Birkenstock geht an der Börse baden

von Florian Treiß am 12.Oktober 2023 in About You, Birkenstock, Börse, BVB, Deutsche Telekom, News, Signa Sports United

Der Börsengang vom traditionsreichen Latschenhersteller Birkenstock erweist sich als Flop, der an die T-Aktie der Deutschen Telekom oder der Aktien von Borussia Dortmund erinnert. Mit großen Ambitionen angekündigt und durch Product Placement im aktuellen „Barbie“-Kinofilm gehypt, lag der erste Kurs am Mittwoch an der New Yorker Börse mit 41 US-Dollar (38,70 Euro) um enttäuschende zehn Prozent unter dem Ausgabepreis. Sprich: Wer vorab Birkenstock-Aktien von seiner Bank zugeteilt bekommen hatte, der hat zumindest für den Moment ein Zehntel seiner Investition verloren.

Natürlich ist das Geld in einem solchen Fall nicht automatisch futscht, sondern man realisiert den Verlust erst dann, wenn man die Aktien tatsächlich zum entsprechenden Preis verkauft. Ansonsten heißt es oft abwarten, Tee trinken und auf einen besseren Aktienkurs hoffen.

Doch nicht nur professionelle Investoren, sondern auch Kleinanleger können durch Abwarten ihre Verluste sogar noch deutlich vergrößern, wie die vermeintliche Volksaktie der Telekom oder die Fanaktie des BVB zeigen. Und auch bei E-Commerce-Aktien mussten Anleger zuletzt massive Verluste hinnehmen.

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Börsengänge: Durchhaltevermögen hilft nicht immer

Die Vergangenheit zeigt: Ein schwacher Eröffnungskurs beim Börsengang wird leider oft zum schlechten Omen. Bei den BVB-Aktien ging es danach massiv bergab. Und auch die T-Aktie, die zwar relativ stabil gestartete war, legte später eine heftige Talfahrt hin, was damals für viel Frust und Verlust bei Kleinanlegern sorgte und der kaum vorhandenden „Aktienkultur“ in Deutschland schadete.

DFB Pokalfinale 1989 Borussia Dortmund gegen Werder Bremen

Als 8-jähriger Junge mit Tante und Onkel beim DFB-Pokalfinale 1989 (BVB gegen Werder Bremen)

Natürlich kann man mit einem längeren Durchhaltevermögen darauf hoffen, dass die eigenen Aktien irgendwann wieder auf den Kaufpreis klettern oder sogar darüber. Doch dafür braucht’s oft einen langen Atem – und es gibt genügend Beispiele, dass Investoren und Kleinanleger massive Verluste realisieren mussten, denn auch jahrelanges Ausharren half in diesen Fällen nicht weiter. Diese Lektion habe ich Anfang der 2000er Jahre mit meinen BVB-Aktien bitter gelernt.

BVB-Aktie auch 23 Jahre später deutlich unter Ausgabekurs

Im Falle Borussia Dortmund zum Beispiel hat die Aktie bis heute, rund 23 Jahre nach dem Börsengang, nicht mehr den Ausgabepreis von 11 Euro erreicht. Und ich persönlich, damals riesiger BVB-Fan (siehe Kinderfoto von 1989 oben), bin froh, dass ich mich rund eineinhalb Jahre nach dem Börsengang bei einem Preis von 5,50 Euro von meinen BVB-Aktien getrennt habe. Damals also ein Verlust von schlanken 50 Prozent.

Das war 2002. Und es war eine meiner ersten großen Lektionen in Sachen Geldanlage. Ich brauchte das Geld einerseits für die Ausstattung meiner Studentenbude – goldene Regel dagegen: Investiere nie Geld, was Du in den nächsten Jahren benötigst! Und andererseits hatte ich auch den Glauben an steigende Kurse verloren.

Börsen-Millionen für teure Spielertransfers verbrannt

Schließlich war die Gemengelage damals sehr unschön: Die Terroranschläge vom 11. September 2001 hatten die Börsen und Weltmärkte in die Krise gestürzt. Und selbst die bevorstehende 2002er Meisterschaft des BVB, teuer erkauft aus den 130 Millionen Euro Einnahmen aus dem Börsengang, sorgte nicht für die nötige Kurserholung. Denn das Geld aus dem Börsengang wurde nicht nachhaltig investiert, sondern floß vielmehr in teure Neuzugänge wie Marcio Amoroso (Ablösesumme 51 Millionen D-Mark) Tomas Rosicky (25 Millionen D-Mark) oder Jan Koller (21 Millionen D-Mark), die zwar für eine Meisterschaft sorgten, dabei aber die Personalkosten des BVB in viel zu hohe Sphären trieben.

Mit diesen Ablösesummen führte der BVB seiner Zeit die Liste der Rekordtransfers in die Bundesliga an. Erst später begannen die aufgeschreckten Bayern, noch mehr Geld für Transfers auf den Tisch zu legen als der BVB, z.B. 37 Millionen Euro für den teuersten Bundesliga-internen Transfer Mario Götze, den der FCB im Jahr 2012 vom BVB abwarb.

BVB-Aktie fiel ausgerechnet zu Beginn der Klopp-Ära unter einen Euro

Kursverlauf der BVB-Aktie seit dem Börsengang vor 23 Jahren (Quelle: Google Finance)

Wer einen noch längeren Atem hatte, sah die BVB-Aktie im Jahr 2009 auf unter einen Euro fallen, bis der Kurs mit der Herbstmeisterschaft 2010 unter Jürgen Klopp endlich wieder etwas an Fahrt aufnahm und beim Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Mai 2011 immerhin wieder bei rund 2,50 Euro stand. Danach ging es wie bei einer Achterbahnfahrt mit vielen Tälern im Schnitt deutlich weiter nach oben bis zu einem Peak von knapp 10 Euro im Herbst 2018. Damals lag in der Luft, dass der BVB erstmals nach sechs Jahren Dominanz des FC Bayern wieder die Meisterschaft schaffen könnte und der Vorsprung auf die Bayern betrug teils neun Punkte. Doch wie Fußballfans wissen, kam die Mannschaft nicht mit dem Hype klar und verspielte letztlich die neun Punkte Vorsprung auf den FC Bayern wieder.

Aktuell notiert die BVB-Aktie etwas unter vier Euro. Dabei steht der BVB zuverlässig wieder auf einem Champions-League-Platz in der Bundesliga und ist seit Jahren regelmäßig in der Melkkuh Champions League dabei. Doch das scheint längst im Aktienkurs „eingepreist“ zu sein. Somit dürfte das Abwärtspotenzial an der Börse höher sein, wenn’s eine Saison mal schlecht läuft, während das Aufwärtspotenzial selbst bei einer Wachablösung des Abo-Meisters Bayern München nicht so groß sein dürfte, den Kurs innerhalb einer Saison auf den Ausgabepreis von 11 Euro nahezu zu verdreifachen.

Börsen-Trauerspiel auch bei About You und Signa Sports United

Ein ähnliches Trauerspiel bietet übrigens zum Beispiel die Aktie von About You, die heute rund 80 Prozent niedriger steht als beim Börsengang vor zwei Jahren. Noch schlimmer aber ist das Beispiel Signa Sports United: Das Unternehmen von Galeria-Eigner René Benko wurde gerade von der Börse genommen, und zwar mehr als 95 Prozent unter Ausgabekurs. Ein langer Atem zahlt sich also leider nicht immer aus – und man kann nur hoffen, dass Birkenstock schnell die Trendwende schafft.

Birkenstock wollte fünftwertvollste Schuhmarke der Welt werden

Der Börsengang hat Birkenstock nichtsdestotrotz knapp 1,5 Milliarden Dollar (rund 1,4 Milliarden Euro) eingebracht. Birkenstock wollte bei einer angestrebten Bewertung von 10 Milliarden Dollar zur fünftwertvollsten Schuhmarke der Welt nach Marktkapitalisierung aufsteigen. Tatsächlich lag der Börsenwert zum Start bei 8,6 Milliarden Dollar – damit reicht es im Ranking nur noch für Rang sechs, wie das „manager magazin“ berichtet.

Knapp dahinter folgt die erst 2010 gegründete Schweizer Laufschuhmarke On Running, die vor zwei Jahren mit prominenter Unterstützung von Tennisstar Roger Federer an die Börse gegangen war. Das Bild zeigt einen Blick in den Anfang 2023 eröffneten Flagship Store von On in London.


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