in ihren Flagship-Stores die Herausforderung aufnehmen, dem Kunden mehr Personalisierung von Produkten zu ermöglichen. Dabei spielt regelmäßig der 3D-Druck eine Schlüsselrolle. So kann das am Computer entstandene individuelle Design dann produziert werden.

Mit viel Elan gehen Handel und Markenartikler auch das Thema Inspiration an. Lang ist die Liste der Player, die ihre App inzwischen mit einer visuellen Suche ausgestattet haben. Entdeckt der Kunde irgendwo ein Produkt, das ihm gefällt, kann er so zumindest einen ähnlichen Artikel finden und unmittelbar kaufen.

In beiden Szenarien gibt es die Konstante, dass der Handel hier zwischen Kundenwunsch und Erfüllung des Wunsches zwischengeschaltet ist.

Mit Inverse Knit und Cad Knit arbeitet das renommierte MIT an zwei Technologien, die vom reinen Konzept den Handel ausschalten. Zumindest im Bereich Strickwaren.

Inverse Knit nutzt neuronale Netze, um Farben und Muster von Strickwaren zu analysieren. Aus dieser Analyse entstehen dann Vorlagen in maschinenlesbarer Form, um das Muster wiederherzustellen. Würde die Technologie also mit einer visuellen Suche auf einem Smartphone verbunden, könnte der Kunde einfach ein Foto eines Pullovers, einer Jacke oder eines Handschuhs aufnehmen, um daraus dann ein Strickmuster zu erhalten, um das Stück zu reproduzieren.

Mit Ausnahme der automatischen Analyse klingt das nicht spektakulär. Interessant wird dies im Zusammenhang mit Cad Knit. Denn das ist eine Software, mit der sich am Computer Entwürfe für Strickwaren gestalten und verändern lassen. Tiefergehende Ahnung vom Stricken braucht der Anwender dabei nicht. Und praktischerweise lassen sich die Daten aus Inverse Knit an Cad Knit übergeben. Am Ende des Gestaltungsprozesses mit Cad Knit entsteht dann der Steuerungscode für eine Strickmaschine.

In dieser Kombination kann also jeder Konsument, zumindest bei Strickwaren, zu seinem eigenen Produzenten werden. Der Händler wäre somit schon einmal raus. Sicher, Strickmaschinen sind in privaten Haushalten eher selten anzutreffen, aber es wäre ja zumindest denkbar, dass ein findiger Unternehmer sich mehrere Strickmaschinen anschafft, die man dann bei ihm zeitweilig gegen eine Gebühr nutzen dürfte. Klingt gar nicht mal so utopisch, oder?

Auf jeden Fall ein technologisch interessanter Ansatz, den der Modehandel im Blick behalten sollte. Und der den Händler auch wieder ins Spiel bringt, wenn er der findige Unternehmer wird.

Denn er könnte ja beispielsweise statt des Pullovers die Daten für das Strickmuster verkaufen, die der Kunden dann per Software an seine Wünsche anpasst. Vielleicht steht die Strickmaschine ja auch in den Räumen des Händlers? Nordstrom bietet in den USA mit seinem Format „Local“ ja ohnehin in erster Linie Services an. Wieso also nicht auch Strickmaschinen für die temporäre Nutzung?


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