Interview: Stephan Theiß von Gelbe Seiten über Location-based Services & Digitales Durlach.

von Florian Treiß am 14.April 2016 in Interviews

Stephan Theiß, Gelbe Seiten„Location-based Services stecken immer noch in den Kinderschuhen. Gerade bei kleineren Anbietern sehen wir, dass dafür das Verständnis noch gar nicht da ist“, sagt Stephan Theiß, Geschäftsführer von Gelbe Seiten Marketing, im Gespräch mit Location Insider. Deshalb führt Gelbe Seiten am 23. und 24. April die Aktion Digitales Durlach durch: Im Rahmen eines verkaufsoffenen Wochenendes in dem größten Stadtteil von Karlsruhe werden dort diverse Händler und Gewerbetreibende ortsbezogene Kampagnen testen – und zwar innerhalb der App von Gelbe Seiten. „Jeder teilnehmende Händler kann in einem Radius X um sein Geschäft herum Nachrichten und Angebote ausspielen, die die Besucher des verkaufsoffenen Wochenendes dann in der App von Gelbe Seiten als Push-Nachricht erhalten“, so Stephan Theiß. In unserem Interview verrät Theiß zudem, welchen Stellenwert Location-based Services generell für Gelbe Seiten haben und welche Filialisten schon bundesweite LBS-Kampagnen innerhalb der App fahren.

Location Insider: Sie führen in Kürze die Aktion „Digitales Durlach“. Was steckt dahinter?

Stephan Theiß: Die Idee dahinter ist, einen Feldversuch durchzuführen, bei dem wir die Möglichkeiten, die Akzeptanz und die Grenzen von Location-based Services für lokale Händler und Anbieter ausloten. Dazu haben wir uns einen Ort ausgesucht, der ein kompaktes Nebenzentrum ist. Karlsruhe-Durlach hat 30.000 Einwohner und hat nicht nur eine sehr gute Infrastruktur, sondern auch sehr aktive Händler und Gewerbetreibende vor Ort. Die Stadt ist sehr aufgeschlossen gegenüber Neuem. Wir wollen dort die Power von Location-based Services zeigen.

Location Insider: Wer sind die wichtigsten Kooperationspartner?

Stephan Theiß: Der wichtigste Partner ist die Hochschule der Medien aus Stuttgart, die das ganze Projekt durchführen und betreuen wird. Weiterhin dabei ist die Stadt Durlach selbst sowie die Wirtschaftsvereinigung „DurlacherLeben e. V.“, die durch ihre Offenheit den Ausschlag gegeben haben, dass Durlach auch wirklich der richtige Ort für diese Aktion ist. Und natürlich ist der regionale Gelbe Seiten Verlag auch dabei.

Location Insider: Und wie ist das Start-up Bitplaces involviert?

Stephan Theiß: Bitplaces ist der Anbieter, der innerhalb der App von Gelbe Seiten die Technologie für Location-based Services bereitstellt.

Location Insider: Die ganze Stadt Durlach wird mit Bitplaces ausgestattet, heißt es in der Projektbeschreibung. Was bedeutet das?

Stephan Theiß: Wir haben schon heute die Technologie von Bitplaces in unserer App integriert und nutzen das auch für verschiedene größere Anbieter, die bei uns Kampagnen buchen, z. B. die Telekom-Shops oder Lloyd. Diese Technologie bieten wir auch in Karlsruhe-Durlach an.

Location Insider: Was machen Sie dort vor Ort dann genau?

digitales-durlach-erleben-logo-80Stephan Theiß: Wir akquirieren dort über den Gewerbeverein und den Verlag vor Ort verschiedene Händler und andere Gewerbetreibende. Und dabei macht auch die Stadt mit. Jeder teilnehmende Händler kann dann für die Aktion „Digitales Durlach“ seine eigenen Aktionen definieren. D. h. in einem Radius X um mein Geschäft herum möchte ich Nachrichten und Angebote ausspielen, die die Besucher des verkaufsoffenen Wochenendes dann in der App von Gelbe Seiten als Push-Nachricht erhalten.

Location Insider: Wie funktioniert das technisch?

Stephan Theiß: In der Regel nutzen wir Geofencing, also GPS- und WLAN-Ortung. Wir werden aber auch einige Beacons installieren. Die Technologie ist für uns aber eher zweitrangig. Es geht uns vielmehr darum, dass die Händler ein Gefühl dafür bekommen sollen, was sie für Aktionen machen können, in welchem Radius und welches Potenzial darin liegt.

Location Insider: Sie sprechen von einem Feldversuch auf kompakten Raum, gleichzeitig wird die Technologie aber auch schon von großen Filialisten wie den Telekom-Shops genutzt. Ist das nicht ein Widerspruch? Wir sprechen ja schon seit Jahren über solche Formen von Location-based Services.

Stephan Theiß: Wir sprechen da in der Tat schon lange drüber. Und wir sehen auch, dass die Lösungen schon recht gut verstanden werden von größeren Werbungtreibenden. Aber auch da ist die Marktdurchdringung noch nicht sehr hoch. Location-based Services stecken eben immer noch in den Kinderschuhen. Gerade bei kleineren Anbietern sehen wir, dass dafür das Verständnis noch gar nicht da ist. Wir wollen daher mit „Digitales Durlach“ zeigen, dass dies eine sehr praktikable Lösung auch für kleine Händler ist. Und dass Location-based Services von ihnen recht einfach genutzt werden kann, um echte Mehrwerte zu generieren. Das gelingt natürlich besser, wenn man dies nicht nur bei ein oder zwei Händlern macht, sondern in einem größeren Umfeld wie an einem verkaufsoffenen Wochenende in Durlach. Und da wird viel passieren: Wir haben noch nie eine so hohe Dichte an Aktionen gesehen, wie wir sie an dem Wochenende umsetzen wollen. So können wir auch gut herausfinden, wie hoch die Akzeptanz und Conversion bei den Nutzern ist.

Location Insider: Wie viele Nutzer der App erwarten Sie denn während der Aktion?

Stephan Theiß: An dem Wochenende ist der Sonntag verkaufsoffen, d. h. das zieht eh sehr stark Leute an. Durlach hat an solchen Tagen einen starken Zulauf sowohl aus dem Rest von Karlsruhe als auch aus der Metropolregion.

Location Insider: Verkaufsoffenes Wochenende klingt stark nach Eintagsfliege, oder?

Stephan Theiß: Die Aktion als solche ist tatsächlich auf das Wochenende befristet, auch die Angebote der Händler selbst. Ob die Händler hinterher begeistert sind und das Ganze weiter nutzen wollen, das weiß ich nicht. Ich hoffe es natürlich, aber zunächst planen wir erstmal nur das Wochenende.

Location Insider: Es ist also erstmal eine Einmalveranstaltung, aber die Händler können die Technologie in den folgenden Tagen gleich weiternutzen, wenn sie wollen?

Stephan Theiß: Genau, die Lösung ist dauerhaft da. Uns geht es aber im ersten Schritt darum, einen kompakten Aufschlag zu haben, in dem wir testen können, in dem wir marktforschen können und in dem wir vor allem lernen können.

Location Insider: Es gibt immer wieder Projekte, die den stationären Handel mit Online-Shopping verknüpfen, sei es Online City Wuppertal, Mönchengladbach bei eBay oder auch eine Plattform wie Locafox. Wie unterscheiden Sie sich von denen?

Stephan Theiß: An dieser Stelle ist es genau andersherum. Der Gedanke hinter regionalen Marktplätzen ist ja, das Händler ihre Waren im Internet anbieten und sie entweder direkt per Versand verkaufen oder als Click & Collect oder Click & Reserve, um die Leute zur Abholung in den Laden zu bekommen. Wir machen es anders: Die Händler müssen ihre Produkte gar nicht online einstellen und Shop-Betreiber werden, sondern wir wollen die digitale Brücke schlagen. Der Händler kann also in unserer App werben und nur Nutzern in seinem unmittelbaren Umkreis eine Nachricht aufs Handy schicken, dass dieser doch mal in seinen Laden kommen kann. Also: reale Nutzer zu echten Anbietern hinführen.

Location Insider: Sind schon Folgeprojekte zu „Digitales Durlach“ geplant? Wollen Sie dieses kompakte Szenario auch in anderen Städten ausprobieren?

Stephan Theiß: Nein, das ist für uns jetzt erstmal das zentrale Projekt, von dem wir glauben, dass wir dort so viel Input und Rückmeldungen bekommen, um danach an unserer bundesweiten Lösung weiterarbeiten zu können.

Location Insider: Auch wenn wir jetzt vor allem über Durlach sprechen, würde mich dennoch interessieren, welchen Stellenwert denn Location-based Services insgesamt für Gelbe Seiten hat.

Stephan Theiß: Für uns hat das Thema eine sehr große Bedeutung. Wir begleiten es schon seit einiger Zeit und haben letztes Jahr auch ein Whitepaper dazu erarbeitet. Wir sehen einerseits auf Nutzerseite, dass die Akzeptanz von Location-based Services steigt, wenn man auch wirklich Informationen bekommt, die einen Mehrwert darstellen und nicht stören. Andererseits finden auch Unternehmen Location-based Services sehr spannend, denn diese sind nicht bloß eine Technologie, sondern eine neue Business-Logik, mit der man ein Unternehmen sehr gut digitalisieren kann, aber auch auf neue Herausforderungen stößt.

Für uns sind Location-based Services ein Thema, dem wir sehr viel Zukunft beimessen. Aber es ist auch noch ein weiter Weg zu gehen, den wir aktiv begleiten wollen. Für uns ist das ein wichtiges strategisches Thema, zumal es einfach auch sehr gut zur Marke „Gelbe Seiten“ passt. Denn wir sind der Kontaktvermittler zwischen Anbietern, auch kleineren Anbietern, und den Endkunden. Und diesen Weg gehen wir mit Location-based Services konsequent weiter, in dem wir im virtuellen Raum eine digitale Brücke zur Geschäftsanbahnung schlagen.

Location Insider: Vielen Dank fürs das Gespräch!

Lesetipp: Bereits Ende 2013 haben wir mit Stephan Theiß ein Interview zu Location-based Marketing geführt. Er sagte damals u.a.: „Die guten Angebote müssen den Nutzer finden“.


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