Händlerforum Digitalisierung: So können Firmen on- und offline verbinden.

von Markus Gärtner am 06.Juli 2016 in Highlight, News, Trends & Analysen

Forum Digital

Das böse Internet macht den stationären Handel kaputt? Nein, als zwei verfeindete Lager will man die Kanäle nicht sehen, hieß es zur Begrüßung beim Händlerforum Digitalisierung am Dienstagabend in Leipzig. Stattdessen sollte auf dem Podium diskutiert werden, wie sich beide ergänzen und befruchten können. „Der Kunde will mehr als nur off- oder online“, meint Katharina Jacobs von Mister Spex zustimmend. Der Online-Brillenhändler ist den Weg vom Web in den stationären Handel gegangen und arbeitet u.a. mit Partneroptikern zusammen, die zum Beispiel die Sehtests durchführen und so neue Kunden bekommen. Neben Deutschland, Österreich und der Schweiz seit kurzem auch in den Niederlanden. Wichtig sei immer das Feedback des Kunden, daher betreibt Mister Spex auch ein eigenes Testlabor und analysiert z.B. das Suchverhalten auf der Website. Eine gute Online-Analyse findet auch Andreas Arlt vom Händlerbund wichtig: „Man muss die Kundenbedürfnisse rausfinden, das ist im Laden viel schwieriger.“

„Pure Playern fällt es schwer und es werden immer weniger.“

Dass On- und Offline-Handel zusammenwachsen müssen, bestätigt auch Thomas Oehme, Center Manager des ECE-Einkaufscenters Promenaden im Hauptbahnhof Leipzig. „Pure Playern fällt es schwer und es werden immer weniger.“ Auch er kennt erfolgreiche Beispiele für die Vernetzung. So werden Kunden im Bahnhof via Indoor Navigation zu ihrem parkenden Auto geleitet und können beim Verlassen des Parkhauses auch kontaktlos via RFID bezahlen. Im Bahnhof finden die Shopper dann via 3-D-Wegeleitsystem und App mit dem Smartphone zu dem jeweiligen Laden ihrer Wahl. Die Händler selbst bieten freies Wlan, bei manchen Modeshops nutzen die Verkäufer Tablets und können so etwa fehlende Ware online bestellen.

„Wir verlieren damit Geld und es macht natürlich überhaupt keinen Spaß, weil die Marge so gering ist.“

Der Lebensmittelhandel hängt der digitalen Entwicklung noch etwas hinterher. Das liegt auch daran, dass die Deutschen Ess- und Trinkbares selten im Netz kaufen: Ganze 0,8 Prozent beträgt laut IFH Köln der aktuelle Anteil des Online-Handels in diesem Bereich. Die Händler halten sich daher noch eher zurück. „Wir verlieren damit Geld und es macht natürlich überhaupt keinen Spaß, weil die Marge so gering ist“, klagt Dirk Thärichen von der Konsumgenossenschaft Leipzig, die in Mitteldeutschland rund 70 Filialen hat und damit rund 100 Mio Umsatz im Jahr macht. Immerhin hat Konsum schon seit 2001 (!) mit Lofex einen eigenen Lebensmittel-Lieferservice und war damit einer der Pioniere auf dem Feld. Doch Lofex soll runderneuert werden, denn die Konkurrenz schläft nicht: Rewe bringt bereits in 75 Städten das Essen an die Tür, Kaiser’s Tengelmann ist mit Bringmeister (noch?) aktiv und auch Kaufland will in Berlin einen eigenen Lieferdienst testen.

„Es ist ein Riesenfehler, zu denken, ich brauch Instagram, Snapchat, Facebook.“

HändlerbundAllerdings sind manche digitale Trends auch schon wieder am Ende – etwa Apps von Händlern, meint Thomas Oehme von ECE. „Es stellt für Kunden eine Barriere dar, eine App runterzuladen und sich anzumelden.“ Man müsse sich daher Stück für Stück von dieser Art von App verabschieden. Was hingegen lebt, sei die Homepage. Denn für kleine Händler sei die wichtigste Digitalstrategie immer noch: bei Google gefunden zu werden. Eine kleine Lagerbildung gibt es bei der Podiumsdiskussion am Ende doch – zumindest, was die Marketingkanäle angeht. Patrick Paul vom Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft meint, an Facebook, Twitter und Xing führe kein Weg vorbei. Dem widerspricht Mister-Spex-Sprecherin Katharina Jacobs: „Es ist ein Riesenfehler, zu denken ‚ich brauch Instagram, Snapchat, Facebook‘ – womöglich noch in jedem Land einzeln. Lieber keine Facebook-Seite als eine schlecht gepflegte.“ Stattdessen sollten sich die Händler lieber auf den Kanal fokussieren, der ihnen am besten liegt. Schließlich findet Andreas Arlt vom veranstaltenden Händlerbund motivierende Schlussworte zum vermeintlichen Kampf zwischen stationärem und Online-Handel: „Man hat online die Chance, völlig neue Kundengruppen anzusprechen, das ist eine Chance zu überleben – aber man muss diese Chance auch nutzen.“

(Bilder: Händlerbund)

 


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