„Wir machen kleinstädtische Händler im Web konkurrenzfähig“
von Matthias Hell am 17.Juni 2014 in Local HeroesKleinstädten dabei zu helfen, gegen Amazon und Co. Flagge zu zeigen – dieses Ziel hat sich Bürgermeister digitales Stadtmarketing (BDS) auf die Fahnen geschrieben. Mittel zum Zweck ist dabei eine Whitelabel-Lösung für Stadtportale, auf denen sich örtliche Einzelhändler und Dienstleister präsentieren können. Auf eine lokale Onlineshopping-Funktion verzichtet BDS vorerst bewusst.
Ähnlich wie Hierbeidir.com und Koomio ist auch Bürgermeister digitales Stadtmarketing aus einem persönlichen Impuls heraus entstanden. „Ich stand unter der Dusche und dachte an die Erledigungen, die ich noch machen musste – obwohl draußen mal wieder absolutes Mistwetter war“, berichtet Gründer Alexander Martinschledde. „Also habe ich mich gefragt, warum es nicht einen zentralen Online-Dienst gibt, bei dem man sehen kann, was es wo gibt.“ Zusammen mit seinem Geschäftspartner Michael Fritzsch machte sich der ausgebildete Mediengestalter Ende 2011 daran, diese Idee in seiner Heimatstadt Rheda-Wiedenbrück in die Tat umzusetzen.
Das Ergebnis heißt Mein Rheda-Wiedenbrück und bietet Profilseiten zu Unternehmen und Einzelhändlern in der westfälischen Doppelstadt. Neben dem Geschäftsportal umfasst „Mein RHWD“ u.a. auch aktuelle Mittagstischangebote sowie ein Veranstaltungsverzeichnis. Mit den detaillierten Informationen kommt die Plattform bei den Bürgern gut an: „Nach zweieinhalb Jahren haben wir bei Facebook mit unserem Newsfeed inzwischen mehr als 5.000 Abonnenten – bei 45.000 Einwohnern. Damit erreichen wir mehr Leute als die beiden Tageszeitungen in der Stadt“, erklärt Alexander Martinschledde. Bei lokalen Unternehmen punktet „Mein RHWD“ zudem mit hohen Google-Platzierungen, einer monatlichen Reichweite von rund 25.000 Nutzern sowie einer überdurchschnittlichen Verweildauer von mehr als 3 Minuten.
Von der Heimatstadt zum Whitelabel-System
Nach dem Erfolg in Rheda-Wiedenbrück haben sich Martinschledde und Fritzsch daran gemacht, ihr Konzept auch auf andere Kleinstädte auszurollen. Unter der Dachmarke BDS starteten die beiden das Portal Dein Gütersloh und bieten die zugrundeliegende Software-Plattform außerdem als Whitelabel-Lösung an. In Herford und Münster haben bereits lokale Unternehmer darauf basierende Stadtportale gegründet, zudem steht ein Kiez-Portal für Hamburg-Altona in den Startlöchern.
„Unser Konzept basiert immer auf drei Säulen: Web, App und Social Media“, berichtet Alexander Martinschledde. Das Geschäftsmodell orientiert sich dabei am Mutter-Portal „Mein RHWD“: Für einen monatlichen Beitrag von 39 Euro (bei 12-monatiger Laufzeit) können lokale Unternehmen eine Standard-Profilseite inklusive Geschäftsinfos, Homepage-Bewerbung und eigener URL anlegen, die auch in die jeweiligen iPhone- und Android-Apps integriert ist. Monatlich 99 Euro kostet dagegen die „Partner Webseite“, die neben einer Premiumplatzierung auch Einträge auf der offiziellen Facebook-Seite des Stadtportals umfasst. Dabei ist das Whitelabel-System modular konzipiert, so dass auf einzelnen Portalen zusätzliche Elemente wie lokale Stellenmärkte oder eine Stadtviertel-Sortierung integriert werden können.
Die Resonanz auf das Geschäftsmodell bestärkt die Macher von BDS: „Seit rund einem Jahr verdienen wir mit unseren Konzept Geld und werden weiterhin Schritt für Schritt expandieren“, erklärt Alexander Martinschledde. Im Unterschied zu national aufgestellten Marketingplattformen habe man sich aber klar dafür entschieden, die Nische kleinerer Städte zu besetzen.
Orientierung an den Prioritäten des lokalen Handels
Martinschledde betrachtet BDS nicht nur als reines Marketingunternehmen, sondern verbindet mit den Stadtportalen auch eine gesellschaftliche Zielsetzung: „Wir wollen mit einem durchdachten Online-Konzept dazu beitragen, dass traditionelle, inhabergeführte Geschäften auch weiterhin eine Chance haben.“ Die örtlichen Niederlassungen überregionaler Handelsketten wird man auf „Mein RHWD“ und den Schwester-Portalen daher vergeblich suchen. „Die sind ja mit für die Leerstände in den Innenstädten verantwortlich – da sind wir schon ein bisschen Moralapostel“, erklärt Alexander Martinschledde.
Nicht zum Konzept von BDS gehört bisher die Integration des Produktangebots lokaler Händler. Doch wie der Unternehmensgründer betont, liegt das nicht an den technischen Machbarkeit: „Wenn 15 oder 20 Händler gesagt hätten, dass sie eine E-Commerce-Funktion wünschen, hätten wir ein entsprechendes Modul programmiert. Doch sehen wir hier bisher keine echte Nachfrage.“ Für viele Einzelhändler sei die Online-Vermarktung ihres stationären Sortiments noch ein Zukunftsthema. „Im Moment geht es vor allem darum, den Einzelhandel an das Internet heranzuführen und dafür ist unsere Lösung in der jetzigen Form gut geeignet.“ Ausschließen will Martinschledde jedoch nicht, dass auch für BDS E-Commerce-Funktionalitäten zu einem späteren Zeitpunkt ein Thema werden könnten. Aufgrund des damit verbundenen Aufwands lasse man aktuell jedoch darauf spezialisierten Startups den Vortritt.
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