Beacon-Lösungen funktionieren gut, wenn sie richtig verstanden und ganzheitlich ins Marketing integriert werden.

von Gastautor am 31.März 2015 in Trends & Analysen

CS-ProfilbildVon Carsten Szameitat

Der App-Betreiber Gettings führte in Düsseldorf einen sechs-monatigen Test der Beacon-Technologie durch und kam zu einem ernüchternden Ergebnis. Vorhersehbar, sagen die Experten von LOC-Place, die die Ergebnisse anders lesen.

Carsten Szameitat und Thomas Hinterleithner sind die Geschäftsführer von LOC-Place.com, einem Inkubator für Location-Technologien. LOC-Place betreibt seit Juli 2014 einen LOCATION Themenpark der Beacon- und LBS-Technologien im Umfeld des größten Outlet-Centers Europas an acht Points of Sale, in unterschiedlichen Branchen, im Live-Betrieb installiert hat. Um die eigenen Installationen zu verbessern sind andere Testaufbauten genau unter die Lupe genommen worden. Dazu zählen u.a. die Tests der Deutschen Bahn und Ströer in Düsseldorf oder von Shelfbucks in Austin, Texas. Auch der Feldtest von Gettings in Düsseldorf stand dabei auf der Evaluations-Liste.

Von Juli bis Dezember 2014 hatte Gettings 140 Beacons in der Düsseldorfer Einkaufsmeile im Einsatz, 72 Partnerunternehmen machten mit, unter anderem aus den Bereichen Gastronomie, Mode, Telekommunikation und Elektronik, Wohnen und Freizeit. Dazu gehörten Marken wie o2, Görtz und Gravis. Nun hat Gettings einige Ergebnisse des Tests bekanntgegeben. Demnach hat sich die eigentliche Zielgruppe von 1,4 Mio Nutzern der Gettings-App auf 13.000 User reduziert.

Gettings-Geschäftsführer Boris Lücke führt dies auf die technischen Voraussetzungen zurück: Nur neuere Generationen von iPhone und Android-Geräten können die Signale verarbeiten. Bluetooth muss aktiviert sein und schließlich muss eine Zustimmung in Form eines Opt-in gegeben werden. Wir waren im November 2014 in Düsseldorf, um den Feldtest selbst zu erkunden. Dabei fiel uns sofort auf, dass Gettings-User in keiner Weise zum Opt-in bewegt wurden. Somit wurde letztlich nur geprüft, wer von ihnen sein Bluetooth bereits aktiviert hat. Hier hätte aber leicht mit Hilfe von Geofences und entsprechende Hinweisen am POS auf die Kampagnen und auch die nötige Aktivierung von Bluetooth aufmerksam gemacht werden können. Solche Maßnahmen erhöhen die Reichweite und Akzeptanz enorm.

Die eigenen Insights ruhig auch anwenden

Die wirklichen Probleme des Tests liegen aber in der Umsetzung und Kampagnensteuerung. So wurden etwa Beacons an Orten installiert, an denen User keinen Mobilfunkempfang hatten. Das Leuchtfeuer markiert aber nur eine Position, die Inhalte kommen aus dem Netz – wenn man eines hat. Und dass Hindernisse wie beschichtetes Glas, hohe Luftfeuchtigkeit etc. das Signal abschwächen, sollte keine Überraschung sein und falls doch, muss man sich als Testbetreiber so flexibel zeigen und die Positionierung der Beacons anpassen. Schließlich gibt es keinen Grund, das Gelernte nicht auch gleich selbst anzuwenden.

Generell hat sich der Feldtest als zu unflexibel erwiesen. In den sechs Monaten, die der Test andauerte, hat sich die Technologie weiterentwickelt. Und da die Beacon-Technologie noch sehr jung ist, geschieht dies in schnellen und großen Schritten. Die Feststellung etwa, dass die Batterien der Leuchtfeuer nach drei Monaten leer sein können, ist zwar richtig – aber auch veraltet. Modernere Beacons haben eine wesentlich verbesserte Laufzeit. Je nach Hersteller mit Knopfzellen bis zu zwei Jahre. In unserem eigenen Feldtest haben wir diese Erfahrung ebenso gemacht. Wir haben sie aber an unsere Partner weitergegeben, die dieses und andere Probleme mit der nächsten Beacon-Generation gelöst haben.

Die Option des selektiven Ein- und Ausschaltens ist sowohl aus Konsumenten- als auch Werber-Sicht eine Stärke von Beacons.

„Teilweise strahlten die Beacons nur fünf Meter weit“, erklärte Lücke gegenüber der „W&V“ und hält diesen Wert für zu gering. Geringere, gezielt reduzierte, Reichweiten können bewusst konfiguriert werden, um sehr nahe Proximity-Use-Cases zu implementieren. Das war in Düsseldorf aber gar nicht der Fall. Wenn ich vor einem Laden stehe und mehrere Nachrichten erhalte – nicht nur von dem Geschäft, vor dem ich gerade bin, sondern auch von benachbarten Läden – werde ich in mehrere verschiedene Richtungen gleichzeitig gelockt. Das hat aber wohl nur den Effekt, dass der User sein Bluetooth genervt abstellt.

Zudem verzichtete Gettings in seiner Kampagne auf Frequency-Capping. Das bedeutet, dass der Beacon seine Botschaft immer ausliefert – egal, zum wievielten Male ich gerade vorbei gehe. Und das sechs Monate lang mit immer denselben Nachrichten. Dabei könnte hier so viel mehr erreicht werden: nach einer ersten Ansprache können alternative, individualisierte Folgebotschaften verschickt werden. Nach einer Anzahl von Meldungen – sei es von einem Beacon oder der gesamten Kampagne – erhält der User vorerst keine Nachrichten mehr, um ihn nicht zu stark zu belästigen. Schließlich besteht immer die Gefahr, dass der Nutzer den Kanal selektiv abschaltet. Das trifft immer dann zu, wenn der Mehrwert nicht gegeben ist oder unzureichend kommuniziert wird. Die Stärke von Beacons liegt ja gerade in einer sehr wertigen individuellen Kommunikation mit kleinen Zielgruppen, für die aber mit hoher Relevanz. Bekannterweise werden mit ca. 20 Prozent der Kunden 80 Prozent des Umsatzes gemacht und selektive Kommunikation statt Massenwerbung ist ein Schlüssel für diesen Erfolg, der Kunden auch bewegt, ihr Opt-in zu geben.

Immer am Ball bleiben

Hat die Kampagne dann jemanden erreicht, klickten 33 Prozent innerhalb der ersten fünf Minuten auf die Nachricht, 20 Prozent sogar sofort. Eine Abnutzungstendenz konnte laut Gettings nicht festgestellt werden. Die Zahlen klingen gut, es besteht aus unserer Erfahrung sogar noch Luft nach oben – besonders mit personalisierten und innovativen Inhalten. Doch wenn ich in den Laden gehe, und auf Personal treffe, das von der Kampagne nichts weiß, werden sich viele Kunden fragen, warum soll ich mich dafür interessieren, wenn es nicht einmal die Mitarbeiter tun? Eine ganzheitliche Integration ins Gesamt-Marketing inklusive Personal-Schulung ist dafür unerlässlich.

Über Carsten Szameitat

Carsten Szameitat ist Vorstandsvorsitzender und Region Director D-A-CH des Verbandes Location Based Marketing Association (LBMA). Zuvor hat er in der Geschäftsführung bei 11 Prozent Communication gearbeitet und hat die M-Days und die Mobile National Days D-A-CH gegründet.


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