Shopping-Center und Corona-Lockerungen: Interview mit ECE-Geschäftsführerin Joanna Fisher.
von Florian Treiß am 21.April 2020 in Interviews, NewsGestern traten die ersten Lockerungen des Corona-bedingten Lockdowns in Kraft und Geschäfte bis 800 Quadratmeter Verkaufsfläche dürfen nun wieder öffnen. Doch wie sieht es bei Shopping-Centern aus, die viele solcher Geschäfte bündeln und dadurch oft ein hohes Besucheraufkommen haben? Hier ist die Lage etwas unübersichtlicher und in fast jedem Bundesland gilt eine andere Regelung. Und so durften gestern erst in elf der sechzehn Bundesländer die Shopping-Center öffnen. Jedoch teils mit Sonderregelungen wie etwa in Sachsen, wo in Shopping-Centern nur Läden öffnen dürfen, die über einen separaten Kundeneingang von außen verfügen, sowie Geschäfte zur Grundversorgung. Wir haben mit Joanna Fisher, Geschäftsführerin für das Center-Management des Shopping-Center-Riesen ECE, über die ersten Erfahrungen mit den Lockerungen gesprochen.
Location Insider: In wie vielen Bundesländern konnten Sie Ihre Shoppingcenter am Montag bereits wieder eröffnen?
Joanna Fisher: In insgesamt elf Bundesländern durften viele Geschäfte unter bestimmten Auflagen am Montag wieder eröffnen. Wir freuen uns gemeinsam mit unseren Mietern, den Betrieb wieder aufnehmen zu dürfen und tun das mit der gebotenen Umsicht und unter Einhaltung aller Regelungen wie Abstandsgeboten und den Vorgaben zur Hygiene. Da unsere Shopping-Center in der hinter uns liegenden Zwischenzeit mit den Geschäften der Grundversorgung nach wie vor geöffnet waren und Hygienemaßnahmen bereits umsetzt haben, wurden diese jetzt in intensiveren Form fortgesetzt.
Location Insider: Wie ist die Resonanz der Händler – machen auch wirklich alle schon wieder auf, die unter 800qm Fläche liegen? Oder zögern manche noch, wenden z.B. weiter einen bundes-/-europa/-weltweiten Lockdown an?
Joanna Fisher: Nicht alle Geschäfte haben bereits am ersten Tag gleich wieder geöffnet und das ist ja auch verständlich. Die neuen Verordnungen wurden ja zum Teil sehr kurzfristig vor dem Wochenende erlassen und viele Mietpartner müssen jetzt erst wieder ihr Personal einplanen und die erforderlichen hygienischen Vorsichtsmaßnahmen für ihre Mietbereiche umsetzen. Je nach Standort hatten am ersten Tag zwischen 30% und 60% wieder geöffnet. Im Laufe der Woche werden sicherlich weitere ihren Betrieb aufnehmen.
Location Insider: In welchen Bundesländern gibt es Stand heute besondere Einschränkungen (z.B. nur Läden mit separaten Eingängen dürfen öffnen)?
Joanna Fisher: In fast allen Bundesländern gibt es bestimmte Auflagen für die Öffnung der Geschäfte. Dazu gehören eine Begrenzung der Besucherzahl, bestimmte Hygienemaßnahmen oder die Beschränkung der Gastronomie auf den Außer-Haus-Verkauf. Eine Beschränkung auf Geschäfte mit Außenzugang gibt es aktuell nur in Sachsen. Wir sind in allen Centern gut auf die Regelungen vorbereitet und setzen eine ganze Reihe von Maßnahmen um, insbesondere was die Regeln zu Hygiene und Abstandshaltung angeht. Diese reichen von zusätzlichen Desinfektionsspender für Kunden und Mitarbeiter über Abstandsmarkierungen und eine besonders geregelte Wegeführung im Center zur Einhaltung der Abstandsregelungen bis hin zu gesperrten Bereichen. Zudem können wir die Besucherströme optimal über unsere Frequenzzählanlagen messen und so sowohl die Anzahl der Besucher im Center steuern wie auch mögliche Schlangenbildungen verhindern. Auch die bereits seit Wochen erhöhte Frequenz und Intensität bei der Reinigung und Desinfektion wird natürlich weiterhin fortgeführt. Zudem setzen auch unsere Mieter entsprechende Maßnahmen zur Hygiene und zu den Abstandsregeln in ihren Geschäften um, wir stehen hier mit Rat und Tat zur Seite.
Location Insider: Wie sehr limitiert die Begrenzung auf 800qm pro Geschäft die Frequenz in ihren Shoppingcentern? Gerade die wichtigen Ankermieter dürften doch oft größere Flächen haben?
Joanna Fisher: Ein Großteil der Geschäfte in unseren Centern liegt unter der Grenze von 800 qm. Die Beschränkung betrifft daher in der Tat insbesondere die Ankermieter. In einigen Bundesländern ist es gestattet, dass größere Mieter ihre Flächen begrenzen, in dem sie diese klar und eindeutig absperren. Und das wenden die betroffenen Retailer auch an. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Besucher sehr besonnen und wegen der gebotenen Vorsicht vor allem zum Einkaufen von notwendigen Gütern kommen werden – und nicht geleitet durch die Anzahl der geöffneten Geschäfte.
Location Insider: Haben Sie spezielle Forderungen an die Politik, was Shoppingcenter in der Coronakrise angeht?
Joanna Fisher: Wir halten das schrittweise Vorgehen grundsätzlich für richtig, auch wenn wir nicht alle Details des Beschlusses inhaltlich nachvollziehen können. Wünschenswert wäre allerdings eine einheitliche Lösung für alle Bundesländer gewesen, insbesondere was die Öffnungen der Geschäfte in den Shopping-Centern angeht.
Location Insider: Vielen Dank für das spontane Interview!
ECE hat diverse aktuelle Regelungen rund um Corona aus allen Bundesländern zusammengetragen – der Download ist hier möglich.
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