Beratung per Videochat: Fliesenhändler Gustl Leibfried über die Coronakrise.
von Florian Treiß am 01.April 2020 in Interviews, News„Wir lassen den Kopf nicht hängen, sondern suchen nach Lösungen“, sagt Gustl Leibfried. Wie so viele andere Händler auch musste er seinen Laden, den Fliesenfachhandel Leibfried im unterfränkischen Bürgstadt, wegen der Coronakrise schließen. in einem motivierenden Video hat sich Gustl Leibfried vor kurzem an die Öffentlichkeit gewandt – und sich entschlossen, statt der persönlichen Beratung im Laden seine Kunden nun kurzerhand unter dem Motto #fliesestattkrise per Videochat zu beraten. Mehr dazu im Interview.
Location Insider: Wie hart trifft die Coronakrise Ihr Geschäft?
Gustl Leibfried: Im Einzelhandelsgeschäft ist unser Geschäft stark heruntergefahren, für den März verzeichnen wir einen Umsatzrückgang von fast 30 Prozent. Bestellte Fliesen-Kommissionen liefern wir zwar noch aus, allerdings liefern unsere Zulieferer in Spanien und Italien, woher wir unsere Produkte hauptsächlich beziehen, ab heute keine Ware mehr aus.
Location Insider: Sie bieten jetzt Fliesen-Beratung per Videochat an. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Gustl Leibfried: Wir betreiben eine Fliesenausstellung auf 1.000 Quadratmetern, in die wir in den letzten Jahren kontinuierlich viel Arbeit und nicht wenig Geld gesteckt haben. Obwohl ich die politische Entscheidung nachvollziehen kann und unterstütze, war es für mich zunächst ein Schock, die Ausstellung ganz schließen zu müssen. Da wir an der Lage momentan nichts ändern können, haben wir den Blick nach vorne gerichtet und überlegt, was wir tun können. Die Beratung per Videochat war nicht schwer umzusetzen, wir mussten nur frühzeitig darauf aufmerksam machen.
Location Insider: Wie ist die Resonanz bisher?
Gustl Leibfried: Uns war natürlich von Beginn an klar, dass wir den Umsatzeinbruch mit dieser Maßnahme nicht vollständig kompensieren können. Allerdings kommt unser Angebot gut an, sodass wir jeden Tag ein paar Kunden per Videochat beraten. Inzwischen hat sich die Rufnummer, die wir im Zuge der Videoberatung eingerichtet haben, zu einer Art „Notfall-Telefon“ entwickelt. Bauherren und Heimwerker melden sich zu den unterschiedlichsten Themen und wir versuchen ihnen zu helfen. Das ist in dieser Situation das Allerwichtigste: mit seinen Kunden in Kontakt zu bleiben und sie zu unterstützen, wo es geht.
Location Insider: Hatten Sie vorher schon Digital-Erfahrung, z.B. Online-Verkauf Ihrer Produkte?
Gustl Leibfried: Wir haben uns schon immer für die Digitalisierung des Handels interessiert und denken ständig darüber nach, wie wir ein sehr statisches, unhandliches Produkt wie die Fliese, die ein Kunde vor dem Kauf anfassen und sinnlich erleben möchte, authentisch über digitale Kanäle vermarkten können. Seit drei Jahren betreiben wir nun einen Onlineshop auf Amazon, den wir inzwischen als zusätzliche Handelsplattform etablieren konnten.
Location Insider: Was macht Ihnen Mut und Hoffnung in dieser schwierigen Zeit?
Gustl Leibfried: Ganz einfach: dass es weitergeht! Auch wenn es weniger ist, haben wir zu tun. Wir fokussieren uns auf die aktuellen Fliesenanfragen und betreuen diese so gut es geht per Videochat, Telefon und E-Mail. Wir lassen den Kopf nicht hängen, sondern suchen nach Lösungen – beispielsweise hinterlegen wir Musterfliesen oder verschicken diese per Post. Wir machen derzeit neue Erfahrungen, die uns sicherlich auch in der Zukunft helfen werden, uns und unseren Betrieb weiterzuentwickeln und uns für die Zukunft gut aufzustellen.
Location Insider: Vielen Dank für das Interview!
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