Wie KI unser Einkaufsverhalten verändert und den Handel revolutioniert

von Ginkgo am 16.September 2022 in Partnerbeitrag, Trends & Analysen

Persönliche Kundenprofile, individuelle Empfehlungen, dynamische Preise und Lieferungen in wenigen Stunden. Was mit Künstlicher Intelligenz heute schon möglich ist, beschreibt Steffen Maas, Gründer und Geschäftsführer der Ginkgo Analytics GmbH, anhand sechs konkreter Anwendungsfälle.

Was mit KI heute schon möglich ist

Die Nutzung von KI im Handel, vor allem im E-Commerce, ist dank digitaler Prozesse und allzeit verfügbarer Daten weit fortgeschritten. Dabei gibt es zwei große Megatrends: Predictive Commerce und Hyper-Personalisierung. Predictive Commerce beschäftigt sich mit der Vorhersage von zukünftigen Bedarfen und Trends. Hyper-Personalisierung schafft ein individuelles Einkaufserlebnis für jeden Kunden, indem Schnittstellen, Interaktion und Produkte zunehmend personalisiert werden. Grundlage dafür sind Daten mit guter Quantität und Qualität für ein besseres Kundenverständnis, beispielsweise durch die Erstellung von Kundenprofilen und die Auswertung von Kundenverhalten. Zudem ermöglicht ein besseres Sprachverständnis z. B. die Auswertung von Suchanfragen. Das Ergebnis sind bessere Angebote, darunter personalisierte Empfehlungen und optimierte Preise. Was ist heute anders als früher? Heute haben die Unternehmen Zugang zu vielen Daten, u. a. durch mobile Apps, Rechenleistung in der Cloud und bessere Algorithmen und Tools. Darüber hinaus haben sich auch die Kunden geändert. Sie haben heute durch Informations- und Kommunikationsüberflutung eine viel geringere Aufmerksamkeitsspanne und wünschen sich individuellere Angebote und – auch bedingt durch die „Amazonisierung“ des Handels – schnellere Lieferungen als noch vor wenigen Jahren.

Massive Auswirkung von KI auf den Handel

KI hat in Unternehmen drei Hebel: Kostenreduktion, Umsatzerhöhung und neue Geschäftsmodelle. Nach einer Studie von McKinsey hat KI im Handel jährliche Auswirkungen von ca. 1,7 Trillionen USD. Der größte (Umsatz-)Hebel liegt dabei im Bereich Marketing und Sales mit 1,1 Trillionen USD. Der zweitgrößte Hebel liegt im Bereich Supply Chain Management, Manufacturing und Operations – ein Kostenhebel und gleichzeitig für Kundenzufriedenheit und Umsatz. In der Industrie gibt es massive Investitionen durch globale Anbieter wie Amazon und Alibaba. Allein Amazon hat mehr als 1 Billion USD in automatisierte Lager, den Aufkauf von Robotikfirmen und neue Geschäftsbereiche investiert.

Die wichtigsten KI-Use-Cases entlang der Wertschöpfungskette

KI hat im Handel Auswirkungen auf alle Bereiche, von der Planung, über Supply Chain & Operations bis zu Marketing & Sales. Für einige Use Cases gibt es fertige Lösungen oder spezialisierte Anbieter. Die folgende Grafik zeigt die sechs wichtigsten Anwendungsfälle. Diese werden unten näher beschrieben:

KI-Anwendungsfälle im Handel (zum Vergrößern bitte anklicken)

1. Bessere Strategie und Planung

Ziel ist es, Umsatz und Rendite zu steigern und gleichzeitig alle wichtigen Rahmenbedingungen und Vorgaben zu erfüllen (soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit etc.). Eine KI-gestützte Bedarfsplanung und Prognose ist in diesem Bereich am wichtigsten, denn sie steuert alle anderen Unternehmensbereiche. Die Otto Group z. B. hat 2018 schon automatisierte Bedarfsprognosen und einen automatischen Einkauf von Artikeln umgesetzt. Der chinesische Online-Händler SHEIN wiederum kann seit 2021 automatisch Trends und Interessen in Social Media und Suchanfragen erkennen und in Echtzeit die Steuerung von Produktionsprozessen automatisieren. Damit steht das Unternehmen für Fast-Fashion wie kein anderes – ein enormes weltweites Umsatzwachstum ist die Folge, im Schnitt 300 – 400% pro Jahr. Weitere Anwendungsfälle sind die automatische Wettbewerbsanalyse für Online-Shops und den Stationären Handel zum besseren Verständnis der eigenen Positionierung sowie die Standortplanung und Optimierung für möglichst ideale Verkaufsflächen.

2. Besseres Produktangebot

Ziel dieses Bereiches ist es, den Kundenbedarf zu decken. Der Schlüssel dafür ist eine optimierte Sortimentsplanung. So hat beispielsweise Hallmark die Verkaufszahlen in allen Läden erfasst und ausgewertet. Durch Mustererkennung konnten Empfehlungen für eine optimierte Produktpalette pro Standort erstellt werden, was zu einer Erhöhung der Abverkaufsrate um einige Prozentpunkte führte. Ebenfalls sehr wichtig ist die Erfolgs-Prognose für einzelne Produkte. So kann Frontnow Muster im Einkaufsverhalten von Kunden in verschiedenen Läden erkennen und erstellt automatisch Kundenpersonas. Durch die Verknüpfung von Personas und Produkten können Empfehlungen von optimalen Angeboten an das Verkaufspersonal gegeben werden, was zu einer Umsatzsteigerung von bis zu 400% pro Laden führt. Tchibo nutzt semantische Analysen von Kundenrezensionen für eine Verkaufsprognose von neuen Produkten. Weitere Anwendungsfälle sind Preisoptimierungen und Warenkorbanalysen zur optimalen Positionierung am Markt sowie die Identifikation von Cross-Selling-Möglichkeiten für mehr Umsatz und Kundenzufriedenheit.

3. Verbesserte Logistik

Ziel ist in diesem Segment die Lieferungen in wenigen Stunden und das möglichst kostengünstig. Ein Erfolgsfaktor dafür sind autonome Lagerhäuser. Der britische Multichannel-Einzelhändler JD beispielsweise hat in den Fulfilment Centern komplette Prozessschritte wie Lagern, Verpacken, Sortieren und Transportieren automatisiert. 330 autonome Roboter erhöhen die Lieferkapazität auf 1,3 Mio. Lieferungen pro Tag und die Geschwindigkeit von Next-Day auf Same-Day. Weitere Anwendungsfälle sind die Analyse von Lieferantenqualität zur besseren Steuerung, die Optimierung der Lagerorte für schnellen Zugriff und verkürzte Lieferzeiten, die Routenoptimierung für kurze Transportzeiten und möglichst hohe Lieferquoten, sowie innovative Last-Mile-Konzepte, unter anderem durch den Einsatz von Drohnen und Robo-Kurieren.

4. Optimierter Filialbetrieb

Ziel ist hier die Kundengewinnung und ein hoher Umsatz pro Kunde und Filiale. Einer der wichtigsten Hebel ist dabei die Optimierung von Layout und Sortiment. Signatrix beispielsweise wertet die Videos aus den Überwachungskameras aus und erkennt automatisch Ereignisse und Situationen, unter anderem Kundenbewegungen, Wartezeiten, Zahlungsvorgänge oder Diebstahl. Damit können das Filiallayout, Produktplatzierungen und Prozesse optimiert werden. Darüber hinaus ist eine Prozessoptimierung durch Prognose von Besuchszeiten und verbesserte Schichtplanung möglich, sowie die Prognose von ausverkauften Artikeln für ein besseres Kundenerlebnis. Im Trend sind autonome Filialen für zusätzliche Verkaufszeiten, geringere Mitarbeiterkosten und höhere Kundenzufriedenheit durch schnellere Abwicklung.

5. Personalisiertes Marketing & Onlineverkauf

Ziel ist auch hier die Kundengewinnung und hoher Umsatz pro Kunde. Wichtigste Schlüssel sind personalisierte Werbung und personalisierte Produktempfehlungen. So hat Louwman eine 360-Grad-Sicht des Kunden erstellt, was ein Ausspielen von personalisierter Werbung ermöglicht (optimaler Inhalt, optimaler Kanal, optimaler Zeitpunkt) und persönliche Produktempfehlungen. Das Ergebnis ist eine sichtbare Erhöhung der Conversionrate. Durch Personalisierung kann das Ranking in Produktlisten verbessert und dynamische Preise und Promotions umgesetzt werden. Globus beispielweise hat durch eine Auswertung von Kaufverhalten und Preiselastizität einen prädiktiven Preisalgorithmus für personalisierte Preise entwickelt. Das Ergebnis sind ein höherer Umsatz und gesteigerte Profitabilität.

6. Verbesserte Kundenerfahrung

Das übergeordnete Ziel eines jeden Händlers ist es, eine einmalige Kundenerfahrung zu bieten und die Kundenbindung zu erhöhen. Dies kann durch eine Vereinfachung des Einkaufserlebnisses erfolgen, durch eine bessere Markenwahrnehmung dank Optimierung von Medium und Inhalten, sowie durch Spaß am Einkauf, Loyalty-Programmen oder hilfreichen Chatbots im Kundensupport. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Wichtig ist, dass die Wahrnehmung des Kunden ist, immer die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Fazit: KI sorgt für Disruption und neue Geschäftsmodelle im Handel

Der Schlüssel zum Erfolg im Handel ist das Verständnis des Kunden und der Lebenssituation. KI hat durch Hyper-Personalisierung und immer bessere Prognosen eine starke Disruption zur Folge. Händler ohne KI sind nach Einschätzung von Experten in 10 Jahren nicht mehr relevant. Mit KI wiederum sind revolutionäre Änderungen der Geschäftsmodelle und der Wertschöpfungstiefe möglich. Ein Beispiel ist prädiktiver Verkauf, sprich die Lieferung bis zum Endbenutzer vor dem Kauf. Weitere Beispiele sind Predictions as a Service, bei denen Markt- und Kundendaten an Geschäftspartner weitergegeben werden, oder Surveillance as a Service, bei denen nicht nur Kameras verkauft werden, sondern garantierte Sicherheit. Was wir heute sehen, ist erst der Anfang.

Bei Interesse kontaktieren Sie mich gern: steffen.maas@ginkgo-analytics.com

Über den Autor:

Steffen Maas (43) ist Gründer und Geschäftsführer der Ginkgo Analytics GmbH, Teil der Eraneos Group, mit dem Fokus auf Big Data, Analytics und Künstlicher Intelligenz (KI). Maas verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung als Unternehmens- und Strategieberater und hat verschiedene Unternehmen bei der Transformation in datengetriebene und KI-gestützte Firmen begleitet, u. a. Telekom, Lufthansa, Daimler, die Deutsche Bahn und Hapag-Lloyd. Seit 2017 ist Maas als Unternehmer im Bereich Data Science aktiv. Als Mitglied des KI Bundesverbands, bei Hamburg@Work sowie als Keynote Speaker und Mentor gibt er seine Expertise regelmäßig an Unternehmen, Wissenschaft und die Gesellschaft weiter.


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