Interview mit Ulrich Binnebößel vom HDE: „Payment allein macht nicht glücklich.“

von Christian Bach am 08.Oktober 2014 in Interviews

XL-0067_38982_col_Hoffotografen„Payment allein macht nicht glücklich. Erst in Kombination mit Loyalty, Rabatten und Couponing wird es spannend“, sagt Ulrich Binnebößel, Referent in Sachen Zahlungsverkehr beim Handelsverband Deutschland (HDE). Der Payment-Experte hält das Kundenverhalten für den entscheidenden Faktor im Mobile-Payment-Bereich. „Gutwillig betrachtet kann man sagen, dass für die Nutzer noch der Mehrwert fehlt“, erklärt Binnebößel. Mobile Payment löst seiner Meinung nach in Deutschland aktuell kein Problem, da u.a. rund 90 Mio EC-Karten im Umlauf seien. Apple unterstützt zwar gerade mit „Apple Pay“ NFC, aber auch die Beacon-Technologie ist laut Binnebößel nicht zu unterschätzen: „Bei Beacons sind der Innovationskraft der Unternehmen bislang keine Grenzen gesetzt.“ Dennoch bleibt Binnebößel in Bezug auf die Bluetooth-Low-Energy-Technik vorsichtig: „Technische Details sind bisher sehr vage. Zudem ist nicht zwangsläufig die in den USA ausgerollte Lösung gleichzusetzen mit der in Deutschland geplanten. Wir müssen also abwarten, bis Detailpläne zu Deutschland bzw. Europa bekannt werden.“ Der HDE-Referent wird am zweiten Tag der Payment World 2014 (3. und 4 November) einen Vortrag zum Thema „Zahlungsverkehr im Handel heute und morgen: Wohin geht die Reise?“ halten.

Location Insider: Apple hat am 9. September eine eigene Mobile-Payment-Lösung vorgestellt. Was bedeutet dies für den Zahlungsverkehr im (deutschen) Handel.

Ulrich Binnebößel: Apple lenkt die Aufmerksamkeit einmal mehr auf das Thema Mobile Payment. Insofern gehen wir derzeit davon aus, dass Mobile Payment und vor allem die zugrunde liegende NFC-Technik einen Aufschwung erhalten wird. Ergänzt wird die Thematik durch Mastercard. Das Unternehmen hat angekündigt, dass neue Terminals ab Januar 2015 die Kontaktlostechnik beherrschen müssen, wenn dort Mastercard und Maestro akzeptiert werden soll. Alte Geräte müssen bis Januar 2018 ausgetauscht oder aufgerüstet werden. Der Handel ist also in jedem Fall gut beraten, bei Ersatz von Terminals an NFC zu denken.

Location Insider: Stichwort Monopolisierung: Bisher gab es viele Insel-Lösungen im Mobile-Payment-Markt. Gehen Sie davon aus, dass die meisten Händler nun die Lösung von Apple nutzen werden?

Ulrich Binnebößel: Über die Akzeptanz von einzelnen Produkten kann nur spekuliert werden. Im Falle von Apple Pay spricht die derzeitige Informationslage dafür, dass der Händler keinen gesonderten Akzeptanzvertrag braucht. Apple setzt auf die Lösungen der Kartenorganisationen wie Paypass und Paywave.

Location Insider: Apple setzt anscheinend auf NFC und die Beacon-Technologie. Ist es also kein „entweder-oder“, sondern ein „sowohl-als-auch“?

Ulrich Binnebößel: Technische Details sind bisher sehr vage. Zudem ist nicht zwangsläufig die in den USA ausgerollte Lösung gleichzusetzen mit der in Deutschland geplanten. Wir müssen also abwarten, bis Detailpläne zu Deutschland bzw. Europa bekannt werden.

Location Insider: „Mobile Payment ist bislang nur ein kleines Thema im realen Handel“, sagten Sie uns im Vorfeld dieses Interviews. Smartphones gibt es nun schon eine Weile. Das erste iPhone wurde bereits vor sieben Jahren vorgestellt. Warum spielt das mobile Bezahlen bisher trotzdem noch keine große Rolle?

Ulrich Binnebößel: Entscheidender Faktor bei Mobile Payment ist das Kundenverhalten. Böswillig betrachtet, könnte man behaupten, dass Mobile Payment kein aktuelles Problem der Nutzer löst. Wir haben eine Komplettausstattung mit EC-Karten, hier sind ca. 90 Millionen im Markt. Gutwillig betrachtet kann man sagen, dass für die Nutzer noch der Mehrwert fehlt. Payment alleine macht nicht glücklich. Erst in Kombination mit Loyalty, Rabatten und Couponing wird es spannend.

Location Insider: Eines der Top-Themen der Payment World wird wohl „Kundenkarten auf dem Weg ins mobile Zeitalter“ sein. Oft wird jedoch nur über kontaktloses Zahlen gesprochen. Sollte diese Diskussion nicht für Mobile Wallets geöffnet werden?

Ulrich Binnebößel: Aus Handelssicht bietet das Smartphone eine attraktive Schnittstelle zur Kommunikation mit dem Kunden. Dabei sind die Optionen bei weitem nicht mit der Bezahlfunktion ausgeschöpft. Auch Wallets können viel mehr bieten als die Behausung von virtuellen Kreditkarten. Sie bitten ein hohes Sicherheitsniveau für sensible Anwendungen. In jedem Fall gehören sie daher in den Diskussionen berücksichtigt.

Location Insider: Bisher werden Beacons kaum in Deutschland eingesetzt. Welche Rolle kann die Beacon-Technologie für Händler einnehmen?

Ulrich Binnebößel: Auch hier sind der Innovationskraft der Unternehmen bislang keine Grenzen gesetzt. Die Identifizierung des Smartphone-Besitzers – auch ohne Mobilfunkempfang z.B. in Kellergeschossen – kann diverse Servicedienste direkt im Laden oder am PoS ermöglichen. Zusätzliche Informationen oder Angebote stehen hier genauso im Fokus wie die Bezahloption.

Location Insider: Im Mai 2014 haben Sie Mobile Payment über NFC noch als neue Schnittstelle mit Potenzial bezeichnet. Wie würden Sie nun urteilen?

Ulrich Binnebößel: Die NFC-Technologie ist technisch betrachtet tatsächlich nur die Ablösung der kontaktbehafteten Chip-Technologie. Verbunden mit neuen Prozessen auch im Zahlungssegment werden daraus neue Produkte, die dem Kunden und auch dem Handel mehr Convenience oder mehr Effizienz bringen können. „Tap and go“ beispielsweise, das Bezahlen ohne aufwändige PIN-Eingabe zumindest für Kleinbetragszahlungen ist hier ein gutes Beispiel. Es gilt jetzt, das Potential zu nutzen und gute und günstige Produkte zu entwickeln oder voranzutreiben.

Location Insider: Zum Abschluss eine persönliche Frage: Wie häufig und welches Lösung nutzen Sie bereits zum mobilen Zahlen?

Ulrich Binnebößel: Interessenhalber teste ich gerne neue Verfahren. In den Alltag hat es aber bislang nur die App-Bezahllösung meines Lebensmittelhändlers um die Ecke geschafft.

Location Insider: Vielen Dank für das Gespräch.

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