Gewaltige Marktanteilsverschiebungen im deutschen Handel bis 2025/30 – Der Stationäre Ladenhandel am Ende?

von Gastautor am 26.Januar 2015 in Trends & Analysen

Eggert, Ulrich 1 WEBvon Ulrich Eggert

Die Digitalisierung des Handels – und das heißt im Moment vor allen Dingen Internet & E-Commerce – war und ist der entscheidende Schritt zum Wandel des Handels in der heutigen Zeit. So dürfte im Jahre 2014 der Anteil des Onlinehandels am Einzelhandel im engeren Sinne mit über 40 Milliarden Euro Umsatz bei etwa 9-10 Prozent liegen. Da jedoch im Bereich Lebensmittel die Anteile bisher noch äußerst gering ausfallen, dürfte der Anteil des Onlinehandels am Non-Food-Handel im Jahre 2014 circa 15-16 Prozent erreicht haben. In Ergänzung dazu sei erwähnt, dass im Non-Food- Segment bei stagnierenden bzw. sogar sinkenden Umsätzen der Onlinehandel den stationären Handel in einzelnen Branchen regelrecht verdrängt, vgl. dazu Übersicht 1 (Alle Grafiken können mit einem Klick vergrößert werden).

Eggert1 Übersichten Grafiken Marktanteilsverschiebungen

Bemerkenswert ist, dass bei näherer Untersuchung der stationäre Ladenhandel mit seinem eigenen Onlinehandel nach früheren starken Gewinnen mittlerweile auf dem Rückzug ist und die Internet-Pure-Player mit momentan über 35 Prozent diese wie auch die Katalogversender inklusive Teleshopping zurückdrängen. Lediglich die Hersteller weisen in ihren Onlineverkäufen noch wachsende Anteile auf, so das IfH/ECC in aktuellen Untersuchungen.

Wie geht es weiter? Wie sehen die Marktprognosen aus? Dazu hat die Ulrich Eggert Consulting in Köln gerade sowohl eine kostenlose Kurz-Studie unter www.ulricheggert.de/kostenlosestudien wie auch die umfassende Kaufstudie Megatrends Handel II – Trendupdate 2025/30 herausgegeben.

Die IfH Retail Consultants haben in ihren aktuellen Prognosen bis 2017 drei verschiedene Szenarien zugrunde gelegt. In einer pessimistischen Variante dürfte der Onlinehandel im Jahr 2017 immerhin 45 Milliarden Euro Umsatz „machen“, in einer optimistischen Variante jedoch sogar 75 Milliarden Euro. Eine Prognose des bvh, die noch etwas optimistischer an die Prognosen herangeht, sieht für 2017 etwa 77 Milliarden Euro Umsatz voraus und für 2019 sogar 100 Milliarden Euro, jedoch jeweils inklusive eines kleineren Anteils klassischen Katalogversandes.

Eggert2 Übersichten Grafiken MarktanteilsverschiebungenEine Vertiefung der Diskussion hinsichtlich der einzelnen Betriebsformen des Handels würde zu der Erkenntnis führen, dass vor allen die Formen in Zukunft leiden, die rein waren-orientiert ihre Geschäfte gestalten, dass aber diejenigen, die vertriebs- und damit konzept-orientiert vorgehen i.d.R. ihre Zukunft noch vor sich haben, s. auch Übersicht 2.

Der klassische Handel wird immer mehr zur Hülle seiner Funktionen, die dann immer häufiger auch noch andere für ihn erledigen. Der institutionelle Handel wird durch den funktionalen Handel ersetzt, also das Ladengeschäft wird durch eine Vertriebsfunktion für Produkte/Leistungen von XYZ abgelöst. Der Handel schränkt etwa im Rahmen von Vertikalisierung durch Aufgabe von Verantwortungsbereichen seine Eigenständigkeit ein, gewinnt aber Freiheiten und vor allem auch Erträge und bewahrt so seine Selbstständigkeit, z. B. in einem System. Diese Entwicklungen zeichnen sich im Markt ab als Trends, genauso sind das aber auch zweifelsohne die Strategien, die die klassischen Handelsunternehmen für sich entwickeln und vorantreiben müssen, um im Wettbewerb in Zukunft überhaupt noch bestehen zu können. Dabei begegnen sich jedoch immer mehr Unternehmen, die nicht aus der eigenen Wirtschaftsstufe kommen bzw. die althergebrachten Wirtschaftsstufen lösen sich auf. Künftig können klassische Ladengeschäfte aber auch generell kleiner werden, sie werden zu Präsentationspunkten, zu Schaufenstern, in denen z. B. weit mehr als dort ausgestellt per Internet gekauft werden kann mit umgehender Anlieferung nach Hause.

Der Kampf um das Geld der Verbraucher wird immer schärfer, da die Nettorealeinkommen nicht oder kaum steigen, das Flächenangebot aber nicht zurückgenommen, sondern eher weiter ausgeweitet wird und das Internet als völlig neue Vertriebsform hinzugekommen ist und weitere Anteile gewinnen wird – und das ohne Investitionen in neue Verkaufsflächen.

Eggert3 Übersichten Grafiken MarktanteilsverschiebungenDie Fachvertriebe – das sind der nicht-filialisierte Fachhandel, Filialisten des Fachhandels, Fachmärkte sowie Kauf- und Warenhäuser – wiesen in 1990 noch 55 Prozent Marktanteil und damit die klare Mehrheit im Vertrieb von Konsumgütern in Deutschland auf. Dieser Anteil ist bis 2010 auf etwa 46 Prozent abgesunken und dürfte im Jahre 2030 nur noch zusammen 37 Prozent aufweisen. Allein bezogen auf den Fachhandel inklusive seiner Filialisten ist ein Abstieg von 42 Prozent im Jahr 1990 über 29 Prozent im Jahr 2010 auf prognostizierte 22 Prozent im Jahr 2030 abzusehen. Die bisherige Stabilität des Fachvertriebes wurde so gesehen durch die starke Expansion der Fachmärkte aufgefangen bzw. übertüncht, Details dazu in Übersicht 3.

Versender im funktionalen Sinne heißen Distanz-Handel und das bedeutet, dass sie nicht unbedingt aus dem klassischen Versandhandel heraus kommen, sondern als Unternehmen – ob ehedem stationärer Handel, Industrieunternehmen, Internet-Pure-Player oder eben auch „Alt“-Versender – ihre Ware auf Distanz zum Verbraucher unter Einschaltung von i.d.R. Logistikunternehmen bringen.

Eggert4 Übersichten Grafiken MarktanteilsverschiebungenIn Vorausschau für das Jahr 2030 sind Warenhäuser mit 1% Anteil zur Restgröße geworden, SB-Warenhäuser folgen auf dem Fuße (vgl. auch Übersicht 4), Discounter verlieren ebenfalls leicht, aber der funktionale Versandhandel dürfte bei einem Gesamt-Anteil von etwa 27% liegen und dabei einen Anteil von etwa 5 (bis 10?) beinhalten, der nicht auf klassischem Warenversand basiert, sondern auf elektronischem Versand. Das sind einerseits elektronische Dateien wie Bücher, Musik und Software, aber andererseits spezielle Software für 3D-Drucker verbunden mit Lizenzen. Gemeint ist damit, dass in Zukunft der Handel oder gar der Verbraucher auf der Basis von Softwarebezug selber verkaufsfertige Artikel im dreidimensionalen Verfahren „ausdruckt“, diese an den Endverbraucher weiterreicht bzw. verkauft oder aber, dass dieser Verbraucher die Produkte eben selbst im eigenen Haushalt herstellt. Dieser Weg wird langfristig eine immer größere Bedeutung haben; er ist heute auf der Stufe wie das Thema Internet im Jahre 1997 / 1998: Viele kannten es, einige fanden es zumindest interessant, aber die Marktbedeutung war praktisch noch gleich null. Die weitere Entwicklung kennt man.

Eggert5 Übersichten Grafiken MarktanteilsverschiebungenDiese Technologie wird zeigen, dass weitere Verkaufsflächen im Handel völlig überflüssig sind und es wird zu einer entscheidenden Verdrängung von „schlechten Flächen“ durch „gute Flächen“ kommen, wobei das von Ort zu Ort durchaus sehr unterschiedlich sein kann, da auch die Betriebstypen bzw. -formate der einzelnen Unternehmen, Branchen und sogar Wirtschaftsstufen hierbei eine große Rolle spielen können. Der Flächenüberhang, der heute mindestens ein Drittel aller Handelsflächen umfasst, dürfte auf über 50 Prozent steigen und damit nicht dazu beitragen, dass die Ertragslage dann existierender stationärer Händler unbedingt „durch die Decke stößt“! Ein breiter „Einstieg“ als Investor in Handelsimmobilien sollte unter diesen Umständen gut überlegt werden, s. auch in diesem Zusammenhang Übersicht 5.

Die komplette Kurz-Studie mit ca. 20 Seiten Umfang einschließlich detaillierter Marktanteilsprognosen steht unter dem Stichwort „Gewaltige Marktanteilsverschiebungen …“ zum kostenlosen Download bereit auf www.ulricheggert.de/kostenlosestudien.

Die Kurz-Studie bietet aber nur einige wenige wesentliche Ergebnisse der im Herbst 2013 erschienenen Kauf-Studie Megatrends Handel II – Trendupdate 2025/30 der Ulrich Eggert Consulting, Köln. Die Studie umfasst insgesamt etwa 400 Seiten mit etwa 140 Übersichten und Abbildungen.

Über Ulrich Eggert

Dipl.- Kfm. Ulrich Eggert ist seit über 35 Jahren mit und für den Handel sowie die Absatz- und Konsumgüterwirtschaft beratend und forschend tätig. Bevor er sich als freiberuflich aktiver Unternehmensberater und Forscher niederließ, war er über 30 Jahre für die frühere BBE-Unternehmensberatung GmbH in Köln aktiv. Er ist heute tätig als Handels-, Trend- und Zukunftsforscher, Unternehmensberater, Fach-Autor, Referent und Moderator sowie Organisator vielfältiger Veranstaltungen.


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