Metaverse: Neues Potenzial für den Digital Commerce

von Florian Treiß am 27.September 2023 in Animal Crossing, Capgemini, Forever 21, Givenchy, Gucci, Highlight, KPMG, Metaverse, News, Roblox, Trends & Analysen, Virtual Fashion

Neun von zehn Verbrauchern sind neugierig auf das Metaverse. Und sieben von zehn Unternehmen glauben, dass Immersive Experiences und das Metaverse künftig wichtige Anwendungen sein werden, um sich auf dem Markt abzusetzen, insbesondere in Hinblick auf die Customer Journey. Das zeigt eine weltweite Befragung von Capgemini Research, die dem Metaverse zugleich ein hohes Potenzial für ein verbessertes Einkaufserlebnis bescheinigt.

Doch was genau ist eigentlich das Metaverse? Capgemini definiert es als ein immersives Erlebnis und ein „Netzwerk virtueller Welten“, in dem Menschen über ihre Avatare spielen, einkaufen, Kontakte knüpfen, lernen und arbeiten können. Mithilfe eines offenen Netzwerks dezentraler virtueller und hybrider 3D-Räume existiert das Metaverse demnach parallel zur physischen Welt und ist darauf ausgelegt, digitale und reale Online-Erfahrungen unabhängig von Ort, Zeit oder Gerät zu kombinieren.

Während der Zugang zu Metaverse-artigen Plattformen heute meist noch über Smartphones und Computer erfolgt, dürfte das Thema an Fahrt gewinnen, sobald Mixed-Reality-Brillen zum Standard werden, mit denen die Nutzer direkt in virtuelle Welten abtauchen können.

Die Capgemini-Studie zeigt, dass Verbraucher*in­nen von den Möglichkeiten der Immersive Experiences fasziniert sind. Das Metaverse möchten sie vor allem als Ort für Interaktion mit Familie und Freund*innen (43 Prozent) sowie mit Kolleg*in­nen (39 Prozent) nutzen. Aber auch fürs Shopping birgt das Metaverse reichlich Potenzial: Zu den Marken, mit denen Verbraucher am liebsten im Metaverse interagieren würden, zählen vor allem Unternehmen des Einzelhandels (78 Prozent) sowie Konsumgüterunternehmen (77 Prozent). Laut Capgemini möchten Verbrauch*innen insbesondere ihre Einkaufserfahrung bei Produkten mit hohem Erlebniswert verbessern, wie beispielsweise Autos, Möbel und Haushaltselektronik.

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Neue Ära für den E-Commerce

Somit kann das Metaverse eine neue Ära für den E-Commerce einläuten. Denn auch die Studie „Metaverse: (Un)bekannte Welt?“ von KPMG und Sinus-Institut, für die mehr als 2.000 Teilnehmer*innen zwischen 14 und 39 Jahren befragt wurden, attestiert, dass die virtuelle Welt des Metaverse für Händler und Dienstleister bestimmter Warengruppen und Angebote einen zentralen Absatzmarkt darstellen kann, auf dem sich jüngere Zielgruppen erreichen lassen. So ist etwa jede*r Zweite nach eigenen Angaben bereit, physische Produkte in der digitalen Welt zu kaufen. 61 Prozent könnten sich den Kauf von Kleidung oder Schuhen vorstellen, jede*r Zweite kann sich für den Kauf von Kosmetik, Drogerieartikeln oder Heimwerkerbedarf im Metaverse erwärmen. Immerhin noch 43 Prozent sind bereit, in der virtuellen Welt Lebensmittel zu kaufen.

Beim „Metaverse Commerce“ wird es aber zugleich nicht ausschließlich darum gehen, dass sich das Metaverse nur zu einem schicken neuen Frontend fürs Online-Shopping von haptischen Produkten zum Anfassen entwickelt. Auch digitale Produkte können hier verstärkt gehandelt werden: So kann sich z. B. bereits fast jede*r dritte Befragte der KPMG-Studie vorstellen, beispielsweise virtuelle Kleidung zu kaufen, etwa für seinen Avatar. Und auch den Kauf von Dienstleistungen im Metaverse (zum Beispiel virtuelle Kochkurse oder virtuelle Weiterbildung) können sich viele Befragte vorstellen.

Chance auch für neue Marken

„Die Umfrageergebnisse zeigen, dass sowohl bekannte als auch neue Marken die Chance haben, sich im Metaverse zu etablieren. Bekannte Marken haben den Vorteil eines Vertrauensvorschusses. Angaben gemäß achten zwei Drittel der Befragten vor allem auf seriöse Angebote im Metaverse. Neue Marken hingegen können sich auf digitale und einzigartige Produkte spezialisieren. Mehr als die Hälfte der Befragten schätzt, dass sie im Metaverse im Vergleich zur Realität auch sehr ausgefallene Produkte besitzen können“, sagt Retail-Experte Stephan Fetsch von KPMG zu den Studienergebnissen.

Doch wie und wo sollten Unternehmen ins Metaverse starten? Wichtig fürs Verständnis ist zunächst, dass es nicht das eine Metaverse gibt, sondern vielmehr verschiedene Plattformen, die sicherlich auch noch keine zu 100 Prozent ausgeprägten Metaversen sind. Die bekanntesten unter ihnen sind Meta Horizon Worlds, Decentraland und The Sandbox. Und auch als Online-Spiele gestartete virtuelle Welten wie Roblox und Fortnite positionieren sich immer mehr in Richtung Metaverse – denn es sind virtuelle Welten, in die die Nutzer nicht mehr nur zum „zocken“ kommen, sondern auch um etwa Freunde zu treffen.

Händler und Marken können auf solchen Metaverse-Plattformen eigene Präsenzen aufbauen und dort – je nach den Möglichkeiten der jeweiligen Plattform – zum Beispiel Showrooms und Marken-Erlebniswelten betreiben, eigene Mini-Spiele veröffentlichen, virtuelle Produktvorführungen anbieten und teils auch schon richtige virtuelle Shops eröffnen. An dieser Stelle zeigt sich, dass die Wahl der passenden Plattform schnell zur Herausforderung werden kann. Aber Händler und Marken sollten sich davon nicht abschrecken lassen, sondern sich zunächst für eine Plattform entscheiden, um dort mit kleineren Budgets zu experimentieren.

Roblox zieht Marken an

Gucci Garden in Roblox

Besonders beliebt für solche Experimente scheint derzeit Roblox zu sein, gleich mehrere bekannte Marken sind dort mittlerweile aktiv. So hatte das Luxuslabel Gucci bereits 2021 zwei Wochen lang ein Event auf Roblox unter dem Namen Gucci Garden veranstaltet. 2022 folgte dann unter dem Namen Gucci Town ein dauerhafter Auftritt in dem Online-Spiel, das heute auch unter dem Buzzword Metaverse gehandelt wird. Gucci beschreibt das Projekt als „dynamische Destination“, in der Benutzer*innen die Vision von Kreativdirektor Alessandro Michele erkunden, sich mit Gleichgesinnten verbinden und ihre Individualität durch virtuelle Kleidung ausdrücken können. Dank der neu eingeführten „Layered Clothing“-Technologie von Roblox sollen die digitalen Modeartikel von Gucci dabei hyperrealistisch aussehen und zu jedem Avatar-Körper­typ passen.

Givenchy Parfums war die erste Luxus-Beauty-Marke, die 2020 Beauty-Looks für das Videospiel „Animal Crossing“ anbot und später auch eine Präsenz auf Roblox eröffnete. CEO Romain Spitzer sagt dazu in einem Interview: „Unser Ziel ist es, das ‚enfant terrible‘ der Beauty-Marken zu sein, relevant für die coolen Kids von heute und morgen. Innovation steht im Mittelpunkt unserer Produkte, aber auch im Mittelpunkt unserer digitalen Strategie, mit nur einer Regel: Unserer DNA treu zu bleiben. Das Givenchy Beauty House, das wir auf Roblox erstellt haben, ist ein Paradebeispiel dafür.

Virtuelle Roblox-Kleidung als Testballon für physische Mode

Dass die Grenzen zwischen digitaler und physischer Welt verschwimmen, zeigt das Modelabel Forever 21. Es hat einen smarten Weg gefunden, neue Ideen für Kleidung zu testen, bevor sie in Produktion gehen: Virtuelle Kleidung bei Roblox. Eine schwarze Mütze, die Forever 21 bei Roblox für 70 Cent als virtuelles Bekleidungsstück für Avatare anbietet, hatte sich Ende 2022 mit bald 1,5 Millionen Verkäufen zu einem der leistungsstärksten Artikel der Marke aller Zeiten entwickelt. Daraufhin entschied Forever 21, auch eine entsprechende physische Mütze zu produzieren. Zudem werden noch weitere bei Roblox erfolgreiche Produkte als physische Produkte hergestellt. „Wir lieben die Idee, Produkte digital zu testen“, sagt Jacob Hawkins, CMO von Forever 21. „Es kostet uns so viel weniger, ein Produkt digital zu testen, als es in den Geschäften zu testen.“ So hat die Entwicklung der digitalen Version der Mütze das Unternehmen keine 500 Dollar gekostet.

Weitere Marken, die auf Roblox aktiv sind, sind u. a. H&M, Nike, Puma, Ralph Lauren oder Tommy Hilfiger. Aber auch andere Plattformen locken Marken an – so hat Decentraland schon besondere Metaverse Fashion Shows veranstaltet, um Modelabels ins Boot zu holen.

Virtuelle Welt auf der eigenen Website

Zugleich ist es für Unternehmen aber auch möglich, eine eigene virtuelle Welt zu erschaffen, die dann als Teilbereich in den eigenen Webshop implementiert wird. So hat die Kosmetikmarke Clinique einen neuen Bereich namens Clinique Lab auf ihrer Website eröffnet, der ein virtuelles Marken- und Einkaufserlebnis bietet. Entwickelt wurde das Angebot von dem Berliner Metaverse-Spezialisten Journee. „Wir wollten unsere Clinique-Markencodes auf einer Plattform, die zum Experimentieren und zur kreativen Freiheit einlädt, in neuen Dimensionen vorantreiben“, erklärt Clinique-Manager Charmi Panchal. Kund*innen können direkt im virtuellen Shop nach Produkten der Marke stöbern und diese mit exklusiven Angeboten kaufen. Der Beauty-Händler Sephora wiederum hat schon mehrfach ein virtuelles Online-Event namens Sephoria veranstaltet, bei dem die Teilnehmer*innen in einer eigenen Metaverse-ähnlichen Plattform zusammenkamen und verschiedene Aktivitäten nutzen konnten beispielsweise Masterclasses, Vorträge oder Spiele.

Während eine virtuelle Präsenz auf externen Plattformen wie Roblox helfen kann, neue Zielgruppen anzusprechen, kann ein virtueller Bereich im eigenen Webshop helfen, die Kundenbindung zu stärken. Auch wenn all das heute noch Experimente sind: Sie haben das Potenzial, das Onlineshopping in den nächsten Jahren massiv zu verändern.

Whitepaper

Dieser für die heutige Veröffentlichung aktualisierte Beitrag erschien zuerst in unserem Whitepaper „Retail Trends 2023: Wie Künstliche Intelligenz, Social Commerce & Co den Handel verändern“. Wir zeigen darin mit freundlicher Unterstützung von commercetools, der weltweit führenden Plattform für digitalen Handel, wie vielseitig die aktuellen Entwicklungen bei Technologie und Konsumverhalten sind. Dabei geht es u.a. um Live Shopping, virtuelle Anproben, Omnichannel-Handel und Phygital Retail. Wichtig jetzt und in Zukunft: Händler und Marken sollten Kunden dort abholen, wo sie shoppen wollen – und das sind zunehmend moderne Touchpoints wie Social Media, Chatbots, Sprachassistenten oder virtuelle Welten.

Die Themen des Whitepapers im Überblick:

  • Wie sich Shopping in den nächsten Jahren verändert: die aktuellen Retail-Trends
  • „Fight, fly or freeze“: Umfrage zu aktuellen Retail-Trends
  • Omnichannel & Phygital Retail: Wie die Kanäle smart verbunden werden
  • Die Modernisierung der digitalen Plattform von Treedom: eine Erfolgsgeschichte
  • Personalisierte Einkaufserlebnisse, virtuelle Anproben, Social Commerce und Live Shopping
  • Wie der Handel mit künstlicher Intelligenz seine Prozesse und das Kundenerlebnis verbessert

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